190920 SE 5.1.1 Diversity - Herausforderung für Bildungswissenschaft (2008S)

"Diversity" boomt auf dem Bildungsmarkt. Dabei besteht wenig Klarheit darüber, was genau damit gemeint und was angesichts dessen aus hinreichend guten Gründen zu tun ist. Das Seminar prüft Antworten aus dem Bereich der Integrationspädagogik, der Migrationspädagogik, der feministischen Pädagogik u.a. in Hinblick auf die Regulative für den Umgang mit Verschiedenheit und deren jeweilige Begründung (Legitimation). Die Absicht ist aufzuzeigen, wie schwierig die Rolle einer Diversity-Pädagogik ist, wenn sie die Unterschiedlichkeit der Verschiedenheiten (Kultur, Ethnie, Religion, Geschlecht, Sprache, Gesundheit, Alter, intellektuelle Leistungsfähigkeit usw.) "pädagogisch bearbeiten" soll, ohne dadurch Normalisierungsprozesse (z.B. Mechanismen der Inklusion oder der Exklusion) fortzuschreiben. Die Klärung der Rede von "pädagogischer Bearbeitung" einer Herausforderung (wie Diversity) soll dabei für die Konstitutionsprobleme von Bildungswissenschaft sensibilisieren. (Metatheoretisch betrachtet kann die Ausdifferenzierung einer Diversity-Pädagogik ihrerseits als ein Ausgrenzungsprozess verstanden werden, indem alle "die aus der Norm fallen" einem eigenen Zweig der Disziplin überantwortet werden [Interkulturelle Pädagogik, Alterspädagogik, Integrationspädagogik usw.]).
Die Herausforderung könnte darin liegen, den Begriff der Anerkennung des Anderen aus seiner umgangssprachlichen Formlosigkeit heraus zu führen und auf seine Leistungsfähigkeit als ethisch-moralische Kategorie, und das heißt auch, auf seine impliziten Voraussetzungen zu prüfen. Die Auseinandersetzung mit der Andersheit und Fremdheit des Anderen wird nicht durch Assimilation verharmlost werden können. So gesehen könnte "Diversity" das Identitätsdenken schwächen, indem Identitätspositionen relativiert und zugleich durch Identitäts-Vervielfältigung gestärkt werden (vgl. Paul Mecheril).