Universität Wien

240047 SE VM2 / VM6 - Lieferkettenregelungen aus entwicklungspolitischer Perspektive (2022W)

Business as Usual oder Chance für gerechte globale Warenketten?

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Freitag 07.10. 09:00 - 12:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
Freitag 14.10. 09:00 - 12:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
Freitag 28.10. 09:00 - 12:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
Freitag 11.11. 09:00 - 12:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
Freitag 25.11. 09:00 - 12:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
Freitag 16.12. 09:00 - 12:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
Samstag 17.12. 09:00 - 15:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Viele Güter, die wir konsumieren, werden in globalen Warenketten arbeitsteilig und global verteilt produziert. Diese Ketten verbinden Arbeits-, Produktions- und Lebensverhältnisse in unterschiedlichen Ländern des Globalen Nordens und Südens. Profite in globalen Warenketten werden vielfach ungleich zugunsten transnationaler Leitunternehmen verteilt während die Einkaufspraktiken und Lieferantenverträge dieser Unternehmen oft starken Druck auf Zulieferfirmen und Arbeiter*innen in Produktionsländern ausüben mit Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen, Arbeits-, Menschen- und Umweltrechte. Leitunternehmen übernehmen aber üblicherweise keine Verantwortung für diese Bedingungen und mögliche Rechtsverletzungen. Weiters greifen in globalen Warenketten nationalstaatliche Regulierungen in Produktionsländern oft zu kurz und können im Kontext von exportorientierten Entwicklungsstrategien und weltweitem Standortwettbewerb schwer umgesetzt werden.

Kritik und Proteste von Gewerkschaften, NGOs und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die dieses Accountability und Regulatory Gap in globalen Warenketten anprangerten, führten zur Entwicklung von unterschiedlichen Regulierungen. Der Fokus in den 1990/2000er Jahren lag hierbei auf „weichen“ Regulierungen und insbesondere unternehmenseigenen Verhaltenskodizes im Rahmen von Corporate Social Responsibility, wobei Leitunternehmen die Einhaltung von Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten in ihren Zulieferketten verlangen; gleichzeitig aber oft ihre Einkaufspraktiken nicht verbesserten. Multistakeholder-Initiativen erweiterten diese Ansätze durch die Beteiligung von zivilgesellschaftliche Akteuren. Daneben gewannen auch Gewerkschafts-fokussierte Ansätze wie globale Rahmenabkommen an Bedeutung. Auch normative internationale Regelwerken wie beispielsweise die der ILO (Kernarbeitsnormen) oder der OECD (Richtlinien für multinationale Unternehmen) haben an Bedeutung gewonnen, während die Bedeutung „harter“, also gesetzlicher Regulierung, abgenommen hat.

Ein zentraler Kritikpunkt an den entstandenen komplexen Regulierungsstrukturen ist der Fokus auf „weichen“ Regulierungen, die keinen rechtlich bindenden Charakter haben. Eine neuere Entwicklung sind sogenannte Lieferkettenregelungen oder Due Diligence Laws, mit denen Unternehmen auf die Einhaltung menschen- und arbeitsrechtlicher sowie ökologischer Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten verpflichtet werden. Solche Gesetze gibt es bereits in einigen europäischen Ländern, u.a. im Vereinigten Königreich, Frankreich, Niederlande, Deutschland und Norwegen und auf EU-Ebene wird derzeit ein Vorschlag diskutiert. Bereits 2015 wurde eine der ersten Regelungen dieser Art in Kalifornien erlassen. Auch in Österreich kampagnisiert ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlicher Organisationen für ein nationales Lieferkettengesetz.

Im Seminar werden die Studierenden mit Hintergründen, Entstehungsgeschichten, konkreten Inhalten und Unterschieden der existierenden und diskutierten Lieferkettenregelungen sowie der Kampagnenarbeit zu diesen Regelungen vertraut gemacht. Studierende sollen die Regelungen in inhaltlicher Hinsicht kennenlernen und in Hinblick auf deren entwicklungspolitisch relevanten Aspekte, Möglichkeiten und Probleme einschätzen sowie mit anderen Ansätzen zur Regulierung von Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten in globalen Warenketten vergleichen. Es geht dabei um u.a. folgende Themen: Bedeutung von Anforderungen zu Sorgfaltspflichten an Unternehmen in Zusammenhang mit deren internationaler Geschäftstätigkeit, Geltendmachung und Durchsetzungsmöglichkeiten von Sorgfaltspflichten und Schadenersatz gegen Unternehmen, Unterschied und Abgrenzung zu CSR und anderen „weichen“ Regulierungen, die Rolle der Staaten und von zivilgesellschaftlichen Akteuren und Widerstandsgruppen und deren Kampagnenarbeit im Globalen Norden und Süden. Diese Punkte werden anhand konkreter Regelungen und Fällen gemeinsam und in Kleingruppen erarbeitet.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Das Seminar findet in Präsenz statt und es wird erwartet, dass Studierende an den Terminen in Präsenz teilnehmen. Aber Entwicklung bezüglich Covid-19 können Änderung hin zu online oder hybriden Formaten notwendig machen. Die erste Einheit findet in Präsenz statt. Etwaige kurzfristige Änderungen werden auf u:find und Moodle und über E-Mail (Moodle) ausgeschickt.

Das Seminar besteht aus zwei Teilen. Im ersten wird im Rahmen von drei Doppeleinheiten (1) ein Überblick über globale Warenketten und deren menschen-, arbeits- und umweltrechtlichen Probleme und unterschiedliche Regulierungsansätze (1. Einheit), (2) über Kampagnenarbeit zu Lieferkettengesetzen und Einschätzungen aus NGO und entwicklungspolitischer Perspektive (2. Einheit) und (3) über Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Möglichkeiten und Probleme von unterschiedlichen Lieferkettenregelungen aus rechtlicher und entwicklungspolitischer Perspektive (3. Einheit) gegeben.

Im zweiten Teil werden Kleingruppen von Studierenden zu speziellen Themen (v.a. zu unterschieleichen Lieferkettenregelungen (Deutschland, Niederlande, UK, Frankreich, EU, etc.), Kampagnen und ausgewählten Fällen) arbeiten und eine Präsentation und Seminararbeit zu diesem Thema ausarbeiten. Hierzu gibt es zwei Termine für Treffen, um den Fortschritt, Probleme, Lösungen und das weitere Vorgehen gemeinsam im Seminar und in den Kleingruppen zu besprechen (4. und 5. Termin) sowie einen längeren Abschlusstermin, wobei die Gruppenarbeiten präsentiert, kommentiert, diskutiert und das ganze Seminar reflektiert sowie politische Empfehlungen ausgearbeitet werden (6. Termin an zwei aufeinanderfolgenden Tagen).

Studierende müssen vor jeder der drei ersten Einheiten Texte lesen und vorbereiten. Pro Text sind 3 zentrale Fragen vorzubereiten als Basis für Diskussionen in den Einheiten.

Studierende wählen und bearbeiten ein Thema in einer Kleingruppe und arbeiten dazu ein Kurzexposé sowie eine Draft-Präsentation aus als Basis für Diskussionen in der 4. und 5. Einheit respektive.

In der Abschlusseinheit präsentieren die Kleingruppen ihr Thema. Eine Gruppe kommentiert jeweils die Präsentation einer anderen Gruppe.

Ende Februar ist eine Seminararbeit abzugehen; die Länge ist abhängig von der Größe der Gruppe.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

- Lesen der angegebenen Texte vor jeder der drei ersten Einheiten (Einzelarbeit). Achtung: Es müssen schon vor der ersten Einheit Texte gelesen und vorbereitet werden (siehe unten)!
- Vorbereitung und Hochladen (auf Moodle) von 3 zentralen Fragen pro Text, vor jeder der drei ersten Einheiten (Einzelarbeit).
- Ausarbeitung und Hochladen (auf Moodle) eines Kurzexposés (3 Seiten) pro Gruppe als Basis für die Präsentation und Seminararbeit, bis 9.11, 14.00, vor der 4. Einheit (Gruppenarbeit).
- Ausarbeitung und Hochladen (auf Moodle) einer Draft-Präsentation, bis 23.22, 14.00, vor der 5. Einheit (Gruppenarbeit).
- Halten der Präsentation in der 6. Einheit (Gruppenarbeit).
- Kommentieren einer anderen Präsentation in der 6. Einheit (Gruppenarbeit).
- Schreiben der Seminararbeit, Länge abhängig von der Größe der Gruppe (12pt, 1 ½ Zeilenabstand), bis 28.2.2023 (Gruppenarbeit).
- Reguläre und aktive Teilnahme am Seminar.

Prüfungsstoff

Literatur

Der Zugang zur gesamten Literatur, inklusive freiwillig zu lesender Hintergrundliteratur, wird über Moodle zur Verfügung gestellt und in der ersten Einheit besprochen.

Achtung: Diese Texte sind vor der ersten Einheit zu lesen und sind auf Moodle verfügbar:

Schüßler, Elke (2021): Kapitel 7: Transnationale Regulierung von Arbeit in globalen Güterketten, In: Fischer, Karin/Reiner, Christian/Staritz, Cornelia (Hg.) Globale Warenkette und ungleiche Entwicklung, Mandelbaum Verlag.

Fischer, Karin, Reiner, Christian, Staritz, Cornelia (2022): Ein Lieferkettengesetz für Österreich: Lehren von benachbarten Initiativen
https://awblog.at/ein-lieferkettengesetz-fuer-oesterreich/

Wenn möglich auch:
Krajewski, Markus, Tonstad, Kristel, Wohltmann, Franziska (2021): Mandatory Human Rights Due Diligence in Germany and Norway: Stepping, or Striding, in the Same Direction?, Developments in the Field, Business and Human Rights Journal.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

VM6 / VM2

Letzte Änderung: Mo 26.09.2022 12:49