Universität Wien

230054 SE Subjekte in der soziologischen Theoriebildung (2016S)

6.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 23 - Soziologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Donnerstag 10.03. 16:30 - 19:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Donnerstag 07.04. 16:30 - 19:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Donnerstag 21.04. 16:30 - 19:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Donnerstag 19.05. 16:30 - 19:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Donnerstag 02.06. 16:30 - 19:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Donnerstag 16.06. 16:30 - 19:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Donnerstag 23.06. 17:00 - 20:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Kritik am absoluten Subjekt der Philosophie hat in der Soziologie zu verschiedenen Versuchen geführt, eine Theorie des empirischen Subjekts zu entwickeln. Klar war dabei, dass die Strukturen der Subjekte nicht einfach aus der Gesellschaft abgeleitet werden können, sondern der Prozess ihrer empirischen Bildung einer eigenen Strukturlogik folgt.

Mit welchen Theorien und methodischen Strategien die empirischen Subjektbildungsprozesse zu untersuchen sind - darüber wird in der Soziologie gestritten. Es ist ein produktiver Streit, wie auch an einem subjekttheoretischen Forschungsstrang festzustellen ist, der in den letzten beiden Jahrzehnten massiv an wissenschaftlicher und gesellschaftspolitischer Bedeutung gewonnen hat. Gemeint sind die - häufig - an den Theorien Pierre Bourdieus und Michel Foucaults ansetzenden Arbeiten, die sich mit den empirischen Subjektbildungsprozessen unter dem Regime einer neoliberalen Gesellschaftspolitik auseinandersetzen und ihren spezifischen Ambivalenzen (ideologisierte Autonomiekonzeptionen, repressive Körpernormierungen, neue Formen sozialer und psychischer Destabilisierung, Mediatisierung und Virtualisierung der Lebenspraxis und Innenwelten usw.) nachgehen.

Mit einigen dieser subjekttheoretischen Konzeptionen wollen wir uns im Rahmen dieser Lehrveranstaltung genauer beschäftigen. Ihr analytisches Potential soll an verschiedenen empirischen Beispielen genauer betrachtet werden. Dabei wird auch danach zu fragen sein, ob beispielsweise eine diskurstheoretisch begründete Subjektsoziologie die empirischen Subjekte überhaupt zu erreichen vermag oder die Habitustheorie Pierre Bourdieus die Genese postkonventioneller Identitätsreflexion verständlich machen kann. Ebenso wird zu diskutieren sein, ob die Kritik an einer "Neoliberalisierung" der Subjektbildung nicht immer schon das Wissen mitführt, dass es gesellschaftlich und individuell andere, nämlich sinnvollere Möglichkeiten der empirischen Subjektbildung gibt als die aktuellen, von der Logik der Ökonomie dominierten. Die Frage, die dabei zu diskutieren wäre, lautet: Können wir einsichtig machen, warum wir das wissen?

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Kleine schriftliche Arbeiten (Anteil an Gesamtnote: 20%), (Gruppen-)Referat inkl. Handout (20%), Hausarbeit (60%), aktive Teilnahme, Anwesenheit.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

In dieser Lehrveranstaltung werden mehrere Ziele verfolgt. Zunächst soll verdeutlicht werden, weshalb der Subjekttheorie innerhalb der soziologischen Theoriebildung eine methodologische Schlüsselposition zukommt und ein Überblick über einige der innerhalb der Soziologie aktuell einflussreichen Subjekttheorien gegeben werden. Die Auseinandersetzung mit den subjekttheoretischen Konzeptionen Pierre Bourdieus, Michel Foucaults und Günter Dux sowie einiger Arbeiten, die an diese Theorien anschließen, wird im weiteren Seminarverlauf im Zentrum stehen. Mit Blick auf den massiven Bedeutungszuwachs der neuen Medien wird eine Sitzung den "fraktalen Subjekten" des französischen Soziologen Jean Baudrillard gewidmet werden.
Die Frage, ob die aktuellen soziologischen Subjekttheorien, die sich mit den Ambivalenzen empirischer Subjektbildung in der neoliberalen Marktgesellschaft in kritischer Absicht befassen, nicht notwendigerweise in normativistischen Prämissen gründen, wird genauer zu erörtern sein. Ebenso die Frage, inwiefern die Klärung dieser Frage von wissenschaftlicher, möglicherweise aber auch von politischer Relevanz ist.

Prüfungsstoff

Intensive Textlektüre, Kurzreferate (20 Minuten), Diskussionen in Kleingruppen und Plenum, kleinere schriftliche Arbeiten (z.B. Beantwortung von Fragen) und Abschlussarbeit.

Literatur

Ahrbeck, Bernd (2007), Hyperaktivität, innere Welt und kultureller Wandel, S. 13 - 48.
Baudrillard, Jean (1989): Videowelt und fraktales Subjekt, S. 113-131.
Bourdieu, Pierre (1993), Strukturen, Habitusformen, Praktiken (3. Kapitel), in: ders., Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft.
Bourdieu, Pierre (1998), Der Einzige und sein Eigenheim. Schriften zu Politik & Kultur 3.
Bröckling, Ulrich (2007), Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform
Bröckling, Ulrich/Krasmann, Susanne/Lemke, Thomas (2000), Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen.
Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (DPV) (2007), Krippenausbau in Deutschland - Psychoanalytiker nehmen Stellung.
Dux, Günter (1997), Subjekt und System : Plädoyer für eine historisch-genetische Theorie, S. 147-158.
Dux, Günter (2013), Die Aufkündigung der Idee der Demokratie. Das Subjekt als Unternehmer seiner Arbeitskraft (Kap. 13), in: ders., Demokratie als Lebensform. Die Welt nach der Krise des Kapitalismus, Weilerswist: Velbrück, S. 223-244.
Foucault, Michel (1974), Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt/M.: Fischer.
Höppner, Grit (2010), "Sich schön machen" im Alter: Zur Verknüpfung neoliberaler Körperbilder, weiblicher Subjektivierungsformen und Gesundheitshandeln, S. 113-128.
Kaindl, Christina/ Barfuss, Thomas (2007) (Hg.), Subjekte im Neoliberalismus : Kritische Wissenschaften 2, Marburg : BdWi-Verl.
Koppetsch, Cornelia (2011) (Hg.), Nachrichten aus den Innenwelten des Kapitalismus : Zur Transformation moderner Subjektivität, Wiesbaden.
Keupp, Heiner (2006) (Hg.), Subjektdiskurse im gesellschaftlichen Wandel.
Lembke, Robert (2005), Der Mensch als Untertan. Zum Begriff der Subjektivierung bei Michel Foucault, in: Tabula Rasa. Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken (Ausgabe 23). Download vom 21.09.2015 unter URL: http://www.tabvlarasa.de/23/lembke.php
Luhmann, Niklas (1994), Die Tücke des Subjekts und die Frage nach dem Menschen, in: Fuchs, Peter/ Göbel, Andreas (Hg.), Der Mensch - das Medium der Gesellschaft, S. 40 - 56.
Michalitsch, Gabriele (2006), Die neoliberale Domestizierung des Subjekts. Von den Leidenschaften zum Kalkül.
Reichardt, Sven (2014), Authentizität und Gemeinschaft. Linksalternatives Leben in den siebziger und frühen achtziger Jahren.
Vaneigem, Raoul (1972), Handbuch der Lebenskunst für die jungen Generationen.
Vaneigem, Raoul (1998), An die Lebenden! : eine Streitschrift gegen die Welt der Ökonomie.
Weber, Andreas (2005), Subjektlos. Zur Kritik der Systemtheorie.
Weber, Andreas (2006), Zur Theorie des Homo Oeconomicus und ihrer latenten Funktion als Medium imaginärer Identitätsbildung in Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaft, S. 21 - 36.
Weisenbacher, Uwe (1993), Moderne Subjekte zwischen Mythos und Aufklärung.Differenz und offene Rekonstruktion.
Wiebke Wiede (2014), Subjekt und Subjektivierung. Download unter URL: http://docupedia.de/zg/Subjekt_und_Subjektivierung?oldid=106476 (20.09.2015)

Links zu seminarrelevanten Phänomenen:
- Vom Straßenkampf zur "Samenbombe". Das Phänomen "Guerilla Gardening" unter URL: http://ggardening.kukuma.org/
- Moderne Subjekte, soziale Bewegungen und Gesellschaftspolitik. Die Klimaschutzbewegung unter URL: http://systemchange-not-climatechange.at/wien/
- Selbstorganisierte Krisenbewältigung. Das Phänomen der Selbsthilfegruppen unter URL: https://www.wien.gv.at/gesundheit-soziales/psyche/selbsthilfe.html
- Der gesteigerte Konsum von Psychopharmaka in Österreich unter URL: https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/8/9/7/CH2081/CMS1319538816360/111025_dantendorfer.pdf


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:39