Universität Wien

240064 VO Schwerpunktvorlesung: Bildung und ungleiche Entwicklung (2020W)

Globale Konvergenzen & Divergenzen in der Bildungswelt

BDG

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

Sprache: Deutsch

Prüfungstermine

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Die Universität Wien versteht sich weiterhin als Präsenzuniversität und will ihren Studierenden den direkten Austausch mit Lehrenden und Peers ermöglichen. Deshalb wurde auch diese LV zumindest im Oktober als Präsenzlehrveranstaltung abgehalten. Mit dem neuerlichen Lock Down ab 3.11.2020 ist es wieder vorbei damit. Die RV findet ab 9.11. für die nächste Zeit ausschließlich virtuell (über Collaborate) statt.

Wir hoffen auf baldige Wiederaufnahme der Präsenzlehre. Laut den zuletzt gültigen Regelungen erlaubt der Raum max. 42 Studierenden, der RV vor Ort zu folgen. Im Moodle zur LV würde eine Anmeldemöglichkeit für die jeweils nächste Woche eingerichtet. Die Teilnahme vor Ort wäre nur nach einer solchen Anmeldung möglich.

Bitte beachten Sie allfällige weitere Veränderungen der Regelung!

  • Montag 05.10. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 12.10. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 19.10. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 09.11. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 16.11. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 23.11. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 30.11. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 07.12. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 14.12. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 11.01. 15:00 - 16:30 Digital
  • Montag 18.01. 15:00 - 16:30 Digital

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Bildung ist einer der zentralen Leitbegriffe der aufklärerischen Moderne, und doch bleibt der Begriff ähnlich vage und ungreifbar wie Entwicklung, Kultur, Demokratie oder andere Leitkonzepte, mit denen ein kollektiver Aufbruch in ein besseres Zeitalter versprochen wurde. In der Diskussion um Internationale Entwicklung nach 1945 lassen sich zwei optimistische Ankündigungsdiskurse unterscheiden:

• Der Bildungsoptimismus der Modernisierungstheorien, die in Bildung einen der Schlüssel für gesellschaftlichen Fortschritt auf allen Ebenen sahen;
• Das Versprechen, einer "anderen" Bildung, die nicht den Interessen der Herrschenden diene, sondern unterdrückte Stimmen hörbar mache, Marginalisierte ans Zentrum heranrücke und die Dichotomie von Wissenden und Unwissenden kritisch hinterfrage (u.a. Gramsci, Freire);
• Ein dritter Diskursstrang erlangte nie derartiges politischer Gewicht: Die Theorien und Experimente der alternativen Pädagogik (u.a. Montessori, Illich).

Was blieb von diesen zwei bzw. drei Bildungsparadigmen in der Zeit nach 1989? Der Mainstream der internationalen Entwicklungsdiskussion konvergierte in diesen Jahren in den Zielbestimmungen im Rahmen der Millennium Development Goals (MDG), die als zweites Ziel die Primarschulbildung aller Kinder bis 2015 ins Auge fasste. Den MDG voran ging die Education for All-Initiative; ihnen folgte das Ziel 4 in den Sustainable Development Goals. Diesen internationalen Prozessen ist die Überzeugung gemeinsam, dass Bildung Entwicklung befördert, wirksam ist, Armut und Ungleichheit zu überwinden.

Im letzten Jahrzehnt ist auch ein anderer Diskurs wirkmächtig geworden, der nun von den wohlhabenden Staaten der OECD getragen wird: Die PISA-Studien erheben weltweit Zahlen und Fakten zur Lage der Bildung in den OECD-Staaten, um diese in einen Vergleich zu bringen. Dahinter steht die Maxime, dass ein besserer Ausbildungsstand der Bevölkerung für die Stellung im globalen Wettbewerb von Vorteil ist. In weiterer Folge wurde viel Energie in die Erarbeitung von Instrumenten zur Standardisierung und weiteren Vergleichbarkeit von Bildung investiert. Haben wir es hier mit einer globalen Konvergenz dieses einstmals so heterogenen Gutes Bildung zu tun?

Neben Konvergenzprozessen lassen sich auf internationaler Ebene aber auch Divergenzprozesse beobachten: Was bedeutet der Aufstieg der BRICS-Staaten für Bildung und die internationalen Debatten um Curricula und Standardisierung? Werden diese bestätigt oder haben wir es mit einem dialektischen Widerspruch zu tun?

In diesem Zusammenhang sind insbesondere jene Initiativen von Interesse, bei denen in Ländern der Peripherie versucht wurde, einen eigenständigen Weg der Bildungspolitik zu beschreiten. Im Rahmen der ALBA-TCP wurde auch der interregionalen Bildungszusammenarbeit breite Aufmerksamkeit zuteil. Mit Unterstützung Kubas und Venezuelas (vor der Krise) wurde in einer Reihe lateinamerikanischer Länder die Alphabetisierungskampagne "Yo sí puedo!" gestartet; Länder auf anderen Kontinenten folgten, sodass seit Start der Kampagne die Methode in 30 Ländern eingesetzt wurde und dort 3,5 Millionen Menschen alphabetisiert wurden. Ist diese und ähnliche Initiativen Zugängen der kritischen Theorie der Pädagogik geschuldet?

Ziele:
Die Lehrveranstaltung möchte zum einen Einblick in die aktuelle internationale Debatte zu Bildung & Entwicklung geben. Zum zweiten aber soll einerseits diskutiert werden, inwiefern wir es hier mit globalen Prozessen der Konvergenz oder der Divergenz zu tun haben. Drittens wird gefragt, welche Rolle alternative Ansätze in der Bildungswelt heute spielen.

Methoden:
In dieser Ringvorlesung referieren WissenschafterInnen aus verschiedenen Disziplinen zu ihren jeweiligen Schwerpunkten im Rahmen des Themas. Es handelt sich um eine im besten Sinn interdisziplinäre Lehrveranstaltung.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Der Leistungsnachweis erfolgt in Form einer schriftlichen Prüfung am Ende des Semesters bzw. zu den weiteren Prüfungsterminen.

Die Prüfung besteht aus zwei Teilen:

1. Kurze Prüfung zu den Inhalten der Ringvorlesung; wird als "open book"-Test abgehalten. Unter Open-Book-Prüfungen versteht man Prüfungen, bei denen die Prüflinge Materialien wie Bücher und Aufzeichnungen in der Prüfungssituation verwenden dürfen. Nicht erlaubt sind hingegen jegliche elektronischen Geräte. Open-Book-Prüfungen zielen damit auf das Prüfen von Synthese- bzw. Transferleistungen ab. Prüflinge sollen das bereits Gelernte auf einen bestimmten Fall anwenden.

2. Bericht von einer bildungspolitischen Veranstaltung oder einem der RV-Termin oder Rezension eines bildungspolitisch relevanten Buches (von mind. 120 Seiten), 5.000 bis 6.000 Zeichen inkl. Leerzeichen. Wenn die Qualität des Artikels passt, dann wird nach Rücksprache mit dem/der AutorIn der Bericht auf der Website des Freire Zentrums online gestellt.

Bitte dabei die universitätsüblichen Formatierungen beachten (Name und Matr.Nr. angeben, 1,5zeiliger Text von 12 Punkt-Schrift).

Vorschläge für Veranstaltungen, über die berichtet werden kann, sowie von Büchern, die rezensiert werden können, werden im Moodle zur LV nach und nach bereitgestellt.

Teil 2 wird zu den Prüfungsterminen gemeinsam mit Teil 1 abgegeben.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Ihr Essay wird mit max. 20 Punkten bewertet. Der 2. Teil der Prüfung (selbständige kurze Textarbeit) wird mit 20 Punkten bewertet. Die Prüfung ist ab 20 (von 40 möglichen) Punkten positiv.

Prüfungsstoff

Grundlage für die Prüfung sind zum einen die Vorträge, zum anderen der HSK-IE-Band 34 "Bildung und ungleiche Entwicklung" sowie der Artikel von M. Langthaler, „Bildung und Gegenhegemonie in peripheren Transformationsprozessen: Das Beispiel der bolivarianischen Bildungspolitik in Venezuela“ (JEP XXXVI (2) 2020). Der Text kann online hier eingesehen/erworben werden: https://www.mattersburgerkreis.at/site/de/shop/jepartikel/shop.item/1953.html

Allfällige weitere prüfungsrelevante Literatur wird in der LV bzw. über Moodle bekannt gegeben.

Literatur

Weiterführende Literatur:

Bourdieu, Pierre/Passeron, Jean-Claude (1964): Les héritiers: les étudiants et la culture, Les Éditions de Minuit, Reihe. „Grands documents“ Nr. 18, Paris 1964. Deutsche Teilübersetzung: Die Illusion der Chancengleichheit. Untersuchungen zur Soziologie des Bildungswesens am Beispiel Frankreichs, übersetzt von Barbara und Robert Picht, bearbeitet von Irmgard Hartig, Klett, Stuttgart 1971.

Erler, Ingolf (Hg., 2007): Keine Chance für Lisa Simpson? Soziale Ungleichheit im Bildungssystem. Wien: Mandelbaum.

Erler, Ingolf/Laimbauer, Viktoria/Sertl, Michael (Hg., 2001): Wie Bourdieu in die Schule kommt. Analysen zu Ungleichheit und Herrschaft im Bildungswesen. Innsbruck: Studienverlag (=schulheft 142/2001).

Faschingeder, Gerald / Kolland, Franz (Hg.): Bildung und Entwicklung. Globale Konvergenzen & Divergenzen in der Bildungswelt. Wien: nap 2015.

Freire, Paulo (1971): Pädagogik der Unterdrückten. Bildung als Praxis der Freiheit. Vom Verfasser autorisierte deutsche Übertragung von Werner Simpfendörfer. Stuttgart: Kreuz-Verlag [später: Reinbeck/Hamburg: Rowohlt, 1973].

Illich, Ivan (2003 [1971]): Entschulung der Gesellschaft. München: C.H. Beck.

Krüger, Heinz-Hermann/Rabe-Kleberg, Ursula/Kramer, Rolf-Torsten/Budde, Juergen (Hg.): Bildungsungleichheit revisited: Bildung und soziale Ungleichheit vom Kindergarten bis zur Hochschule. VS: Wiesbaden 2011

Österreichische HochschülerInnenschaft, Paulo Freire Zentrum (Hg., 2005) ; Gerald Faschingeder gem. mit Bernhard Leubolt, Pia Lichtblau, Oliver Prausmüller, Johannes Schimmerl, Angelika Striedinger. Hg. (2005): Ökonomisierung der Bildung. Tendenzen, Strategien, Alternativen. (= Gesellschaft, Entwicklung, Politik; Bd. 5). Mandelbaum; Edition Südwind: Wien.

Weitere Literatur wird zu jedem Termin von den jeweiligen Vortragenden genannt.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

IE: VM1 bis VM8, Schwerpunkt Bildung

Letzte Änderung: Fr 12.05.2023 00:20