Universität Wien

230046 SE Lektüreseminar: Der anthropogene Klimawandel (2019W)

Ein praktisches und theoretisches Problem der Soziologie

2.00 ECTS (1.00 SWS), SPL 23 - Soziologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Freitag 18.10. 09:45 - 12:30 Seminarraum 7 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
Freitag 15.11. 09:45 - 12:30 Seminarraum 7 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
Freitag 29.11. 09:45 - 12:30 Seminarraum 7 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
Freitag 10.01. 09:45 - 12:30 Seminarraum 7 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
Freitag 31.01. 09:45 - 12:30 Seminarraum 7 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die demokratisch verfassten Marktgesellschaften in Europa und Nordamerika waren und sind an den globalen ökologischen Problemlagen der Gegenwart maßgeblich beteiligt. Dies trifft auch und in besonderer Weise für die globale Klimaerwärmung zu, die in der exzessiven Nutzung fossiler Energien und den daraus resultierenden Treibhausgasemissionen (CO2, Methan, Wasserdampf u.a.) gründet. Dabei ist bemerkenswert, dass auf der einen Seite das Aufklärungsniveau bezüglich ökologischer Risiken in demokratisch verfassten Marktgesellschaften - im internationalen Vergleich - überdurchschnittlich hoch ist; auf der anderen Seite jedoch die Bürgerinnen und Bürger - unabhängig von Schicht und Geschlecht - mehrheitlich nicht sonderlich zu interessieren scheint, wenn sie durch ihre „imperiale Lebensweise“ (Brand/Wissen) und (partei-)politischen Präferenzen die ökologischen Grundlagen zukünftiger Gesellschaften und damit auch: die Lebenschancen ihrer eigenen Kinder in einer unumkehrbaren Weise gefährden.

In zahlreichen Publikationen wird der Prozess der globalen Klimaerwärmung inzwischen nicht nur unter naturwisssenschaftlichen, sondern zusehends unter sozialwissenschaftlichen Aspekten erörtert. In diesem Seminar wollen wir uns mit einigen von ihnen beschäftigen, wobei wir uns besonders intensiv mit der Abhandlung „Vom Ende der Welt. Chronik eines angekündigten Unterganges“ (Naomi Oreskes/ Erik M. Conway) auseinandersetzen wollen. Aus einer weit in der Zukunft liegenden Perspektive wird dort der Frage nachgegangen, was die Bürgerinnen und Bürger im 21. Jahrhundert davon abgehalten hat, die von den Wissenschaften prognostizierte ökologische Katastrophe zu verhindern und welche verhängnisvolle Rolle dabei die marktgesellschaftlich integrierte Ideologie des Liberalismus, eine von marktökonomischen Interessen dominierte Bildungspolitik oder etwa eine positivistisch reduzierte Wissenschaftskultur spielte. Die besonders beunruhigende These der Autoren besagt, dass ein auf kollektiven Entscheidungsprozessen beruhendes System der Demokratie aus strukturellen (!) Gründen nicht in der Lage gewesen sei, auf den exponentiell sich steigernden Prozess der Klimaerwämrung in der erforderlichen Geschwindigkeit zu reagieren und der Übergang von einem demokratischen in ein autokratisches System schließlich ohne Alternative gewesen sei. Abschließend wollen wir versuchen, die aktuellen klimapolitischen Protestbewegungen in den Blick zu nehmen, den politischen Sinn des Konzeptes des "Klimanotstandes" zu besprechen sowie die in theoretischer und praktischer Dimension ambivalente Rolle der Soziologie mit Blick auf die Ökologie- und Klimaproblematik zu thematisieren.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Lektüre der Seminartexte, Erstellen einer Reflexionsarbeit (ca. 7 Seiten) auf der Grundlage des im Seminar erworbenen Wissens (Seminartexte, Vortrag), Gruppenkurzreferat (20 Min.), Anwesenheitspflicht.

Hinweis der SPL:
Die Erbringung aller Teilleistungen ist Voraussetzung für eine positive Beurteilung, wenn nicht explizit etwas anderes vermerkt wurde.
Werden einzelne verpflichtende Teilleistungen nicht erbracht, gilt die Lehrveranstaltung als abgebrochen. Falls dem Nichterbringen der Leistung kein wichtiger und unvorhersehbarer Grund seitens des/der Studierenden vorliegt, wird die LV negativ beurteilt.
Bei Vorliegen eines solchen Grundes (zB eine längere Erkrankung) kann der/die Studierende auch nach Ablauf der Frist von der LV abgemeldet werden. Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes entscheidet die Lehrveranstaltungsleitung. Der Antrag auf Abmeldung ist unverzüglich nach Eintreten des Grundes zu stellen.
Wurde eine Teilleistung erschlichen, d.h. etwa bei einer Prüfung oder einem Test geschummelt, bei einer schriftlichen Arbeit plagiiert oder auch Unterschriften auf Anwesenheitslisten gefälscht, wird die gesamte Lehrveranstaltung als "nicht beurteilt" gewertet und mit dem Vermerk "geschummelt/erschlichen" in das Notenerfassungssystem eingetragen.
Im Zuge der Beurteilung kann eine Plagiatssoftware (Turnitin in Moodle) zur Anwendung kommen: Details werden von den Lehrenden in der Lehrveranstaltung bekanntgeben.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Die LV-Teilnehmer_Innen sollen verstehen lernen, dass die dynamische Stabilität eines evolutionär gebildeten ökologisches Systems die Bedingung der Möglichkeit der Entstehung als auch Entwicklung menschlicher Gesellschaften gewesen ist. Weiterhin gilt es zu verstehen, dass mit der historischen Entstehung der liberaldemokratischen Marktgesellschaften im neuzeitlichen Europa eine gesellschaftliche Organisationsform entstanden ist, die mit der systematischen Ausbeutung und - der Tendenz nach - Zerstörung des ökologischen Systems strukturell gekoppelt ist. Mit der Globalisierung einer marktökonomisch "überintegrierten" (Schimank) gesellschaftlichen Organisationsform mitsamit ihren marktökonomisch funktionalen, d. h. extrem ressourcenintensiven Lebensformen wird die zerstörerische Ausbeutung des ökologischen Systems zu einer globalen Realität und ist exakt aus diesem Grund in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft mittlerweile zu einem Gegenstand der Dauerreflexion geworden. Schließlich gilt es zu begreifen, dass die Soziologie als Reflexionswissenschaft der modernen Gesellschaft mit ihren komplexen ökologischen, sozialen und kulturellen Risiken sich durch die aktuellen Entwicklungen in einer besonderen und historisch neuartigen Situation wiederfindet: zum einen droht der Erkenntnisgegenstand der Soziologie, nämlich die Gesellschaft, durch die dynamisierte Destabilisierung des ökologischen Systems, insbesondere des Klimasystems, im Laufe dieses Jahrhunderts einer irreversiblen Dekomposition ausgesetzt zu werden; zum anderen gilt es zu verstehen, welche komplexen kognitiven, lebenskulturellen und institutionell-politischen Blockierungen innerhalb des wissenschaftlichen und soziologischen Feldes gegenwärtig existieren, die daran hintern, auf die Dramatik der aktuellen ökologischen Entwicklung in einer zeitlich und sachlich adäquaten Weise zu reagieren.

Prüfungsstoff

Seminarlektüre und Seminarvortrag.

Literatur

Brand, Ulrich/ Wissen, Markus (2017), Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur in Zeiten des globalen Kapitalismus, München: Oekom.
Oreskes, Naomi / Erik M. Conway (2015), Vom Ende der Welt: Chronik eines angekündigten Untergangs (amerik. Orig.: 2014), München: Oekom.
Pötter, Gerhard (2014), Ausweg Ökokratie. Die Freiheit der anderen. URL: https://www.oekom.de/fileadmin/zeitschriften/poe_leseproben/A_092_99_poetter_18_8_14.pdf
Probst, Maximilian/ Pelletier, Daniel (2019), Die sieben Todsünden des Journalismus. Der Klimawandel ist in Ausmaß und Auswirkung die größte Story – warum erzählt sie niemand?, in: Wespennest. Zeitschaft für brauchbare Texte und Blätter. Nummer 178, S. 61 – 65.

Weitere Quellen
URL: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3283.pdf
URL: https://www.fridaysforfuture.at/
URL: https://sz-magazin.sueddeutsche.de/abschiedskolumne/klimawandel-friday-for-future-83822
URL: https://faktencheck-energiewende.at/fakt/subventionen-fuer-fossile-energie-behindern-die-umsetzung-des-klimaabkommens-von-paris/
URL: https://www.derstandard.at/story/2000105775581/kuenftige-fossile-kraftwerke-bedrohen-1-5-grad-ziel
URL: https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/wie-funktioniert-der-treibhauseffekt
URL: https://www.europeansocialsurvey.org/docs/findings/TL9_Climate-Change-Swiss-German.pdf
URL: https://www.derstandard.at/story/2000108011189/umweltforscher-chinas-ein-kind-politik-wegweisend-fuer-europa

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mi 15.12.2021 00:23