210140 SE FOP: SE Europäisierung staatlicher Hoheitsverwaltung - Erosion des Staates? (2009S)

Die internationale und die europäische Öffentlichkeit erlebt derzeit einen dramatischen Parameterwechsel in Bezug auf die Rolle des Nationalstaates im 21.Jahrhundert. Speziell die Debatte um das "Regieren" innerhalb der europäichen Integration stand seit Jahren unter den Schlüsselbegriffen von "Governance without Government", "Regieren jenseits der Staatlichkeit", "Interdependenzmanagement" in deren Rahmen den Mitgliedsländern nur mehr die Rolle eines "Verhandelnden Staates ohne Markt" zugeschrieben wurde, während die wirtschafts- und sozialpolitischen Grundentscheidungen teils innerhalb des europäischen Mehrebenensystems, teils vom "internationalen Markt ohne Staat" entschieden wurden. Seit kurzem erleben wir die Rückkehr des Nationalstaates als sowohl distributiven wie regulativen Ordnungsfaktors vor allem in Kompetenzbereichen, die ihm im Zuge der europäischen Integration bzw die allgemeinen Globalisierung am radikalsten beschnitten wurden, wie Wirtschafts- Konjunkt-und Beschäftigungspolitik , Kontrolle des Banken- und Finanzsystems , Energieversorgung u.a. Verbunden ist dieser Prozess aber auch mit einerAufwertung derLegitimität hoheitlicher Kompetenzen der EU insb. im Rahmen der WWU.

Der Ansatz, es sei vernünftig den Staat und die Gesellschaft über die Analyse der öffentlichen Finanzgebarung zu begreifen wurde sukzessive seit den 1980er durch die Neue Politische Ökonomie und Public-Choice-Theorie zurückgedrängt. Begleitet von einer neoliberalen Welle des New Public Management (NPM) soll eine Etablierung dezentraler Anreiz- und Ergebnissteuerung innerhalb der traditionellen Verwaltungsführung sowie Rollentrennung zwischen Politik und Verwaltung stattfinden. "Schlanke" und v.a. effiziente, auf "Performance" ausgerichtete öffentliche Verwaltung wird zur neuen Leitvorstellung. Seit den 1990er Jahren erlebt aber ein anderer Begriff Hochkonjunktur: "Governance" betont eine stärkere Rolle der gesellschaftlichen Akteure im Prozeß der Gesellschaftssteuerung, bestimmte "Leitbilder" sollen dabei Entwicklungen beschleunigen. In den letzten Jahren bekommt dieses Konzept eine ökonomische Dimension im Sinne einer "progressiven Governance": Ablöse des Slogans "weniger Staat - mehr privat" durch "weniger Staat - mehr Politik". Auch die neuen Technologien mit ihrem Anspruch der Beschleunigung, der "Performance", etc. verbinden sich mit dem NPM mit dem Ziel der Stabilisierung/Erweiterung der Herrschaft der Ökonomie unter dem Mantel erhöhter Effizienz.