Universität Wien

210062 LK BAK8: LK Theorie und Empirie Internationaler Politik (2018S)

6.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 21 - Politikwissenschaft
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Eine Anmeldung über u:space innerhalb der Anmeldephase ist erforderlich! Eine nachträgliche Anmeldung ist NICHT möglich.
Studierende, die der ersten Einheit unentschuldigt fern bleiben, verlieren ihren Platz in der Lehrveranstaltung.

Beachten Sie die Standards guter wissenschaftlicher Praxis.

Die Lehrveranstaltungsleitung kann Studierende zu einem notenrelevanten Gespräch über erbrachte Teilleistungen einladen.
Plagiierte und erschlichene Teilleistungen führen zur Nichtbewertung der Lehrveranstaltung (Eintragung eines 'X' im Sammelzeugnis).

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 50 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Montag 05.03. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 19.03. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 09.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 16.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 23.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 30.04. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 07.05. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 14.05. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 28.05. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 04.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 11.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 18.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock
Montag 25.06. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2 (H2), NIG 2.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Ziele

Die Studierenden sollen die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens erproben. Das bezieht sich sowohl auf die Textlektüre als auch auf selbst verfasste Kurztexte und ein Impulsreferat. Diverse Stile wissenschaftlicher Arbeiten - z.B. Essay, Rezension, Textzusammenfassung, Thesenpapier - sollen kennengelernt und ausprobiert werden.

Inhaltlich sollen die Theorien der Internationalen Politik (IP) im Kontext zweier Aspekte diskutiert und reflektiert werden, die lange Zeit im Kanon der IP ausgeblendet wurden: Zum einen geht es um die Frage der Produktion eines modernen Naturbegriffs und der damit verbundenen kapitalistischen Verwertungslogik von "Natur"; zum anderen um die Frage der konstitutiven Effekte kolonialer Verhältnisse für vergangene und gegenwärtige internationale Herrschaftsverhältnisse. Beide Aspekte hängen aus einer dekolonial informierten kritisch-materialistischen Sichtweise eng zusammen. Dabei soll die Arbeit in Kleingruppen einen wichtigen Bestandteil der LV bilden, die Studierenden sollen wechselseitig selbstverfasste Texte lesen und kommentieren und die Inhalte der LV in Gruppen erarbeiten und diskutieren. Die LV-Verantwortlichen streben eine intensive und horizontale Diskussionskultur an.

Inhalte

Was bedeutet das "I" in Internationaler Politik (IP)? Ausgehend von dieser Frage von Christopher Jones (2003), wollen wir uns mit dem wissenschaftlichen Feld der IP und seinem Kanon aus der Warte der systematischen Leerstellen befassen, die darin angelegt sind. Denn gerade diese Auslassungen prägen die Disziplin in einem ideologietheoretischen Sinn.

Im Schatten der dominanten "westlichen" bzw. "nördlichen" Theorieproduktion in der IP bleiben zwei wesentliche Aspekte unreflektiert, die die gegenwärtigen internationalen Herrschaftsstrukturen jedoch entscheidend bestimmen: (1)"Natur" als scheinbar passives Objekt, das in der dominanten westlichen Rationalität von menschlichen Subjekten absolut abgetrennt und damit der Aneignung, Inwertsetzung und technischen Beherrschung preisgegeben wird. Und (2) die trotz der formalen Unabhängigkeit der ehemaligen europäischen Kolonien weiter fortwirkenden kolonialen Strukturen, in der die kolonial Unterworfenen, als Nicht-Europäer*innen, auf homologe Weise als Objekte imaginiert werden, die im Rahmen rassistischer Ideologien in eine rassistische Arbeitsteilung gezwungen und anderen Formen der Gewalt ausgesetzt werden. Diese Strukturen bezeichnet der peruanische Soziologe Aníbal Quijano (2000) als "Kolonialität der Macht".

Das "I" in der Internationalen Politik muss daher über die enge eurozentrische Sichtweise hinaus im Licht der kolonialen Unterwerfungen und der Widerstände gegen sie bzw. im Licht der westlichen Idee einer als "äußerlich" und verwertbar vorgestellten "Natur" und ihrer Alternativen weiter gefasst werden. Dieser Zugang ist in den Kontext einer jüngeren, sich intensivierenden Kritik an der westlichen Zentrierung der Internationalen Politik eingebettet (vgl. Blaney/Inayatullah 2002; Bilgin 2008; Acharya/Buzan 2017; Gruffydd Jones 2006; Shilliam 2009; Shilliam 2011)

Die Begriffe "Natur" und "Kolonialität" und ihre gesellschaftlichen und wissensbezogenen Konstitutionsbedingungen auf einer globalen Maßstabsebene werden also als verborgene, durch Praktiken der Dekolonisierung und Kritik erst sichtbar zu machende Aspekte der Internationalen Politik im Zentrum der Reflexion der Lehrveranstaltung stehen.

Wir wollen uns deshalb u.a. mit folgenden Fragen befassen: Welche Zusammenhänge bestehen zwischen einer Verwertung und Beherrschung von Natur und den Strukturen kolonialer Machtverhältnisse? Inwiefern wird gegenwärtige IP-Theorie durch diese Machtverhältnisse geprägt?

Methoden

- Gemeinsame Textlektüre und -diskussion
- Gruppenpräsentationen
- Gruppenarbeiten entlang verschiedener Theorieschulen
- Exkursion plus kritische Reflexion dazu
- mehre kurze Textarbeiten (ca. 1 Seite) zur Erprobung verschiedener wiss. Arbeitsstile
- eine längere Textarbeit (ca. 5 Seiten)

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Beurteilungskriterien

Für das positive Abschließen der LV sollen die Teilnehmer*innen (a) mind. 6 kurze schriftliche Reflexionen zu den besprochenen Texten individuell verfassen (je ca. 1-2 Seiten), die in der jeweiligen Einheit ausgedruckt abzugeben sind und die Grundlage für die aktive Teilnahme an der Diskussion bilden (b) einen in der Gruppe vorbereiteten Impuls-Vortrag von 5-7min Dauer halten, der im Kontext der Gruppenarbeit an den Texten steht (c) eine kurze Abschlussarbeit verfassen (ca. 4-6 Seiten).

Die Abschlussarbeit kann ein während des Kurses besprochenes Problem aufgreifen oder sich mit der textgestützen Reflexion der Exkursion befassen. Ziel ist es, wissenschaftliche Arbeitsweisen zu erlernen und zu erproben, dabei wird es in der Veranstaltung mehrmals Rückmeldungen zu den ersten kurzen Texten geben (sowohl von Kommiliton*innen als auch von den LV-Verantwortlichen) sowie die Gelegenheit, anfängliche Fehler im Laufe des Semesters auszubessern.

Darüber hinaus erwarten wir (d) die regelmäßige Teilnahme an Veranstaltungen, Interesse und Engagement für die Thematik des Kurses sowie aktive Mitarbeit (Textlektüre, Beiträge zur Diskussion, lautes Mitdenken) sowie eine respektvolle und einander wertschätzende Redekultur.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

An folgendem Beurteilungsmaßstab können sich die Studierenden orientieren:

Teil (a) 30% (die sechs Textentwürfe können unterschiedlich gewichtet werden, um die Fortschritte der Studierenden zu berücksichtigen)
Teil (b) 10%
Teil (c) 30%
Teil (d) 30%

Mindestanforderung: 50%. Es kann aber keine der Teilleistungen vollständig ausgelassen werden.
Unentschuldigte Fehlstunden: max. 2.
Entschuldigte Fehlstunden: nach Ermessen im Einzelfall.

Prüfungsstoff

siehe Syllabus

Literatur

Diese Literaturliste ist vorläufig und dient zur Orientierung hinsichtlich der Problematiken, mit denen sich die Veranstaltung inhaltlich und theoretisch beschäftigen wird. Die konkreten Textgrundlagen der jeweiligen Einheiten werden sich im Syllabus bzw. auf Moodle befinden.

Acharya, Amitav/Buzan, Barry (2017): Why is there no Non-Western International Relations Theory? Ten years on. In: International Relations of the Asia-Pacific 17 (3), 341-370.

Becker, Egon/Hummel, Diana/Jahn, Thomas (2011): Gesellschaftliche Naturverhältnisse als Rahmenkonzept. In: Groß, Matthias (Hg.): Handbuch Umweltsoziologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Benhabib, Seyla (2014): Von Horkheimer zu Habermas und in die Neue Welt. Der ethisch-politische Horizont der Kritischen Theorie. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 8, 97-109.

Bilgin, Pinar (2008): Thinking past 'Western' IR? In: Third World Quarterly 29 (1), 5-23.

Blaney, David L./Inayatullah, Naeem (2002): Neo-Modernization? IR and the Inner Life of Modernization Theory. In: European Journal of International Relations 8 (1), 103-137.

Brand, Ulrich/Vadrot, Alice B. M. (2013): Epistemic Selectivities and the Valorisation of Nature: The Cases of the Nagoya Protocol and the Intergovernmental Science-Policy Platform for Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES). In: Law, Environment and Development Journal 9 (2), 202-220.

Brand, Ulrich/Wissen, Markus (2011): Die Regulation der ökologischen Krise. in: Österreichische Zeitschrift für Soziologie 36 (2), 12-34.

Coronil, Fernando (2000): Naturaleza del poscolonialismo: del eurocentrismo al globocentrismo. In: Lander, Edgardo (Hg.): La colonialidad del saber: eurocentrismo y ciencias sociales. Perspectivas latinoamericanas. Buenos Aires: CLACSO, 87-113.

Dietz, Kristina/Wissen , Markus (2009): Kapitalismus und ‚natürliche Grenzen’: Eine kritische Diskussion ökomarxistischer Zugänge zur ökologischen Krise. In: Prokla 156, 351-369.

Dussel, Enrique (1995): The Invention of the Americas. Eclipse of "the Other" and the Myth of Modernity. New York: The Continuum Publishing Company.

Escobar, Arturo (1999): After Nature. Steps to an Antiessentialist Political Ecology. In: Current Anthropology 40 (1), 1-30.

Foucault, Michel (1978): Was ist Kritik? Berlin: Merve-Verlag.

Gruffydd Jones, Branwen (2006): Decolonizing International Relations. Lanham, Boulder: Rowman & Littlefield Publishers.

Habermas, Jürgen (1985): Der philosophische Diskurs der Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Horkheimer, Max (2007 [1947]): Zur Kritik der instrumentellen Vernunft. Frankfurt a. M.: Fischer.

Horkheimer, Max (2011[1937]): Traditionelle und kritische Theorie. In: Ders. (Hg.): Traditionelle und kritische Theorie: Fünf Aufsätze. Frankfurt a. M.: Fischer.

Jones, Christopher S. (2003): Editor’s Introduction: Locating the ‘‘I’’ in ‘‘IR’’ - Dislocating Euro-American Theories. In: Global Society 17 (2), 107-110.

Mies, Maria/Shiva, Vandana (1993): Ecofeminism. London: Zed Books.

Mignolo, Walter D. (2011): The Darker Side of Western Modernity: Global Futures, Decolonial Options. Durham, London: Duke University Press.

Quijano, Aníbal (2000): Coloniality of Power, Eurocentrism and Latin America. In: Nepantla: Views from South (1) 3, 533-580.

Quijano, Aníbal (2007): Coloniality and Modernity/Rationality. In: Cultural Studies 21 (2-3), 168-178.

Shilliam, Robbie (2009): The Atlantic as a vector of uneven and combined development. In: Cambridge Review of International Affairs 22 (1), 69-88.

Shilliam, Robbie (2011): International Relations and Non-Western Thought. Imperialism, colonialism and the investigations of global modernity. New York: Routledge.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:38