Universität Wien

190123 SE M7.3 Entwicklungsprozesse in Beratung und Psychotherapie (2020S)

Biographische Erfahrungs- und Reflektionsprozesse in der psychosozialen Beratung und Therapie

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 19 - Bildungswissenschaft
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Freitag 13.03. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
  • Freitag 29.05. 09:45 - 13:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
  • Freitag 29.05. 14:00 - 20:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Samstag 30.05. 09:00 - 13:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Samstag 30.05. 14:00 - 20:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

In der Lebensgeschichte von Menschen stellen Leidenserfahrungen einen zentralen Fokus dar, die den alltäglichem Umgang mit der eigenen Existenz und die Annahmen ihrer nachvollziehbaren Ordnung außer Kraft setzen können; die soziale Realität ist gerahmt durch ungeordnete soziale Prozesse und Leidenserfahrungen. Menschen verlieren die Fähigkeit, bewusst und intentional zu handeln und können oft nur noch passiv auf für sie überwältigende Ereignisse reagieren, sie werden sich fremd, denn anders als vielfach (alltagstheoretisch) angenommen, sind Menschen nicht immer und in jeder Situation als autonome, rationale und einfallsreiche Akteure zu definieren, die stets in der Lage sind, ihr Leben zielgerichtet zu planen.
Durch die behutsame Aufforderung in einem geschützten Rahmen zur Erzählung von schwierigen oder auch traumatischen Erfahrfungen und/oder Lebensphasen wird den betroffenen Patient*innen oder Klient*innen das Gefühl gegeben, dass ihre Leidenserfahrungen einen Resonanzraum finden und anerkannt werden. Durch das Erzählen eröffnet sich für die Betroffenen aber auch eine Brücke der Übersetzungsmöglichkeit (die sie für ausgeschlossen hielten) zwischen der vergangenen Welt, die durch Vernichtung für sie geprägt war und ihrer heutigen Welt. Durch die biographische Rekapitulation im geschützten Rahmen ist eine Krisenbewältigung möglich. Die biographisch-narrative Gesprächsführung erlaubt über den Erzählprozess möglichst ohne Deutungen ein Selbstverstehen für die Betroffenen. Zugleich wird durch das biographische Erzählen die Perspektive eröffnet biographische Ressourcen zu entwickeln.
In der psychotherapeutischen Behandlung und in der psychosozialen Arbeit sind biographische Erfahrungs- und Reflektionsprozesse daher von entscheidender Bedeutung. Die Einbeziehung der Biographien von Klient*innen in Beratungs- und therapeutischen Setings ist indes immer zeitaufwending. Gerade in neoliberal geprägten Zeiten, die durch Zeit- und vor allem Kostenersparnis geprägt sind, werden biographische Verfahren zunehmend als überflüssig betrachtet, es wird vermehrt auf kosten- und zeitsparende Verfahren gedrängt. Gerade im Hinblick auf diese Entwicklung soll im Rahmen des Seminars vor allem die Bedeutung von biographischen Entwicklungsprozessen im Kontext von psychosozialer Beratung und Psychotherapie herausgearbeitet und verdeutlicht werden.
Für die Beratenden selbst bildet biographisches Erzählen eine wichtige Grundlage für die professionelle Selbstreflektion. Im Seminar werden darüber hinaus Interaktionsprozesse besprochen und hierfür werden das psychoanalytische Konzept des Arbeitsbündnisses und das Konzept der Beziehungsräume erarbeitet und anhand von Beispielen diskutiert.

Didaktisches Konzept
Im Rahmen des Blockseminars mit einer Vorbesprechung soll zunächst durch ausgewählte Grundlagentexte begriffliches und theoretisches Basiswissen erarbeitet werden. Das Hauptaugenmerk wird im Seminar auf die Arbeit an Datenmaterial und der Beschreibung, Rekonstruktion und Analyse biographischer und sozialer Prozesse anhand von biographischen Erzähldarstellungen liegen, die ich aus verschiedenen Forschungsprojekten einbringen werde. Die Arbeit an dem Datenmaterial soll im Rahmen einer Interpretationswerkstatt erarbeitet werden. In kollektiver Zusammenarbeit sollen öffentliche Diskurse und dessen wechselseitige Beziehung mit biographischen Prozessen anhand von Fallbeispielen diskutiert werden.
Es soll auch die eigene Position als Berater*in nachvollzogen und reflektiert werden.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Regelmäßige Teilnahme und aktive Beteiligung an den Seminarsitzungen, regelmäßige Vor- und Nachbereitung der Sitzungen (insbesondere Vorbereiten von Texten), aktive Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe und Präsentation eines Gruppenreferats, Abgabe einer schriftlichen Ausarbeitung des Referats, aktive Beteiligung an der Forschungswerkstatt als praktischer Übung. Die Referate werden in der Vorbesprechung vergeben.

Seminararbeit:
Studierende, die eine Seminararbeit schreiben müssen, können die Seminararbeit im Umfang von etwa 15 Seiten verfassen. Das Thema der Seminararbeit sollte mit mir abgesprochen werden. Die Abgabe der Arbeit erfolgt am XX. Bitt reichen Sie die Arbeit per E-mail an aisha-nusrat.ahmad@ipu-berlin.de ein.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Literatur

Betts, Sandra, Aled Griffiths, Fritz Schütze & Peter Straus: Biographical Counselling: an Introduction. INVITE - Biographical Counselling in Rehabilitative Vocational Training - Further Education Curriculum, Module
Brensell, Ariane (2014) Traumaverstehen. In: dies. und Klaus Weber (Hrsg.): Störungen. texte kritische psychologie 4. argument verlag, S. 123-150.
Rosenthal, Gabriele (2002). Biographisch-narrative Gesprächsführung: zu den Bedingungen heilsamen Erzählens im Forschungs- und Beratungskontext. Psychotherapie und Sozialwissenschaft, 4(3), 204-227. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-56763.
Schütze, Fritz (2006) Verlaufskurven des Erleidens als Forschungsgegenstand der interpretativen Soziologie. In: H. H. Krüger & W. Marotzki W. (Hrsg.), Handbuch erziehungswissenschaftliche Biographieforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 205-237.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

M7.3

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:21