Universität Wien

190087 PS BM 2 Konstitutionsprobleme der Bildungswissenschaft (2012W)

Zur Aktualität kritischer Bildungstheorie

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 19 - Bildungswissenschaft
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Die Anwesenheit in der Vorbesprechung am Mittwoch 17.10.2012 von 15.00 bis 16.30 Uhr ist verpflichtend vorgeschrieben.

Anmerkung:
Die Auslosung ist erfolgt, die 35 Plätze sind vergeben.

Sehen Sie bitte von individuellen Nachfragen an mich, ob Sie einen zusätzlichen Platz bekommen können, ab. Es hatten sich 151 Personen angemeldet, ich bekomme täglich entsprechende Bitten, doch noch ins Seminar zu kommen. Das macht mir unnötige Arbeit und keinen Spaß. Ich beantworte diese Mails daher im Moment auch nicht. Wenden Sie sich bitte bei Problemen mit der Studierbarkeit direkt an ihren SPL (reinhold.stipsits@univie.ac.at). Auch Nachfragen, ob ein bzw. welcher schriftliche Leistungsnachweis (unbedingt eine Proseminararbeit?) geschrieben werden muss, beantworte ich nicht per Mail. Dazu steht alles Nötige unten unter "LV-Art der Leistungskontrolle".

Wer einen Platz zu gelost bekommen hat, möge bitte die Eingangsaufgabe bearbeiten (s. LV-Inhalt) Das Ergebnis schicken Sie dann bitte per Email an mich.

Sollten Sie nach dem Losentscheid einen Platz erhalten haben, den Platz aber doch nicht antreten wollen, schicken Sie mir bitte unbedingt eine kurze Nachricht, damit ich den Platz im System wieder frei geben lassen kann.

Anführungszeichen sind hier im Text durch * ersetzt.

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Mittwoch 17.10. 15:00 - 16:30 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG
Samstag 17.11. 14:30 - 20:00 Hörsaal 1 Sensengasse 3a 1.OG
Sonntag 18.11. 09:00 - 18:00 Hörsaal 1 Sensengasse 3a 1.OG
Samstag 24.11. 14:30 - 20:00 Hörsaal 1 Sensengasse 3a 1.OG
Sonntag 25.11. 09:00 - 18:00 Hörsaal 1 Sensengasse 3a 1.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Zur Aktualität kritischer Bildungstheorie

Inhalt

Besonders mit den Namen H.-J. Heydorn und G. Koneffke ist ein pädagogisch wissenschaftliches Konzept verbunden, das mit *Kritischer Bildungstheorie* (vgl. Euler u.a. 1995) bezeichnet wird. Deren um 1970 verfasste Ausgangstexte *Integration und Subversion* (Koneffke 1969) und *Über den Widerspruch von Bildung und Herrschaft* (Heydorn 1970) sowie *Zur Neufassung des Bildungsbegriffs* (Heydorn 1972) erscheinen immer noch lesenswert, das bezeugen neben dem Band von Euler u.a. 1995 z.B. zwei jüngere Publikationen, Sammelbände zu Koneffke (vgl. Bierbaum u.a. 2007) und zu Heydorn (vgl. Bünger u.a. 2009). *Man kommt immer wieder auf sie zurück*, so konstatiert Pongratz mit Bezug auf die älteren Quellen (vgl. Pongratz 2007, 103).

Gleichzeitig entstehen durch die Distanz zu ihrer Entstehungszeit Differenzen, wodurch die Texte und Konzepte mindestens befrag- oder kritikwürdig erscheinen. Ein Begriff wie *Herrschaft* etwa erscheint nicht mehr selbstverständlich, er wird mit seiner Basis fragwürdig, wenn nicht mehr von gesellschaftlichen *Klassen* ausgegangen werden kann. Oder wenn die *Macht* in einer foucault-deleuzschen Lesart weniger repressiv oder disziplinierend erscheint, und sich in sozialen Praktiken wie *Technologien des Selbst* (vgl. z.B. Klingovsky 2008) direkt in den Subjekten selbst, als auch von diesen gewollt, durchsetzt. Kann dagegen z.B. eine kritisch-soziologische Lesart, über die mittels Sprachanalyse identifizierten *Verantwortungsträger* in Politik und Wirtschaft, weniger anonyme und besser mit Herrschaft benennbare Entwicklungen freilegen (vgl. Boltanski 2010) und so auch die kritische Bildungstheorie in ihrem Herrschaftsbegriff aktualisieren? Auch der Begriff vom *Widerspruch*, den es für die kritische Bildungstheorie zu analysieren gilt, ist umstritten, wenn die Sachverhalte keinen gesellschaftlichen Realitäten entsprechen sollten, sondern nur - auflösbaren - *Paradoxien* oder *Dilemma* (vgl. z.B. Tenorth 1992 und Euler 1993).

Das Seminar möchte der möglichen Aktualität des Begriffsinventars kritischer Bildungstheorie nachgehen. Bietet sie Potentiale, die neben anderen kritischen Theorieperspektiven in der Erziehungswissenschaft (z.B. Gouvernementalen Machtanalysen nach Foucault oder der Gouvernancetheorie) nach wie vor oder auch neu gelesen brauchbar sind? Kann der pädagogische Grundbegriff *Mündigkeit*, z.B. angesichts von aktueller Kompetenz- und Outputorientierung, aber schon durch seine Verhaftung im bürgerlichen Herrschaftsdiskurs fragwürdig geworden, kann *Mündigkeit* weiter eine sinnvolle Kategorie darstellen oder sollte sie aufgegeben werden? Kann vielleicht die ebenfalls umstrittene *Bildung*, besonders *als *kritische Kategorie* (Euler 2003), diese begriffliche Lücke sinnvoll füllen? Schließlich könnte die *Kritik* selbst ein Analysegegenstand sein (z.B. Pongratz u.a. 2004).

Ablauf (vorläufig)

Das Seminar beginnt an dem ersten Blockwochenende mit der Lektüre von zwei Originaltexten aus der Anfangszeit kritischer Bildungstheorie, *Integration und Subversion* (Koneffke 1969) und *Mündigkeit* (Heydorn 1972). Beide sind für die Teilnehmer/innen online zugänglich (s.u.) Ausgewählte Texte aus den Sammelbänden zu Koneffke und Heydorn sollen verschiedene Aspekte der kritischen Bildungstheorie auf ihre Aktualität hin prüfen. Abhängig von den Interessen der Teilnehmer/innen können dann verschiedene *Aktuelle Problemlagen* (vgl. Bünger u.a. 2009, Teil II) der Bildungswissenschaft bearbeitet werden, z.B., ob man mit *Heydorn* *Einsprüche gegen die* aktuelle *Bildungsreform* erheben kann oder sollte (vgl. Pongratz 2009, 99ff.).

Zugangsvoraussetzung

Zugangsvoraussetzung ist eine Zusammenfassung (in höchstens 3 Seiten) von *Mut zur Kritik*, wobei jede/r Teilnehmer/in mindestens einen der folgenden Punkte auf Basis der kurzen Textstellen erklären soll: *Historischer Materialismus*, *Geschichte und Kritik*, *konstruktive Utopie und Freiheit*, *Mündigkeit (und Freiheit)*, *die Stabilisierung des Subjekts*, *Aufklärung und Widerspruch*, *Selbstautorisierung* oder Was zeichnet die im Text so genannte *Darmstädter Pädagogik* aus?
Schicken Sie mir ihren Text bitte per Email vor dem Beginn der Blockveranstaltung zu (über dieses System per Email oder direkt an trebing@icum-tud.de).

Sie finden die Quelle als Text in Bierbaum u.a. 2007, 13ff. oder als Video unter http://kritische-bildungstheorie.de/documents/Gamm_Koneffke_Mut_zur_Kritik.wmv
Die Quelle können Sie auch zur eigenen Orientierung verwenden und schauen, ob das Seminar für Sie geeignet ist. Außerdem können Sie zur ersten Orientierung z.B. unmittelbar in ein oder zwei der online verfügbaren Quellen hineinschauen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Weil es bereits einige Nachfragen gab für die Anforderungen, die an die Teilnehmenden gestellt werden:

Es wird nach jetzigen Planungsstand für qualifizierte Leistungsnachweise zwei schriftliche Teilleistungen geben, die alle Teilnehmer/innen erbringen müssen. Eine davon wird vor dem Seminar eine kleine Eingangsaufgabe sein (eine Zusammenfassung eines online verfügbaren Videos bzw. des Textes daraus aus einem publizierten Buch, s.o. LV-Inhalt, höchstens 3 Seiten). Die zweite wird entweder eine Dokumentation eines Referats oder Inputs mit kurzer Reflexion sein - zu einem Seminartext - oder eine Proseminararbeit, wenn sie kein Referat übernehmen. Die Dokumentation wird deutlich kürzer ausfallen, aber auch schriftlich einzureichen sein.

Auch für die reine Teilnahme ist die Eingangsaufgabe schriftlich zu erbringen. Die beiden Grundtexte von Koneffke und Heydorn (s. LV-Inhalt) sollten alle zum ersten Termin gelesen haben. Zudem wird die aktive Mitarbeit in Form der Bereitschaft bzw. Mitarbeit an einer Seminarstundenmitgestaltung erwartet. Das kann z.B. auch bedeuten, wenn alle Referate/Inputs vergeben sind, dass man sich auf den Text zu einer Stunde gezielter vorbereitet und als zusätzlicher 'Experte' die Diskussion bereichert. (Die Texte zu aktuellen Aspekten sind meistens kurz, 10-21 Seiten, mindestens einer ist also aus meiner Sicht für jeden zumutbar.)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Literatur

Literatur (vorläufig)
* Bierbaum, H.; Euler, P.; Feld, K.; Messerschmidt, A.; Zitzelsberger, O. (2007): Nachdenken in Widersprüchen. Gernot Koneffkes Kritik bürgerlicher Pädagogik. Wetzlar.
* Boltanski, L. (2010): Soziologie und Sozialkritik. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2008. Frankfurt a.M.
* Bünger, C.; Euler, P.; Gruschka, A.; Pongratz, L.A. (Hg.)(2009): Heydorn lesen! Herausforderungen kritischer Bildungstheorie. Paderborn.
* Euler, P. (1993): Die neuen Menschenfreunde in der Erziehungswissenschaft: Paradoxie statt Widerspruch – eine Alternative zur Bildungstheorie? In: Pädagogische Korrespondenz, Heft 12/1993, (26ff.).
* Euler, P. (2003): Bildung als *kritische* Kategorie. In: Zeitschrift für Pädagogik. 48, Mai/Juni Heft 3/2003, S. 413 - 421.
* Euler, P.; Pongratz, L. A. (Hg.)(1995): Kritische Bildungstheorie. Zur Aktualität Heinz-Joachim Heydoms. Weinheim. Online unter: http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1366/1/Kritische_Bildungstheorie.pdf
* Heydorn, H.-J. (1970): Über den Widerspruch von Bildung und Herrschaft. Frankfurt a.M.
* Heydorn, H.-J. (1972): Mündigkeit: In: ders. Zu einer Neufassung des Bildungsbegriffs. Frankfurt a.M. S. 7-21. (Online für Sie zugänglich in mäßigen Scans unter: http://dl.dropbox.com/u/8663984/heydorn1972_muendigkeit_S7_21.pdf oder http://dl.dropbox.com/u/8663984/heydorn_1972_muendigkeit_7_20.pdf)
* Klingovsky, U. (2009): Schöne Neue Lernkultur. Transformationen der Macht in der Weiterbildung. Eine gouvernementalitätstheoretische Analyse. Bielefeld.
* Koneffke, G. (1969): Integration und Subversion. Zur Funktion des Bildungswesens in der spätkapitalistischen Gesellschaft. In: Das Argument, Heft 54, 1969, S. 389-430. Online unter: http://kritische-bildungstheorie.de/index.php?page=dokumente&subpage=koneffke
* Koneffke, G. (1994): Einleitung: Zur Dialektik der Mündigkeit. In: ders.: Pädagogik im Übergang zur bürgerlichen Herrschaftsgesellschaft: Studien zur Sozialgeschichte und Philosophie der Bildung, Wetzlar 1994, S. 7-20. Online unter: http://kritische-bildungstheorie.de/index.php?page=dokumente&subpage=koneffke
* Pongratz, L.; Nieke, W.; Masschelein, J. (Hg.)(2004): Kritik der Pädagogik - Pädagogik als Kritik. Opladen.
* Pongratz, L. (2007): Glücksritterakademien. Die Anrufung des Selbst. In: Bierbaum u.a. 2007, S. 103-113.
* Pongratz, L. (2009): Heydorn reloaded. Einsprüche gegen die Bildungsreform. In Bünger u.a. 2009, S. 99-120.
* Tenorth, H.-E. (1992): Paradoxa, Widersprüche und die Aufklärungspädagogik. Versuch, die pädagogische Denkform vor ihren Kritikern zu bewahren. In: Zeitschrift für Pädagogik. Beiheft 28, S. 117-134.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BM 2

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:37