Universität Wien
Achtung! Das Lehrangebot ist noch nicht vollständig und wird bis Semesterbeginn laufend ergänzt.

230113 UE M3 Sozialer Konstruktivismus. Klassische und neuere Perspektiven (2025S)

Theoriewerkstatt

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 23 - Soziologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 22 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Samstag 22.03. 09:00 - 12:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Samstag 05.04. 09:00 - 12:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 3, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Samstag 12.04. 09:00 - 12:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Samstag 03.05. 09:00 - 12:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Samstag 17.05. 09:00 - 12:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Samstag 24.05. 09:00 - 12:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Samstag 28.06. 09:00 - 12:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 1, Rooseveltplatz 2, 1.Stock

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Arbeit "Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie" von Peter Berger und Thomas Luckmann gilt als grundlegendes Werk des soziologischen Theoriestranges, der als "sozialer Konstruktivismus" bezeichnet wird. Sein Erfolg gründet nicht zuletzt darin, dass es den Autoren gelungen ist, die Erkenntnisse aus dem Bereich der philosophischen Anthropologie, der Handlungstheorie, der Norm- und Institutionentheorie sowie der verstehenden Soziologie in der Tradition Max Webers und Alfred Schütz' in einer innovativen Weise zusammenzuführen. Auch in gesellschaftstheoretischer Dimension finden sich in dieser Arbeit interessante Perspektiven, gleichwohl sie nicht als Theorie der Gesellschaft gelten kann, da beispielsweise der geschichtlichen Dimension der Entstehung und Entwicklung menschlicher Gesellschaften kaum Rechnung getragen wird.

Ziel dieser Lehrveranstaltung ist es, sich zunächst ausführlich mit der Publikation "Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit" auseinanderzusetzen und deren Stärken und Schwächen kennenzulernen. In einem weiteren Schritt wird es darum gehen, sich mit neueren und soziologisch bedeutsamen "Spielarten" (Knorr-Cetina) des Konstruktivismus zu befassen. In einer Reihe von kurzen Vorträgen wird der Seminarleiter in die spezifischen Erkenntnisleistungen des systemtheoretischen, historisch-genetischen, kommunikationstheoretischen und gendertheoretischem Konstruktivismus einführen.
Sehr wichtig wird dabei sein, das Verhältnis zwischen kognitivem und sozialem Konstruktivismus zu klären. Es hat in den letzten Jahrzehnten mit dem gesteigerten Bewußtsein, dass alle Erkenntnis - über die Natur, die Gesellschaft oder die Subjekte selbst - an das Medium subjektabhängiger Kognitionen gebunden ist, eine beträchtliche Verkomplizierung erfahren. Die Schwächung der epistemologischen Basis der Soziologie als Wissenschaft - "Welches Konstrukt gilt, wenn alles Konstrukt ist?" - ist das Ergebnis dieser Entwicklung. Gleichzeitig aber hat die gesellschaftliche Bedeutung der Soziologie zugenommen. Diese Paradoxie gilt es aufzulösen!

Das Erklärungspotential konstruktivistischer Theoriebildung soll in weiterer Folge anhand konkreter empirischer Fragestellungen und Problemlagen explorativ erörtert werden. Mögliche Beispiele wären:

- Wie läßt sich der Geltungsverlust der Religion in der Moderne, der die Entstehung eines säkularen Verständnisses der Welt und der säkularen Theorien des Konstruktivismus überhaupt erst ermöglicht hat, im Rahmen konstruktivistischer Theoriebildung begreifen?
- Wie wird der Wechsel von einem religiösen zu einem säkularen Verständnis von Sinn von den Subjekten in der Moderne bewältigt - kognitiv, emotional und praktisch? Kann die Denklogik der Subjektivierung, die in der Praxis säkularer Sinngenerierung zur Geltung gelangt, methodisch sachhaltig erfasst werden?
- Wie stellt sich in einem konstruktivistischen Verständnis von personaler und sozialer Identität das Problem der Authentizität dar?
- Wie realistisch sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur - empirisch realen - Erderwärmung, wenn Erkenntnis nicht mehr anders als konstruktivistisch begriffen werden kann? Und warum muss die Soziologie diese Frage zwingend klären, wenn sie nicht in die Nähe des ethnonationalistisch motivierten Wissenschaftsskeptizismus der Neuen Rechten - "Klimawandel" als wissenschaftliche Fiktion, um den "großen Austausch" (DieIdentitären) politisch legitimieren zu können - geraten will ?
- Gesellschaft, Politik und Krieg. Die Konstruktion von territorialer und kultureller Identität im modernen Völkerrecht
- Verändert sich die Organisationsform der modernen Gesellschaft oder nur ihr Reproduktionsmodus, wenn im "digitalen Kapitalismus" (Staab) ein interaktiver Konstruktionsmodus des Sozialen durch einen virtuellen ersetzt wird?
- ...

Die Seminarmitglieder sind eingeladen, eigene Fragen im Rahmen des Seminares zu entwickeln und in der Gruppe zu diskutieren.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

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Hinweis der SPL Soziologie:
Alle Studierenden, die einen Lehrveranstaltungsplatz erhalten haben, sind zu beurteilen, sofern sie sich nicht zeitgerecht abgemeldet haben oder unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses einen wichtigen Grund für die Nichtdurchführung der Abmeldung glaubhaft machen.
Bei Vorliegen eines solchen Grundes (zB eine längere Erkrankung) kann d* Studierende auch nach Ablauf der Frist von der LV abgemeldet werden.
Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes entscheidet die Lehrveranstaltungsleitung. Der Antrag auf Abmeldung ist unverzüglich zu stellen.
Für eine positive Beurteilung der Lehrveranstaltung ist die positive Absolvierung aller Teilleistungen erforderlich.
Im Zuge der Beurteilung kann eine Plagiatssoftware (Turnitin in Moodle) zur Anwendung kommen.
Die Verwendung von KI-Tools (z. B. ChatGPT) für die Produktion von Texten ist nur dann erlaubt, wenn dies von der Lehrveranstaltungsleitung ausdrücklich gefordert wird (z. B. für einzelne Arbeitsaufgaben).
Zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis kann die Lehrveranstaltungsleitung eine mündliche Reflexion ("Notenrelevantes Gespräch") der abgegebenen Seminararbeit vorsehen, die erfolgreich zu absolvieren ist.
Wurde eine Teilleistung erschlichen, d.h. etwa bei einer Prüfung oder einem Test geschummelt, bei einer schriftlichen Arbeit plagiiert oder auch Unterschriften auf Anwesenheitslisten gefälscht, wird die gesamte Lehrveranstaltung als "nicht beurteilt" gewertet und entsprechend erfasst.
Dies uns weitere Bestimmungen finden sie im studienrechtlichen Satzungsteil: https://satzung.univie.ac.at/studienrecht/.
Wenn Sie eine prüfungsimmanente Lehrveranstaltung bereits dreimal negativ absolviert haben und sich für einen vierten Antritt anmelden wollen, kontaktieren Sie bitte die StudienServiceStelle Soziologie während der Anmeldephase (vgl: Zusatzinformation "Dritte Wiederholung bei prüfungsimmanenten Lehrveranstaltungen" https://soziologie.univie.ac.at/info/pruefungen/#c56313)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

- Regelmäßige Teilnahme, engagiertes Mitdenken und Mitarbeiten sowie disziplinierte Sitzungsvorbereitung
- Kurzreferate (Anteil an Gesamtnote: 20%),
- kleinere schriftliche Arbeiten (AaG: 20%),
- Abschlussarbeit (AaG: 60%)

Die positive Beurteilung aller Teilleistungen ist Voraussetzung für eine positive Beurteilung der gesamten Lehrveranstaltung.

Prüfungsstoff

Literatur

1. Berger, Peter L./ Thomas Luckmann (2013), Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie (amerik. Orig.: 1966, deutsche Ersterscheinung 1969), Frankfurt a. M.: Fischer.
2. Dux, Günter (1984), "Konstruktiver Realismus und der Aufbau des Wissens", in: ders., Logik der Weltbilder. Sinnstrukturen im Wandel der Geschichte, Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 76 - 102.
3. Emma (2022), Transgender. URL: https://www.emma.de/thema/transgender
4. Gildemeister, Renate (2008), Soziale Konstruktion von Geschlecht: "Doing gender". In: Wilz, S.M. (Hg.), Geschlechterdifferenzen - Geschlechterdifferenzierungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 167 - 198.
5. Haslanger, Sally (2021), Der Wirklichkeit widerstehen. Soziale Konstruktionen und Sozialkritik, Frankfurt/M.: Suhrkamp.
6. Keller, Reiner/ Knoblauch, Hubert/ Reichertz, Jo (2013) (Hg.), Der Kommunikativer Konstruktivismus als Weiterführung des Sozialkonstruktivismus - eine Einführung in den Band, in: dies., Theoretische und empirische Arbeiten zu einem neuen wissenssoziologischen Ansatz, S. 9 - 24.
7. Knoblauch, Hubert (2003), Habitus und Habitualisierung : zur Komplementarität von Bourdieu mit dem Sozialkonstruktivismus, in: Rehbein, Boike/ Saalmann, Gernot/ Schwengel, Herrmann (Hg.): Pierre Bourdieus Theorie des Sozialen: Probleme und Perspektiven. Konstanz : UVK Verl.-Ges., S. 187-201.
8. Knorr-Cetina, Karin D. (1989), Spielarten des Konstruktivismus, in: Soziale Welt 40, S. 86-96.
9. Luckmann, Thomas (2010), "Ich habe mich nie als Konstruktivist betrachtet". Gespräch mit Thomas Luckmann, in: Herrschaft, Felicia/ Lichtblau, Klaus (Hg.), Soziologie in Frankfurt. Eine Zwischenbilanz, Wiesbaden, S. 345-368.
10. Piaget, Jean (1988), "Animismus", in: ders., Das Weltbild des Kindes (franz. Orig. 1926), Stuttgart: Klett, S. 143 - 161.
11. Sprondel, Walter M. (1994) (Hg.), Die Objektivität der Ordnungen und ihre kommunikative Konstruktion. Für Thomas Luckmann, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

- Informationen zu weiteren seminarrelevanten Materialien nach Seminarbeginn

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Do 27.02.2025 11:46