Universität Wien

190086 SE BM 25 Bachelorarbeit II (2016W)

'Einheimisch', 'epipädagogisch' oder 'parapädagogisch'? Wie pädagogisch sind derzeit Begriffe der Bildungswissenschaft?

10.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 19 - Bildungswissenschaft
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Details

max. 20 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Freitag 28.10. 09:00 - 15:45 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG
Samstag 29.10. 09:45 - 18:15 Seminarraum 5 Sensengasse 3a 1.OG
Sonntag 30.10. 09:45 - 18:15 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Inhalt:
Was macht einen Begriff zu einem pädagogischen Grundbegriff? Diese Frage lässt sich aus allgemeinpädagogischer Sicht unterschiedlich beantworten. Beispielsweise ließe sich so
verfahren, dass man - in Parallelität zur Herangehensweise, die Bernd Dollinger für die Erfassung von ,Klassikern der Pädagogik? vorschlägt - zwischen drei idealtypischen Deutungsmerkmalen unterscheidet: dem ,zeitlosen?, dem ,klassifizierten? und dem
,qualifizierten? Klassiker. Hier wäre dann die Pädagogizität von Begriffen analog zu vermeintlich ,klassischen? Texten irgendwo auf einem Kon1nuum zwischen dekontextualisierter Bedeutung und rezipientenorientiertem Konsens zu verorten. Diese
Methode setzt allerdings voraus, dass wir mit einem Kanon erfolgreich vorselektierter und vordefinierter Begriffe beginnen, der bereits quantitativ (d.h. gemäß seinem Umfang) und
qualitativ (d.h. gemäß seinem Inhalt) als potentiell ,klassisch? eingestu7 worden ist. In einem transdisziplinären Forschungs- und Studienbereich wie der Bildungswissenschaft ist jedoch
diese Vorselektion und Vordefinition nicht mehr wirksam zu betreiben oder zu erkennen, da der Rahmen eines ,klassischen? Kanons längst gesprengt worden ist und die Bedeutungsvielfalt stetig wächst. Allgemeine Pädagog_innen müssen sich heutzutage eher
mit der Frage der pädagogischen Relevanz von Begriffen auseinandersetzen, deren Eignung als Grund- und Schlüsselbegriffe der Bildungswissenschaft noch theoretisch zu prüfen sind.
Dazu müssen zum einen Definitionen für das Pädagogische geliefert werden, zum anderen muss entschieden werden, welches Potential an Pädagogizität in einem Begriff stecken könnte. Wie ist der pädagogische Gehalt beispielsweise an Begriffen wie Affordanz (von Ding und Situation), Atmosphäre, Einfall, Erwartung, Humor, Leistung zu eruieren? Es geht also nicht nur darum, das ,Klassische?, also das Bewährte, an einem ,einheimischen? Begriff immer wieder zu überprüfen und zu erneuern, sondern um die Eignung eines Begriffes für die Bildungswissenschaft zu erfragen. Das von Dollinger etablierte Kontinuum des Klassischen muss ergänzt werden durch ein weiteres Kontinuum der Pädagogizität: Verweisen Begriffe auf (klassisch-) pädagogische Phänomene (= einheimisch), auf
Begleitumstände, die pädagogisch sein können (= epipädagogisch) oder auf Bedingungen und Handlungsweisen, die vorgeben, das Pädagogische zu unterstützen, obgleich sie dem Pädagogischen entgegenwirken (= parapädagogisch). Im Seminar werden Begriffe herangezogen, deren Relation zum Pädagogischen einer
allgemeinpädagogischen Reflexion im Sinne jener Dreiteilung unterzogen werden soll.

Didaktisches Konzept:
Die Themenbereiche ‚Das Pädagogische‘, ‚Das Klassisch-Pädagogische‘, ‚Die Klassifizierung einheimisch/epipädagogisch/parapädagogisch‘ und ‚Begriffsanalyse ‘ werden in je 3 bzw. 4 Unterrichtseinheiten jeweils nach dem Prinzip Input-Transfer-Anwendung (1 UE + 1 UE + 2 UE) erarbeitet. Dazu werden prägnante Textauszüge zuerst gezielt erfasst (close reading)
und im Anschluss daran auf konkrete Anwendungssituationen übertragen und/oder in Form kleiner Gedankenexperimente erprobt. Für die Teilnehmer_innen soll die Vorgehensweise eine Entscheidungshilfe für die Formulierung und Gestaltung einer eigenen Fragestellung darstellen. Die Pause zwischen den beiden Blöcken soll von den Studierenden für die Erstellung eines Resümees genützt werden. Im zweiten Block werden die Projekte in
Kurzpräsentationen dem Plenum zur Diskussion und Anregung zur Verbesserung vorgestellt.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Prüfungsbedingungen:
Für den erfolgreichen Abschluss dieser Lehrveranstaltung sind die regelmäßige Anwesenheit im Seminar, die kontinuierliche Mitarbeit (vorbereitende Textlektüre und Teilnahme an der
Diskussion), die Erstellung und Kurzpräsentation eines Resümees der BA-Arbeit II sowie deren termingerechte Abgabe im Anschluss an das Seminar erforderlich.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

eine Entscheidungshilfe für die Formulierung und Gestaltung einer eigenen Fragestellung
darstellen. Die Pause zwischen den beiden Blöcken soll von den Studierenden für die
Ziele:
Die Teilnehmer_innen eignen sich ein problemorientiertes Wissen über die Definition und Übertragbarkeit des Konzepts der Pädagogizität auf Begriffsbestimmungen im Rahmen einer
allgemeinpädagogischen Reflexion an. Darüber hinaus stellen die Studierenden ihre Fähigkeit unter Beweis, ein theoretisches Forschungsprojekt zu planen und durchzuführen.
Die dazu ausgewählte Thematik soll sich an den Inhalten des Seminars orientieren und somit allgemeine Grundlage für eine theoriegeleitete bildungswissenschaftliche Fragestellung sein,
die zur Abfassung der Bachelorarbeit II führt. Das Seminar bereitet die Teilnehmenden sowohl formal hinsichtlich Gliederung, Zitation sowie anderer Abgabekriterien als auch inhaltlich bezüglich Fragestellung, Methode, Argumentation und Zielsetzung auf die Abfassung dieser Prüfungsarbeit vor. Die im Umfang von 50 000 Zeichen (d.h. ca. 25 DIN A 4 Seiten) zu schreibende Prüfungsarbeit soll im Anschluss an die Lehrveranstaltung termingerecht eingereicht werden. Die Bekanntgabe des Termins erfolgt im Seminar.

Prüfungsstoff

Literatur

ALTFELIX, Thomas, Fremdheit im Schulbuch: Überlegungen zu einem xenologischen Bildungsanspruch, in: E. Matthes u. K. Heinze (Hrsg.), Interkulturelles Verstehen und
kulturelle Integration durch das Schulbuch? Die Auseinandersetzung mit dem Fremden, Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 2004, S. 49-80.
AUERNHEIMER, Georg, Drei Jahrzehnte Interkulturelle Pädagogik - eine Bilanz, in: Y. Karakasoglu u. J. Lüddecke (Hrsg.), Migrationsforschung und Interkulturelle
Pädagogik. Aktuelle Entwicklungen in Theorie, Empirie und Praxis, Münster u.a.: Waxmann, 2004, S. 17-28.
BÄTZ, Roland, Horror vacui oder keine Angst vor der Lehre, ZfPäd 47/5 (2001), S. 749-765.
BAUMAN, Zygmunt, Moderne und Ambivalenz, Frankfurt a.M.: Fischer, 1995.
BUCK, Günther, Rückwege aus der Entfremdung. Studien zur Entwicklung der deutschen humanistischen Bildungsphilosophie, Schöningh/Fink: Paderborn/München, 1984.
DÖRPINGHAUS, Andreas u. POENITSCH, Andreas u. WIGGER, Lothar, Einführung in die Theorie der Bildung, Darmstadt: WBG, 2006.
FUHS, Burkhard, Qualitative Methoden in der Erziehungswissenschaft, Darmstadt: Wissenschaftliche Buch Gesellschaft, 2007.
KOKEMOHR, Rainer, Bildung als Welt- und Selbstentwurf im Anspruch des Fremden. Eine theoretisch-empirische Annäherung an eine Bildungsprozesstheorie, in:
H.-C. Koller u.a. (Hrsg.), Bildungsprozesse und Fremdheitserfahrung. Beiträge zu einer Theorie transformatorischer Bildungsprozesse, Bielefeld: transcript, 2008, S. 13-68.
KOSCHORKE, Albrecht, Wissenschaftsbetrieb als Wissenschaftsvernichtung, in: D. Kimmich u. A. Thumfart (Hrsg.), Universität ohne Zukunft?, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2004,S. 142-157.
LENZEN, Dieter, Pädagogik - eine kultische Form der Inszenierung von Paradoxien?, in: R. Uhle u. D. Hoffmann (Hrsg.), Pluralitätsverarbeitung in der Pädagogik,
Weinheim: Deutscher Studien Verlag, 1994, S. 33-50.
LIPPITZ, Wilfried, 'Fremd'-Verstehen - Irritationen pädagogischer Erfahrung, Neue Sammlung 35/2 (1995), S. 47-62.
MEYER-DRAWE, Käte & WALDENFELS, Bernhard, Das Kind als Fremder, VfwP 64/3 (1988), S. 271-287.
RÖTTGERS, Kurt, Die Seele und der Fremde als Selbstdistanzierungskonzept, in: J. Fellsches & W. L. Hohmann (Hrsg.), Toleranz. Das Fremde…Macht…Identität, Essen:
Blaue Eule, 1998, S. 61-74.
RUMPF, Horst, Das kaum auszuhaltende Fremde, ZfPäd 44/3 (1998), S. 331-341.
SCHÄFER, Alfred & WIMMER, Michael, Fremde Kinder, VfwP 74/3 (1998), S. 307-319.
SCHÄFER, Alfred, Bildende Fremdheit, in: L. Wigger (Hrsg.), Wie ist Bildung möglich?, Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 2009, S. 185-200.
SCHÄFER, Alfred, Einleitung: Kindliche Fremdheit und pädagogische Gerechtigkeit, in: Ders. (Hrsg.), Kindliche Fremdheit und pädagogische Gerechtigkeit, Paderborn u.a.:
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WALDENFELS, Bernhard, Topographie des Fremden. Studien zur Phänomenologie des Fremden 1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1997.
WEHNER, Ulrich, Bildung zwischen differenter Fremdheit, VfwP 85/2 (2009), S. 219-231.
WIMMER, Michael, Wie dem Anderen gerecht werden? Herausforderungen für Denken, Wissen und Handeln, in: A. Schäfer (Hrsg.), (Hrsg.), Kindliche Fremdheit und
pädagogische Gerechtigkeit, Paderborn u.a.: Schöningh, 2007, S. 155-184.
WOO, Jeong-Gil, Subjektivität und Responsivität, VfwP 84/2 (2008), S. 147-166.
YILDIZ, Erol, Konstruktion des Anderen als ethnisch Fremder, in:
Y. Karakasoglu u. J. Lüddecke (Hrsg.), Migrationsforschung und Interkulturelle Pädagogik. Aktuelle Entwicklungen in Theorie, Empirie und Praxis, Münster u.a.: Waxmann, 2004, S. 145-157.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BM 25

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:37