Universität Wien

230025 WS Gesellschaftsdiagnosen: Umweltzerstörung als Problem der Weltgesellschaft (2023W)

Soziologische und politische Perspektiven

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 23 - Soziologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 26 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Mittwoch 04.10. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 11.10. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 18.10. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 25.10. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 08.11. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 15.11. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 22.11. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 29.11. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 06.12. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 10.01. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 17.01. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 24.01. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Mittwoch 31.01. 15:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Schon in vormodernen Phasen der Gesellschaftsgeschichte ist es immer wieder vorgekommen, dass Menschen ihre ökologischen Lebensgrundlagen übermäßig bensprucht haben. Der Anthropologe Jared Diamond hat dieses Phänomen in seinem Buch „Kollaps. Warum Gesellschaften überleben oder untergehen“ anhand zahlreicher Materialien dokumentieren können. Mit der Entstehung der modernen, global vernetzten Marktgesellschaft ist allerdings eine neuartige und weitaus dramatischere Situation entstanden. Erstmals in der Geschichte der Menschheit wird es möglich, nicht nur ein lokal begrenztes ökologisches System, sondern das ökologische System in einer tendenziell globalen Dimension zu destabilisieren und damit das neuartige Risiko einer gobalökologischen Katastrophe hervorzubringen. Wie konnte es zu dieser verhängnisvollen Entwicklung kommen?

Es war Karl Marx, der schon im frühen 19. Jahrhundert deutlich sah, dass die Ausbeutung und Zerstörung der Natur ein integrales Element des kapitalistischen Wirtschaftssystems ist. Max Weber pessimistische Prognose, der Kapitalismus gerate erst ins Stocken, wenn „der letzte Zentner fossilen Brennstoffs verglüht ist“, schließt an dieser Diagnose an. Ihre Fortsetzung fand sie in der Kritik Max Horkheimers und Theodor W. Adornos an einer gesellschaftlich verankerten Praxis der Naturbeherrschung, die sich nur deshalb als vernünftig ausgeben kann, weil sie die kritische Reflexion auf ihre herrschaftlichen Grundlagen und destruktiven Folgen sich untersagt.

Erst unter dem Eindruck einer wachsenden Zahl von Umweltkrisen, wissenschaftlichen Studien (z.B. des Club of Rome) sowie einer sich international formierenden Ökologiebewegung hat in der soziologischen Theoriebildung und empirischen Forschung eine systematischere Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Umweltzerstörung eingesetzt. Seit den 80er Jahren hat sie in verschiedenen soziologischen Publikationen – u.a. Niklas Luhmanns „Ökologische Kommunikation“ oder Ulrich Becks „Risikogesellschaft“ – ihren Niederschlag gefunden. Mittlerweile hat die Umweltsoziologie einen starken Bedeutungszuwachs erfahren – auch deshalb, weil die globalökologischen Risiken in den letzten Jahrzehnten größer wurden und wir inzwischen so deutlich wie noch nie erkennen können, dass ein globalisierter Kapitalismus mit der Destabilisierung der biophysikalischen Grundlagen der menschlichen Gesellschaften auch deren Stabilität gefährdet.

Ziel dieses Seminares ist es, das globale Problem der anthropogenen Umweltzerstörung, das sich in seinen zentralen Dimensionen als Krise der Biodiversität und als Krise des Klimasystems darstellt, in einer facettenreichen Weise zu analysieren. Hierzu werden wir uns mit verschiedenen (gesellschafts-)theoretischen Konzeptionen (Systemtheorie, historisch-genetische Theorie, neomarxistische Theorie) befassen und die Krise der Umwelt in verschiedenen empirischen Perspektiven (Mobilität, Ernährung, Wohnen, Wirtschaft/Arbeit, Erziehung/Bildung, Müll, Umweltschutzbewegung/NGO) erörtern.

Weiter wird es uns die Frage beschäftigen, unter welchen individuellen und gesellschaftlichen Bedingungen ein zukunftsfähiger Umgang mit der Umweltproblematik möglich werden wird. Soziologisch klar ist, dass die Mobilisisierbarkeit und Organisierbarkeit von gesellschaftlichen Machtpotentialen eine Schlüsselrolle einnimmt, da die Ökologisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Lebensweise mit der Machtproblematik auf das Engste verbunden ist. Wir wollen deshalb das Machtpotential von Klima- und Umweltschutzbewegungen, von individuellen Lebens- und Konsumpraktiken sowie politischen Organisationen wie Umweltverbänden, Parteien, Gewerkschaften, u.a. in den Blick nehmen. Die Frage, ob der Ausstieg aus der kapitalistischen Wachstumsökonomie ökologisch alternativlos ist, ob er - unter dem Druck kollabierender ökologischer Systeme - noch demokratisch vollzogen werden kann, wird uns besonders beschäftigen.

Die Einladung von Expert:innen zu einigen der Themen ist geplant.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Gruppenreferate inklusive Handout (1-2 Seiten), kleinere schriftliche Hausübungen (z.B. Exzerpt, Gruppenprotokoll), Lektüre von Seminartexten, Seminararbeit, regelmäßige Anwesenheit und aktives Mitdenken/Mitarbeiten.

Hinweis der SPL Soziologie:
Die Erbringung aller Teilleistungen ist Voraussetzung für eine positive Beurteilung, wenn nicht explizit etwas anderes vermerkt wurde.

Die Verwendung von KI-Tools (z. B. ChatGPT) für die Produktion von Texten ist nur dann erlaubt, wenn dies von der Lehrveranstaltungsleitung ausdrücklich gefordert wird (z. B. für einzelne Arbeitsaufgaben).

Zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis kann die Lehrveranstaltungsleitung ein "Notenrelevantes Gespräch" (Plausibilitätsprüfung) der abgegebenen schriftlichen Arbeit vorsehen, das erfolgreich zu absolvieren ist.

Alle Studierenden, die einen Lehrveranstaltungsplatz erhalten haben, sind zu beurteilen, sofern sie sich nicht zeitgerecht abgemeldet haben oder unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses einen wichtigen Grund für die Nichtdurchführung der Abmeldung glaubhaft machen.
Bei Vorliegen eines solchen Grundes (zB eine längere Erkrankung) kann d* Studierende auch nach Ablauf der Frist von der LV abgemeldet werden.
Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes entscheidet die Lehrveranstaltungsleitung. Der Antrag auf Abmeldung ist unverzüglich zu stellen. Wurde eine Teilleistung erschlichen, d.h. etwa bei einer Prüfung oder einem Test geschummelt, bei einer schriftlichen Arbeit plagiiert oder auch Unterschriften auf Anwesenheitslisten gefälscht, wird die gesamte Lehrveranstaltung als "nicht beurteilt" gewertet und entsprechend erfasst.
Dies uns weitere Bestimmungen finden sie im studienrechtlichen Satzungsteil: https://satzung.univie.ac.at/studienrecht/.

Wenn Sie eine prüfungsimmanente Lehrveranstaltung bereits dreimal negativ absolviert haben und sich für einen vierten Antritt anmelden wollen, kontaktieren Sie bitte die StudienServiceStelle Soziologie (vgl: Zusatzinformation "Dritte Wiederholung bei prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen" https://soziologie.univie.ac.at/info/pruefungen/#c56313)

Im Zuge der Beurteilung kann eine Plagiatssoftware (Turnitin in Moodle) zur Anwendung kommen.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

AaG= Anteil an Gesamtnote
Gruppenreferat (AaG: 15%),
kleinere schriftliche Arbeiten (AaG: 20%),
Seminararbeit (AaG: 65%),
Anwesenheit und aktives Mitdenken/Mitarbeiten.

Es sei hier erwähnt, dass die Plagiatserkennungssoftware TURNITIN installiert werden wird, gleichzeitig aber davon ausgegangen wird, dass dies unnötig ist, da alle am Seminar teilnehmenden Personen aus eigener Motivation und auf der Basis selbst entwickelter Kompetenzen ihre scheinrelevanten Leistungen erbringen werden.

Prüfungsstoff

Seminartexte, Seminarvorträge, im Seminar analysierte theoretische und empirische Materialien.

Literatur

1. Blühdorn, Ingolfur et al. (2020), Nachhaltige Nicht-Nachhaltigkeit. Warum die ökologische Transformation der Gesellschaft nicht stattfindet.
2. Brand, Ulrich/ Markus Wissen (2017), Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus.
3. DasBiber (2020), Umwelt- und Klimaschutz in migrantischen Familien. URL: https://www.jetzt.de/das-biber/umweltschutz-und-klimaschutz-in-migrantischen-familien
4. Deutsches Klimakonsortium (2020), Was wir heute übers Klima wissen. Basisfakten zum Klimawandel, die in der Wissenschaft unumstritten sind. URL: https://www.deutsches-klima-konsortium.de/de/basisfakten.html
5. Diamond, Jared (2005), Kollaps. Warum Gesellschaften überleben oder untergehen.
6. Dux, Günter (2009), Von allem Anfang an: Macht, nicht Gerechtigkeit. Studien zur Genese und historischen Entwicklung des Postulats der Gerechtigkeit.
7. European Social Survey (2018), Einstellungen zum Thema Klimawandel und Energie in Europa: Ergebnisse der 8. Welle des European Social Survey. URL: https://www.europeansocialsurvey.org/docs/findings/TL9_Climate-Change-Swiss-German.pdf
8. Giddens Anthony (2015), The politics of climate change. Policy & Politics. 43(2):155-162. doi: http://dx-doi-org.uaccess.univie.ac.at/10.1332/030557315X14290856538163.
9. Global et al. (2019), Österreich klimafit regieren: So wird unser Land zum weltweiten Klimaschutz-Vorreiter. URL: https://www.global2000.at/sites/global/files/Positionspapier-Klima-2019.pdf
10. Groß, Matthias (2011) (Hg.), Handbuch Umweltsoziologie.
11. Haas, Tobias/ Sander, Hendrik (2019), Die europäische Autolobby. Eine kritische Analyse zum Einfluss der Industrie. URL: https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/Autolobby-DE-WEB.pdf
12. I.L.A. Kollektiv (2022), Auf Kosten anderer? Wie die imperiale Lebensweise ein gutes Leben für alle verhindert, München: Oekom (auch online abrufbar)
13. Kraemer, Klaus (2014), Ist Prekariat nachhaltig? Nachhaltiger Konsum und die Transformation des wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus.
14. Lessenich, Stephan (2015), Die Externalisierungsgesellschaft. Ein Internalisierungsversuch.
15. Luhmann, Niklas (1988), Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen?
16. Momentum (2020), Das türkis-grüne Regierungsprogramm. Eine Analyse mit dem Schwerpunkt Klima und Gerechtigkeit.
17. Oxfam (2015), Extreme Carbon Inequality. Why the Paris climate deal must put the poorest, lowest emitting and most vulnerable people first. URL: https://www-cdn.oxfam.org/s3fs-public/file_attachments/mb-extreme-carbon-inequality-021215-en.pdf
18. Paech, Niko (2017), Postwachstumsökonomik. Wachstumskritische Alternativen zu Karl Marx. URL: https://www.bpb.de/apuz/247641/postwachstumsoekonomik-wachstumskritische-alternativen-zu-karl-marx
19. Schimank, Uwe (2009), Die Moderne: eine funktional differenzierte kapitalistische Gesellschaft.
20. Schimank, Uwe (2016), Ökologische Integration der Moderne – eine integrative gesellschaftstheoretische Perspektive.
21. System Change not Climate Change (2019), Positionspapier. URL: https://systemchange-not-climatechange.at/de/position-paper/
22. SZ (2023), 2022 brachte Europa mehr als 61 000 Hitzetote. URL: https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/klimakrise-hitze-sommer-anpassung-europa-hitzetote-1.6016215
23. Weber, Andreas (2020), Globale Klimaerwärmung, Kapitalismus und “imperiale Lebensweise“. Eine Skizze, in: Die Stimme. Zeitschrift der Initiative Minderheiten (Nr. 116), S. 8 – 10. URL:stimme_116_WEB_S08-10.pdf
24. Welzer, Harald (2012), Klimakriege: wofür im 21. Jahrhundert getötet wird.
25. Körber-Stiftung (2023), Das Ende des Kapitalismus. Gespräch zwischen Ulrike Herrmann und Ralf Fücks. URL: https://www.youtube.com/watch?v=3vwExoHI3Gc
26. Österreich.gv.at. (2023), Die österreichische Klimaschutzstrategie/Politik.
URL: https://www.oesterreich.gv.at/themen/bauen_wohnen_und_umwelt/klimaschutz/1.html


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

in 505: BA T2 Workshop Gesellschaftsdiagnosen

Letzte Änderung: Mi 20.09.2023 14:48