Universität Wien

190210 SE Theorie und Praxis der Schulentwicklung (2010W)

Praxisforschung an und mit Schulen - Gegenstände zwischen Vermittlung und Aneignung

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 19 - Bildungswissenschaft
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 20 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Montag 04.10. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 11.10. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 18.10. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 25.10. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 08.11. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 15.11. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 22.11. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 29.11. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 06.12. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 13.12. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 10.01. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 17.01. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 24.01. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG
  • Montag 31.01. 17:30 - 19:00 Seminarraum 7 Sensengasse 3a 2.OG

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Praxisforschung im Seminar zielt darauf ab, das Zusammentreffen von Vermittlungsbemühungen seitens der Lehrer/innen und Aneignungsinteressen seitens der Schüler/innen empirisch zu untersuchen. Die Untersuchung des Zusammentreffens von Vermittlung und Aneignung im Unterricht soll mittels qualitativer Methoden erfolgen. Im Rahmen der Praxisforschung sollen drei Aspekte der Praxis untersucht werden: Erstens soll untersucht werden wie Wissen zu einem Thema in einer Klasse vermittelt wird und wie Schüler/innen sich dieses Thema in Folge aneignen. Zweitens soll durch Gespräche mit Schüler/innen nachvollzogen werden, welche Bedeutung das Thema für sie bekommen hat und welche Vorstellungen sie zu dem Thema entwickelt haben. Drittens sollen Gespräche mit Lehrer/innen geführt werden, um Einsichten in das Verhältnis von Planung und Praxis zu bekommen. Im Rahmen des Praxisforschungs-Seminars sollen die genannten Aspekte exemplarisch für das Unterrichtsfach Geographie und Wirtschaftskunde untersucht werden.

Struktur von Unterricht
In Schule findet Vermittlung institutionell gerahmt als Unterricht statt: Die Aufgabe der Vermittlung fällt der Lehrer/in zu, das Aneignen der Schüler/in. Bei schulischer Vermittlung wenden sich beide subjektiv konstruierend einem Objekt der Wirklichkeit zu, der von einem Unterrichtsgegenstand repräsentiert wird. Ziel ist es, die weitgehend von Lehrer/innen bestimmte Struktur von Unterricht zu erschließen. Die Erschließung umfasst zwei Teilbereiche: Erstens ist zu rekonstruieren wie der Gegenstand in der Praxis der Vermittlungsarbeit von Lehrer/innen präsentiert wird, zweitens wie die vermittelnde Person ihn für das Verstehen der Lernenden didaktisch erschließt. Außerdem ist der Prozess der Interaktion zu rekonstruieren, durch den Unterricht zwischen Lehrer/innen und Schüler/innen unter institutionellen Rahmenbedingungen entsteht.

Aneignung als Ausgangspunkt von Vermittlung
Aneignung bezeichnet die Auseinandersetzung eines Subjekts mit den Objekten der umgebenden Welt. Wissen über den Prozess der Aneignung von Informationen über Erkenntnisobjekte bildet die Grundlage jeder Vermittlung, die darauf abzielt, Lernende in ihrem Aneignungsbemühen zu unterstützen. Ohne den expliziten Bezug auf den Prozess des Aneignens ist keine Konzeption von Vermittlung möglich. Die Divergenz von Aneignung und Vermittlung macht deutlich, dass für das Verstehen von Unterricht eine Beforschung der objektspezifischen Aneignungsprozesse nicht hinreichend sein kann. Das Verstehen von Aneignungsprozessen bildet jedoch einen sinnvollen Ausgangspunkt für Vermittlung. Daher ist die Beforschung objektbezogener Aneignungsprozesse in das Vorhaben fachspezifischer Vermittlungsforschung notwendigerweise mit einzubeziehen. Schüler/innen werden hierbei als Expert/innen ihrer eigenen Aneignungspraxis verstanden.

Vermittlung durch Lehrer/innen
Didaktik wird im Rahmen des Projekts als Vermittlungswissenschaft verstanden. Vermittlung kann sich als Drittes gegenüber Aneignenden nur legitimieren, wenn es sich aus Sicht des Subjekts lohnt, das Objekt - anstatt sich direkt mit ihm auseinanderzusetzen - über den Umweg der Vermittlung zu erreichen. Durch Vermittlung entsteht jedoch das Problem, dass Aneignende nicht mehr am Erkenntnisobjekt selbst arbeiten. Vertraut sich das Subjekt der Vermittlung an, ersetzt der vom Vermittelnden vorgegebene Gegenstand teilweise die Auseinandersetzung mit dem Objekt. In Konsequenz ist die Perspektive jener Akteur/innen nachzuvollziehen, die die faktische Unterrichtsgestalt maßgeblich prägen. Eine Auseinandersetzung mit Überlegungen von Lehrer/innen in Bezug auf Unterrichtsstruktur und -ablauf erlaubt eine Rekonstruktion der Handlungsrationalitäten, unter denen ein Fach gegenwärtig unterrichtet wird. Das unterrichtliche Handeln von Lehrer/innen kann folglich zu ihren eigenen handlungsleitenden Überlegungen und ihrer Wahrnehmung des institutionellen Umfelds ihres Unterrichts in Bezug gesetzt werden.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Anwesenheit, aktive Mitarbeit (im Seminar, in den Projektgruppen und online in der eLearning Plattform).
Folgende Unterlagen sind bis Ende des Semesters (31. Jänner 2011) abzugeben und bilden die Basis für die Beurteilung:

(1) Kurzpräsentation von ausgewählten Forschungsmethoden und Erstellung eines Handout als Zusammenfassung (10%)
(2) Entwicklung von Forschungsinstrumenten zur Erhebung und Analyse des Datenmaterials (10%)
(3) Durchführung der Erhebung, Dokumentation der Erhebung und Aufbereitung des Datenmaterials (40%)
(4) Analyse des Datenmaterials, schriftlicher Bericht zu Ergebnissen, Projektreflexion (40%)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Ziel der Lehrveranstaltung ist es,
(1) einen forschenden Blick auf die Praxis der Arbeit von Lehrer/innen zu werfen,
(2) Methoden der qualitativen Forschung theoretisch und praktisch kennenzulernen und auszuprobieren,
(3) die Entwicklung von Forschungskompetenzen und Reflexionsfähigkeit in Bezug auf pädagogische Arbeit in Schulen zu fördern.

Prüfungsstoff

Die Forschungsarbeiten erfolgen in Projektgruppen und stützen sich methodisch auf Ansätze der Praxisforschung im engeren bzw. auf Ansätze der qualitativen Sozialforschung im weiteren Sinne. Die zu bearbeitenden Fragestellungen stehen in unmittelbarem Bezug zur pädagogischen Praxis in Schulen und sollen auf Basis von theoretischen Überlegungen bearbeitet werden. Die Praxisforschung setzt voraus, dass häufig direkt vor Ort an Schulen gearbeitet wird.

Literatur

Konzeptuelle Grundlagen:
Gruschka, A. (2002): Didaktik - Das Kreuz mit der Vermittlung. Elf Einsprüche gegen den didaktischen Betrieb (=Schriftenreihe des Instituts für Pädagogik und Gesellschaft, Münster, Bd.9). - Wetzlar.
Gruschka, A. (2005): Auf dem Weg zu einer Theorie des Unterrichtens. Die widersprüchliche Einheit von Erziehung, Didaktik und Bildung in der allgemeinbildenden Schule (=Frankfurter Beiträge zur Erziehungswissenschaft, Reihe Forschungsberichte, Bd. 5). - Frankfurt am Main.
Gruschka, A. (2009): Erkenntnis in und durch Unterricht. Empirische Studien zur Bedeutung der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie für Didaktik. - Wetzlar.
Gruschka, A. (2010): An den Grenzen des Unterrichts (=Pädagogische Fallanthologie, Bd.10). - Opladen.
Olberg, H.-J. v. (2004): Didaktik auf dem Wege zur Vermittlungswissenschaft? Eine Sammelbesprechung neuerer Veröffentlichungen. - In: Zeitschrift für Pädagogik, 50.Jg., H.1. - Weinheim. S.119-131.
Reusser, K. (2008): Empirisch fundierte Didaktik - didaktisch fundierte Unterrichtsforschung. Eine Perspektive zur Neuorientierung der Allgemeinen Didaktik. - In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 10.Jg., Sonderheft 9/2008, S. 219-237.
Scheunpflug, A. (2000): Didaktische Theoriebildung. Ein kritischer Aufriss ihrer handlungstheoretischen Logik (=Beiträge aus dem Fachbereich Pädagogik der Universität der Bundeswehr Hamburg, Bd.1/2000). Hamburg.
Terhart, E. (2002): Fremde Schwestern. Zum Verhältnis von Allgemeiner Didaktik und empirischer Lehr-Lern-Forschung. - In: Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, H.16 (2). - Bern. S.77-86.
Terhart, E. (2008): Allgemeine Didaktik: Traditionen, Neuanfänge, Herausforderungen. - In: M. Meyer, M., Prenzel, M. & Hellekamps, St. (Hg.): Perspektiven der Didaktik (=Sonderheft 9 der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft). - Wiesbaden. S.13-34.

Grundlagen qualitativer Sozialforschung:
Altrichter, H; Posch, P. (2007,4): Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsevaluation durch Aktionsforschung. - Bad Heilbrunn.
Flick, U. (2007): Designing Qualitative Research. - London.
Glaser, B.; Strauss, A. (1965): Discovery of Substantive Theory. A Basic Strategy Underlying Qualitative Research. - In: American behavioral Scientist. S.5-12.
König, E.; Bentler, A. (2003): Arbeitsschritte im qualitativen Forschungsprozeß - ein Leitfaden. - In: Friebertshäuser, B.; Prengel, A. (Hg.): Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. - Weinheim. S.88-96.

Qualitative Erhebungsmethoden:
Banks, M. (2007): Using Visual Data in Qualitative Research. - London.
Flick, U. (2000): Episodic interviewing. - In: Bauer, M.; Gaskell, G. (Hg.): Qualitative researching with text, image and sound. A practical handbook. - London. S.75-91.
Friebertshäuser, B. (2003a): Interviewtechniken - ein Überblick. - In: Friebertshäuser, B.; Prengel, A. (Hg.): Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. - Weinheim. S. 371-395.
Friebertshäuser, B. (2003b): Feldforschung und teilnehmende Beobachtung. - In: Friebertshäuser, B.; Prengel, A. (Hg.): Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. - Weinheim. S. 503-534.
Girtler, R. (2001,4): Methoden der Feldforschung. - Wien.
Kvale, St. (2007): Doing Interviews. - London.

Qualitative Analysemethoden:
Corbin, J.; Strauss, A. (2008,3): Basics of Qualitative Research. - Thousand Oaks.
Fatke, R. (2003): Fallstudien in der Erziehungswissenschaft. - In: Friebertshäuser, B.; Prengel, A. (Hg.): Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. - Weinheim. S.56-68.
Ricœ¿ur, P. (1999): Der Text als Modell: hermeneutisches Verstehen. - In: Lessing, H.-U. (Hg.): Philosophische Hermeneutik. - Freiburg. S.260-293.
Reichertz, J. (2007): Abduktion, Deduktion und Induktion in der qualitativen Forschung. - In: Flick, U. et al. (Hg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch. - Reinbek. S.276-286.


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:37