Universität Wien

230129 WS Gesellschaftsdiagnosen: Totale Institution - gierige Institution - reinventive Institution (2020W)

Zum Wandel allumfassender Zugriffe auf das Individuum

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 23 - Soziologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Update 17.12.2020 (Covid 19): Umstellung auf digitale Lehre bis zum Semesterende
Update 17.11.2020 (Covid 19): Umstellung auf digitale Lehre bis mindestens 20.12.2020 -
Update 1.10.2020: die Lehrveranstaltung wird teilweise digital angeboten. Beachten Sie bitte die Angaben bei den einzelnen Terminen. Ob die letzte Einheit am 25.01.2021 digital oder hybrid angeboten wird, steht derzeit noch nicht fest.

Montag 05.10. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 12.10. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 19.10. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 09.11. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 16.11. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 23.11. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 30.11. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 07.12. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 14.12. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 11.01. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 18.01. 18:00 - 19:30 Digital
Montag 25.01. 18:00 - 19:30 Digital

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Inhalte: Das Konzept der totalen Institution, das Goffman 1961 auf Basis empirischer Eindrücke in einer psychiatrischen Klinik skizzierte, ist eines der bekanntesten Konzepte der Soziologie und regte auch in beachtlichem Ausmaß gesellschaftliche Prozesse der Institutionenkritik an. Wesentlich weniger bekannt sind im deutschsprachigen Raum andere theoretische Konzepte von rigiden Zugriffen auf Individuen, wie die der „Greedy Institutions“ (Coser 1974) oder der „Reinventive Institution“ (Scott 2010). Allen drei Konzepten ist gemeinsam, dass sie sich auf tendenziell allumfassende Zugriffe auf Individuen beziehen.

Diese Zugriffe gestalten sich aber deutlich verschieden: In Goffmans „totaler Institution“ wird die umfassende bürokratische Organisation einer größeren Anzahl von Menschen in den Blick genommen, in deren Folge die Schranken, die in der modernen, westlichen Gesellschaft die Lebensbereiche Schlafen, Freizeit und Arbeit trennen, aufgehoben sind. Kontrolle wird primär über räumliche Abschottung sowie physische Gewalt und Überwachung durch Personal hergestellt. Cosers „greedy institutions“ realisieren ungeteilte Loyalität und Mitwirkung ihrer Mitglieder vorrangig über deren Identifikation mit den Zielen der Institution sowie psychischen Druck und ‚weichere‘ soziale Sanktionen. Scott nimmt Institutionen der permanenten Neuerfindung und Selbstoptimierung in den Blick, die (mit Rückgriff auf Foucault) auf wechselseitiger performativer Regulation beruhen.

Diese drei Formen der tendenziell allumfassenden Vereinnahmung von Individuen lassen sich in der Gegenwartsgesellschaft in vielfältigen Ausformungen beobachten. In der Lehrveranstaltung werden ausgehend von den theoretischen Konzepten zeithistorische und insbesondere aktuelle Erscheinungsformen solcher Institutionen analysiert. Im Zentrum steht die Frage nach dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft. Die gemeinsame Auseinandersetzung in der Lehrveranstaltung strebt eine permanente Verschränkung von theoretischer und empirischer Reflexion des Themas an.

Ziele: Vertiefende und vergleichende Auseinandersetzung mit den einzelnen theoretischen Konzepten und Merkmalen totaler, gieriger und reinventive Institutionen sowie mit konkreten zeithistorischen und v.a. aktuellen Erscheinungsformen anhand von empirischen Fallbeispielen. Erwerb von Kompetenzen, wesentliche Aspekte theoretischer Konzepte zu erfassen und analytisch auf konkrete (empirische) Fallbeispiele anzuwenden und (im Austausch mit Kolleg*innen) kritisch zu reflektieren.

Methoden: Lektüre und schriftliche Einzelreflexionen der gelesenen Texte; vertiefende Analyse einer Erscheinungsform/Fallbeispiel und Ausarbeitung einer Präsentation (Gruppenarbeit) sowie schriftlichen Reflexion; Kommentierung von Beiträgen im Rollenspiel als Expert*in, gemeinsame Diskussion.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

* Aktive Teilnahme an der Lehrveranstaltung und Beteiligung an den Diskussionen (Gesamt- und Kleingruppe) über Moodle-Chat bzw. -Forum oder vergleichbare Medien
* Inhaltliche Vorbereitung der Basistexte (inkl. schriftlicher Aufgabenstellungen)
* Präsentation eines Fallbeispiels/einer Erscheinungsform totaler/gieriger/reinventive Institutionen (Referat)
* Mündliche Reflexionsbeiträge in zwei Präsenzeinheiten zu Referaten anderer Seminarteilnehmer*innen auf Basis der von den Referatsgruppen ausgewählten Kurztexte (=Kommentierung in Expert*innenrolle)
* Schriftliche Reflexionsarbeit

Hinweis der SPL:
Die Erbringung aller Teilleistungen ist Voraussetzung für eine positive Beurteilung, wenn nicht explizit etwas anderes vermerkt wurde.
Werden einzelne verpflichtende Teilleistungen nicht erbracht, gilt die Lehrveranstaltung als abgebrochen. Falls dem Nichterbringen der Leistung kein wichtiger und unvorhersehbarer Grund seitens des/der Studierenden vorliegt, wird die LV negativ beurteilt.
Bei Vorliegen eines solchen Grundes (zB eine längere Erkrankung) kann der/die Studierende auch nach Ablauf der Frist von der LV abgemeldet werden. Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes entscheidet die Lehrveranstaltungsleitung. Der Antrag auf Abmeldung ist unverzüglich nach Eintreten des Grundes zu stellen.
Wurde eine Teilleistung erschlichen, d.h. etwa bei einer Prüfung oder einem Test geschummelt, bei einer schriftlichen Arbeit plagiiert oder auch Unterschriften auf Anwesenheitslisten gefälscht, wird die gesamte Lehrveranstaltung als "nicht beurteilt" gewertet und mit dem Vermerk "geschummelt/erschlichen" in das Notenerfassungssystem eingetragen.
Im Zuge der Beurteilung kann eine Plagiatssoftware (Turnitin in Moodle) zur Anwendung kommen: Details werden von den Lehrenden in der Lehrveranstaltung bekanntgeben.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Mindestanforderungen:

• Erbringung aller Teilleistungen (s. nachfolgend)
• Anwesenheit im Ausmaß von mind. 80% der Gesamtzeit, davon mindestens drei Präsenztermine

Die Bewertung setzt sich aus folgenden Leistungsbereichen zusammen (kein Bereich darf negativ sein):

• Aktive Mitarbeit, Beteiligung an Diskussionen/(Klein-)Gruppenarbeiten
in der LV bzw. über definierte digitale Tools auf Moodle oder vergleichbaren Medien – 10 Punkte
• Vorbereiten der Basisliteratur & fristgerechte Abgabe darauf bezogener schriftlicher Reflexionen – 25 Punkte
• Ausarbeiten und Präsentation eines Referats in einer Präsenzeinheit (i.d. Regel Gruppenarbeit) – 20 Punkte
• Kurze schriftliche Reflexionsarbeit zur Präsentation (Gruppen- oder Einzelarbeit) – 25 Punkte
• Mündliche Reflexionsbeiträge in Expert*innenrolle in zwei Präsenzeinheiten auf Basis der von der Referatsgruppe ausgewählten Kurztexte – 20 Punkte

Für eine positive Beurteilung der LV sind 60 Punkte erforderlich, keine Teilleistung darf komplett fehlen.

• 91-100 Punkte: Sehr Gut
• 81-90 Punkte: Gut
• 71-80 Punkte: Befriedigend
• 60-70 Punkte: Genügend
• 0-59 Punkte: Nicht Genügend

Prüfungsstoff

Literatur

Die Literaturangaben sind noch unvollständig, weitere Literatur wird in der ersten Einheit bekanntgegeben.

Coser, Lewis, 2015[1974]: Gierige Institutionen. Soziologische Studien über totales Engagement. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
Davies, Christie, 1989: Goffman’s concept of the total institution: Criticisms and revisions. Human Studies 12, 77-95.

Froschauer, Ulrike, 2008: Erwing Goffmans „Totale Institutionen“ und die Organisationsforschung. Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit 8(1), 150-155.

Goffman, Erving, 1973[1961]: Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Neuber, Anke/Zahradnik, Franz (Hg.): Geschlossene Institutionen – Theoretische und empirische Einsichten. Weinheim Basel: Beltz Juventa.

Paterniti, Debora A., 2000: The Micropolitics of Identity in Adverse Circumstance. A Study of Identity Making in a Total Institution. Journal of Contemporary Ethnography 29(1), 93-119.

Scott, Susie, 2010: Revisiting the Total Institution: Performative Regulation in the Reinventive Institution. Sociology 44(2), 213-231.

Schülein, Johann A., 2007: „Asyle“ – Über Goffmans Analyse und Kritik sozialer Ausgrenzung und Kontrolle. ÖZS 32(2), 32-52.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

in 505: BA T2 WS Gesellschaftdiagnosen

Letzte Änderung: Fr 12.05.2023 00:20