Universität Wien

240089 SE VM5 / VM6 - Frantz Fanon: Kolonialismus, Befreiungstheorien und Emanzipationsbewegungen (2018W)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Mittwoch 10.10. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 17.10. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 24.10. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 31.10. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 07.11. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 14.11. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 21.11. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 28.11. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 05.12. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 12.12. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 09.01. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 16.01. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 23.01. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1
  • Mittwoch 30.01. 11:00 - 13:00 Seminarraum SG2 Internationale Entwicklung, Sensengasse 3, Bauteil 1

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

SE VM5 / VM6
‘Verlassen wir dieses Europa, das nicht aufhört, vom Menschen zu reden, und ihn dabei niedermetzelt, wo es ihn trifft, an allen Ecken seiner eigenen Straßen, an allen Ecken der Welt. Ganze Jahrhunderte hat Europa nun schon den Fortschritt bei anderen Menschen aufgehalten und sie für seine Zwecke und seinen Ruhm unterjocht; ganze Jahrhunderte hat es im Namen seines angeblichen ‚geistigen Abenteuers‘ fast die ganze Menschheit erstickt.... Also, meine Kampfgefährten, zahlen wir Europa nicht Tribut, in dem wir Staaten, Institutionen und Gesellschaften gründen, die von ihm inspiriert sind.’
Frantz Fanon 1961, Die Verdammten dieser Erde

Mit diesen Worten avancierte der Autor in den 1960er Jahren zu einem der meist zitierten Theoretikern des Antikolonialismus in der Dritten Welt. Der Titel seines Buches stammt aus der Internationale: Wacht auf, Verdammte dieser Erden. Wirklich berühmt wurde jedoch die Publikation ‘Die Verdammten dieser Erde’ dank des vom französischen Philosophen Jean-Paul Sartre verfassten Vorworts. Frantz Fanon (1925-1961), geboren auf Martinique, studierte nach Kriegsende Medizin in Lyon, bevor er sich auf Psychiatrie spezialisierte.
Angesichts der Tatsache, dass Fanon nicht in Afrika, sondern in den Antillen auf die Welt kam bzw. der Vielfalt der Themenbereiche [Kolonialismus, Unterdrückung, Rassismus, Assimilation und Entfremdung, Befreiung], mit denen er sich befasste, hat sich der Fanonismus zu einer Emanzipationstheorie entwickelt, deren Aktions- und Rezeptionsradius sich über drei Kontinente [Afrika, Europa, Amerika] erstreckte.
Fanon war grundsätzlich der Ansicht, dass die ‘Schwarzen’ nicht gezwungen waren, sich mit der kolonialen Situation abzufinden. Überdies setzte er voraus, dass die Option auf Desalienation, das heißt, auf eine revolutionäre Beendigung des Entfremdungsprozesses, prinzipiell im Kolonialsystem begründet war. Fanon definiert den Kolonialismus als Herrschaftsmoment, in dem der Kolonisierte einer permanenten sozialen Gewalt ausgesetzt und zugleich in ein Befreiungsszenario gedrängt wird. Dementsprechend sollte jeder dominierte Mensch eine militante Haltung einnehmen, damit er seine Würde und Identität wiederherstellen kann. Laut Fanon müssen sich alle ‘Schwarzen’, die unter einem Entfremdungssyndrom leiden, ihre geistigen Fähigkeiten zurückholen bzw. sich in die Lage versetzen, eigene autonome Wertesysteme zu gestalten, welche wiederum eine Emanzipation von den universellen Normen der westlichen Welt voraussetzen.

Ein Seminar über die Grundsätze des ‘Fanonismus’ hat die Aufgabe, die politische Brisanz sowie Defizite dieser emanzipatorischen Theorie zu beleuchten. Zudem sollen Studenten der Historisch- und Kulturwissenschaften wie auch der Human- und Sozialwissenschaften die Möglichkeit erhalten, sich mit diesen heute vernachlässigten afrikanischen bzw. ‘schwarzen’ Befreiungsideen auseinanderzusetzen. Dies ist umso gewichtiger, wenn wir die aktuelle internationale Konstellation oder die machtpolitischen Strukturen der Globalisierung und insbesondere die Tatsache, dass der Unabhängigkeitsprozess in den einstigen Kolonien noch nicht abgeschlossen ist, in Betracht ziehen. Die quasi unverminderten Abhängigkeitsverhältnisse zwischen afrikanischen Staaten und den ehemaligen Kolonialmächten wie Frankreich oder England, sowie die hegemoniale Politik der USA bzw. Expansion Chinas zeigen die Aktualität emanzipatorischer Grundgedanken. Die Lehrveranstaltung soll Anhaltspunkte zur Untersuchung des Einflusses der Herrschaftsmechanismen des französischen Kolonialsystems auf die Entstehung von Fanons Befreiungstheorie und die gleichzeitige Entfaltung verschiedener Richtungen innerhalb der Emanzipationsbestrebungen darstellen.
Am Beispiel von historischen Quellen und Werken wird der Versuch unternommen, durch Übungen Themen zu finden, Fragestellungen zu formulieren, eigene These aufzustellen, vorhandene Theorien zu analysieren und deuten, historische Zusammenhänge herzustellen.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Voraussetzungen für einen positive Abschluss: regelmäßige und aktive Teilnahme, Referat Halten, Verfassung einer Seminararbeit.

Prüfungsstoff

Literatur

Frantz Fanon. In: Felix Wemheuer: Linke und Gewalt. Pazifismus, Tyrannenmord und Befreiungskampf. Promedia, Wien 2014, S. 113123
David Caute: Frantz Fanon (‘Fanon’, 1970). Dtv, München 1970 (Moderne Theoretiker)
Alice Cherki: Frantz Fanon. Ein Porträt (‘Frantz Fanon’, 2000). Edition Nautilus, Hamburg 2002
Peter Geismar: Fanon. Dial Press, New York 1971
Pramod Nayar: Frantz Fanon. Routledge, London 2013
Erik M. Vogt: Jean-Paul Sartre und Frantz Fanon. Antirassismus Antikolonialismus Politiken der Emanzipation. Turia + Kant, Wien / Berlin 2012
Udo Wolter: Das obskure Subjekt der Begierde. Frantz Fanon und die Fallstricke des Subjekts der Befreiung. Unrast, München 2001
Renate Zahar: Kolonialismus und Entfremdung. Zur politischen Theorie Frantz Fanons. EVA, Frankfurt/M. 1974
Peter Hudis: Frantz Fanon: philosopher of the barricades, London: Pluto Press, 2015
Fanon, Frantz: Die Verdammten dieser Erde [Vorwort von Jean-Paul Sartre], Frankfurt am Main 1981
Fanon, Frantz: Schwarze Haut, weiße Masken, Syndikat Verlag, Frankfurt am Main 1980.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte [Band 12], Frankfurt am Main 1986
Melber, Henning: Der Weißheit letzter Schluß. Rassismus und kolonialer Blick, Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt am Main 1992.
Moneta, Jakob: Die Kolonialpolitik der Französischen KP, Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, Hannover 1968
Paz, Octavio: Der menschenfreundliche Menschenfresser. Geschichte und Politik 1971-1980, Frankfurt am Main 1981
Said, Edward: Kultur und Imperialismus: Einbildungskraft und Politik im Zeitalter der Macht, Frankfurt am Main 1994.
Said, Edward: Orientalismus, Frankfurt am Main 1981
Sarr, Amadou Lamine: Lamine Senghor (1889-1927). Das Andere des senegalesischen Nationalismus, Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2011
Sarr, Amadou Lamine: Sklaverei und Sklavenhandel aus afrikanischer Sicht. In: Sauer, Walter (Hg.): Vom Paradies zum Krisenkontinent. Afrika, Österreich und Europa in der Neuzeit, Wien 2010.
Wallerstein, Immanuel: Die Barbarei der anderen. Europäischer Universalismus, Berlin 2007
Amin, Samir: La Déconnexion. Pour sortir du système mondial, Paris 1986
Balibar, Etienne / Wallerstein, Immanuel: Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten, Hamburg/Berlin 1990.
Césaire, Aimé: Über den Kolonialismus, Berlin 1968
Césaire, Aimé: Zurück ins Land der Geburt, Frankfurt am Main 1967

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

VM5 / VM6

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:39