Universität Wien

240049 PS Individuelle Schwerpunktsetzung - prüfungsimmament (4 ECTS) (2018S)

Reformprojekt, Krise, Widerstand - Geschlechterverhältnisse im Wien der Jahre 1918-1938. Vom Roten Wien über die Entstehung des Austrofaschismus bis zu den Frauen im antifaschistischen Widerstand Wiens

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Freitag 09.03. 09:30 - 11:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Freitag 16.03. 09:30 - 11:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Freitag 23.03. 09:30 - 11:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Freitag 20.04. 09:30 - 11:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Freitag 08.06. 09:00 - 16:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Samstag 09.06. 09:00 - 16:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Freitag 15.06. 09:00 - 16:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Freitag 22.06. 09:30 - 11:00 Seminarraum SG3 Gender-Studies, Sensengasse 3, Bauteil 1

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Reformprojekt, Krise, Widerstand – Geschlechterverhältnisse im Wien der Jahre 1918 bis 1938. Vom Roten Wien, über die Entstehung des Austrofaschismus bis zu den Frauen im antifaschistischen Widerstand Wiens.

2018 jährt sich etwa die Gründung der Ersten Republik zum 100. Mal – 1918 markiert aber auch den Start des Reformprojektes des „Roten Wiens“ (1918/19 – 1933/34). Das kommunalpolitische Experiment war durch eine Vielfalt an geschlechterpolitischen Entwicklungen im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich gekennzeichnet – international bekannt geworden sind vor allem die Wohnbauprojekte des Rotens Wiens. Frauen spielten auf allen Ebenen, sei es in der Politik, im Bildungs- und Gesundheitswesen, in der Kultur, in der Architektur, in der Kunst, im Sport oder in der Wissenschaft, des Roten Wiens eine wichtige Rolle. Bürgerliche und proletarische Frauenbewegungen waren in zahlreiche Projekte eingebunden – und dennoch schrieben sich auch ungleiche Geschlechterverhältnisse in einigen Bereichen des Wiener Alltages fort. Die Lehrveranstaltung widmet sich der Forschung zum Roten Wien aus einer frauen- und geschlechterhistorischen Perspektive und fragt nach Handlungsräumen von Frauen, nach den Geschlechterverhältnissen und Strukturen sowie nach konkreten Akteurinnen (Gender and Agency) des Roten Wien. Im Gedenkjahr 2018 jährt sich aber au das Ende der parlamentarischen Demokratie 1933 in Österreich und die Etablierung des Austrofaschismus zum 85. Mal – mit dem auch das Reformprojekt des Roten Wiens ein jähes Ende fand. Das kommunalpolitische Projekt war der christlich-sozialen Regierung schon lange ein Dorn im Auge – nicht nur weil es sich gegen den Austeritätskurs auf Bundesebene stellte. Wien wurde in den Monaten zwischen März 1933 und Februar 1934 wiederholt zum ideologischen und tatsächlichen Kampfplatz um die Entwicklung der österreichischen Gesellschaft. Die Frage nach der Zunahme autoritärer Tendenzen im Zusammenhang mit ökonomischen, sozialen und/oder politischen Krisen gewinnt vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen erneut an Relevanz. Die Etablierung des austrofaschistischen Regimes 1933/1934 bedeutete die Rücknahme frauenpolitischer Errungenschaften der Ersten Republik und insbesondere des Roten Wiens, denn die Politik des Austrofaschismus zeichnete sich durch Rekatholisierung, Remaskulinisierung und Diskriminierung von Frauen aus. Das autoritäre Regime hob die im Bundesverfassungsgesetz festgeschriebene staatsbürgerliche Gleichberechtigung auf. Katholische Kirche und Regierung lehnten die Modernisierung der Geschlechterverhältnisse und damit der Geschlechterdifferenz als "widernatürlich" und nicht gottgewollt ab. Die politischen Eliten strebten danach, die exklusiven Männerzirkel der Vorkriegszeit wieder herzustellen. Auch, wenn die Bilder und Erzählungen von Schutzbündlern, Kommunisten und Sozialdemokraten als Protagonisten und Träger des Widerstandes lange Zeit dominant waren ist heute klar: Frauen haben einen zentralen Beitrag zum Widerstand gegen den Austrofaschismus geleistet. Während die Strukturen des Widerstandes gemeinsam in der Lehrveranstaltung erarbeitet werden, sollen die Studierenden selbstständig nach den Spuren der Wienerinnen im Widerstand gegen den Austrofaschismus forschen.
Zentrale Fragen der Lehrveranstaltung sind: – Welche Einblicke können mit einem geschlechterhistorischen Zugang auf die zentralen Reformen des Roten Wiens gewonnen werden? Welche gesellschaftlichen Vorstellungen schreiben sich in der Architektur ein? – Welche Diskussionen führten die damaligen Akteurinnen (Politikerinnen, Wissenschaftlerinnen, Arbeiterinnen…) über alternative Formen des Wohnens und der Organisation der Reproduktionsarbeit? – Welche Auswirkungen hatten die Krise 1929ff. und die Politiken in der Krise auf Frauen? – Welche Brüche und Kontinuitäten in Bezug auf Geschlechterverhältnisse oder Handlungsräume von Frauen sind nach dem Februar 1934 auszumachen?

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Lektüre der Basistexte, fristgerechte Abgabe der schriftlichen Übungsaufgaben, in der Gruppe: Führung durch einen Wiener Gemeindebezirk anhand der gestellten Kriterien und Erstellung eines Handouts für alle ODER Präsentation eines Konferenzbeitrages, Abgabe einer Seminararbeit (entweder in Form eines „Bezirksführers“ oder in klassischer Form), Mitarbeit in den Einheiten, Anwesenheit

Zusätzlich kann es zu einem Gespräch über die Seminararbeit kommen.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Ein positiver Abschluss des Seminars ist nur durch die Abgabe der Abschlussarbeit UND einer Führung in der Gruppe ODER des Konferenzbeitrages möglich. 30 Prozent der Note ergeben sich aus der Führung/des Konferenzsbeitrages und dem Handout, 40 Prozent aus der Seminararbeit, 30 aus Übungsaufgaben und Mitarbeit.

Prüfungsstoff

Lernziele
Die Studierenden sollen einen Überblick über Themen der Frauen- und Geschlechterforschung der Zwischenkriegszeit in Österreich mit Fokus auf das „Rote Wien“, die Durchsetzung des Austrofaschismus und des Widerstandes von Frauen gegen den Austrofaschismus und Nationalsozialismus erlangen. Darüber hinaus sollen die Studierenden einen Einblick in das Arbeiten mit Archiv- und Quellenmaterial bekommen, dass ihnen (je nach Studienfortschritt)zur Verfügung gestellt wird. Über die Präsentation im Rahmen der „Konferenz“ erhalten die Studierenden Einblick in das Format der wissenschaftlichen Konferenz sowie Übung im Moderieren und Präsentieren.

Literatur

Bei, Neda (2012): „Austrofaschistische Geschlechterpolitik durch Recht: Die „Doppelverdienerordnung““, in: Reiter-Zatloukal et al. (2012, Hrsg.innen): Österreich 1933-1938. Interdisziplinäre Annäherungen an das Dollfuß-Schuschnigg-Regime; Wien/ Köln, S.197-206. Blau, Eve (1999): The Architecture of Red Vienna; Massachusetts. Duma, Veronika/Lichtenberger, Hanna (2014): Geschlechterverhältnisse im Widerstand: Revolutionäre Sozialistinnen im Februar 1934; in: Maier, Michaela (2014): Abgesang der Demokratie; Wien, S. 55-83. Etzemüller, Thomas (2009): Die Ordnung der Moderne. Social Engineering im 20. Jahrhundert; Bielefeld. Exenberger, Herbert (2000): Als stünd’ die Welt in Flammen. Eine Anthologie ermordeter sozialistischer Schriftstellerinnen; Wien. Frei, Georg Alfred (1984): Austromarxismus und Arbeiterkultur. Sozialdemokratische Wohnungs- und Kommunalpolitik 1919 – 1934; Berlin. Gehmacher, Johanna/ Mesner, Maria (2003): Frauen- und Geschlechtergeschichte. Positionen/Perspektiven. Querschnitte, Bd. 14; Innsbruck/Wien/München/Bozen. Gehmacher, Johanna/ Vittorelli, Natascha (2009): Wie Frauenbewegung geschrieben wird, Wien. Griesebner, Andrea (2003): Geschlecht als soziale und als analytische Kategorie. Debatten Frauen- und Geschlechtergeschichte. Positionen/Perspektiven; Querschnitte, Bd. 14. Innsbruck/Wien/München/Bozen, S. 3752. Griesebner, Andrea (2005): Feministische Geschichtswissenschaft. Eine Einführung; Wien. Gruber, Helmut (1991): Red Vienna. Experiment in Working Class Culture 1919-1934; Oxford. Gruber, Helmut (1998): The „New Women“: Realities and Illusions of Gender Equality in Red Vienna; in: Gruber, Helmut/Graves, Pamela (1998): Socialism and Women. Europe between the two world wars; Oxford, S. 65-69. Hauch, Gabriella/Gehmacher, Johanna (Hrsg.innen; 2008): „Auto/Biographie, Gewalt und Geschlecht“; Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 19/2008 (2). Hauch, Gabriella (2009): Frauen bewegen Politik. Österreich 1848-1939; Innsbruck/Wien/München/Bozen. Hauch, Gabriella (2012): „Vom Androzentrismus in der Geschichtsschreibung. Geschlecht und Politik im autoritären christlichen Ständestaat/‚Austrofaschismus‘ (1933/34–1938)“; in: Dreidemy, Lucile/Wenninger, Florian (Hrsg.in): Das Dollfuß/Schuschnigg-Regime 1933–1938. Vermessungen eines Forschungsfeldes; Wien. Helfert, Veronika (2010): Geschlecht. Schreiben. Politik. Frauentagebücher im Februar 1934; Diplomarbeit an der Universität Wien; Wien. Horak, Roman et al. (2000): Metropole Wien. Texturen der Moderne. Band 2; Wien. Korotin, Ilse/Zwiauer, Charlotte (Hrsg.innen; 2004): Die Revolutionierung des Alltags. Zur intellektuellen Kultur von Frauen im Wien der Zwischenkriegszeit; Frankfurt/Main. Lehmann, Brigitte (2008): Dass die Frau zur Frau erzogen wird. Frauenpolitik und Ständestaat; Wien. Leichsenring, Jana (Hrsg.in; 2003): Frauen und Widerstand; Münster. Leichter, Käthe (1933): Zurück ins Haus? Hinein in die Zwangsarbeit! Frauenarbeit im faschistischen System; Wien. Mattl, Siegfried (2000): Wien im 20. Jahrhundert; Wien. Mesner, Maria (2010): Geburten/Kontrolle.Reproduktionspolitik im 20. Jahrhundert; Wien/Köln. Niederkofler, Heidi/ Mesner, Maria/ Zechner, Johanna (2011): Frauentag!: Erfindung und Karriere einer Tradition; Wien. Nusko, Karin, „Frauen im Widerstand gegen den Austrofaschismus – eine biografische Aufarbeitung“, in: Reiter-Zatloukal et al. (Hrsg.innen): Österreich 1933-1938. Interdisziplinäre Annäherungen an das DollfußSchuschnigg-Regime; Wien/Köln/Weimar, S. 207-219. Richter, Isabel (2000): „Entwürfe des Widerstehens. Männer und Frauen aus dem linken Widerstand in Verhören der Gestapo (1934-1939)“; in: WerkstattGeschichte 9 (2000) 26; S. 47-70. Schmale, Wolfgang (2003): Geschichte der Männlichkeit in Europa (1450-2000); Wien/Köln/Weimar. Weihsmann, Helmut (2001): Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934; Wien.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:39