Universität Wien

240096 SE Seminar Individuelle Schwerpunktsetzung II (2023S)

Queer (in) Form: die Untersuchung von Un_Sichtbarkeit durch Theorie und Kunstproduktion

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Für diese Lehrveranstaltung ist ausnahmslos eine Anmeldung während der Anmeldephase notwendig. Ein Nichterscheinen in der ersten Einheit führt automatisch zur Abmeldung von der Lehrveranstaltung.

MA Gender Studies (Version 2013):
PM Themenfelder - SE Schwerpunktthema / SE Themenfelder
PM Individuelle Schwerpunktsetzung

MA Gender Studies (Version 2020):
PM3: Seminar Individuelle Schwerpunktsetzung II

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine

Freitag 10.3.23 13:30-16:30
Freitag 17.3.23 13:30-16:30
Freitag 24.3.23 13:30-16:30
Freitag 31.3.23 13:30-16:30
Freitag 21.4.23 13:30-16:30
Freitag 28.4.23 13:30-16:30
Freitag 05.5.23 13:30-16:30
Freitag 16.6.23 13:30-16:30

Ort: Keramik Studio, Universität für Angewandte Kunst Wien, Oskar-Kokoschka-Platz 2, 1010 Wien


Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Diese Lehrveranstaltung ist eine Kooperation zwischen dem MA Gender Studies, dem FWF-Projekt "Magic Closet and the Dream Machine" (Inst. für Anglistik, Uni Wien) und dem Keramikstudio der Universität für angewandte Kunst Wien. Die Studierenden dieses Kurses werden sich durch theoretische Diskussionen und künstlerische Praktiken mit dem Thema Un_Sichtbarkeit auseinandersetzen.

Sichtbarkeit hat einen wichtigen Platz in queer-feministischen, rassenkritischen und behindertenpolitischen Politiken. Sichtbarkeit wird als notwendig angesehen, um soziale Anerkennung und Gleichheit zu erlangen. Praktiken der Unsichtbarmachung sind oft gewalttätig. Sie durchdringen z.B. Medien, die soziale Homogenität darstellen, anstatt die vielfältigen Lebensstile und Menschen zu zeigen, die die Gesellschaft tatsächlich ausmachen. Auch rechtliche und andere wichtige staatliche und gesellschaftliche Diskurse machen unsichtbar und verweigern damit Anerkennung, Gleichheit und Inklusion, sei es aufgrund von Rassifizierung, Migrationsbiografie, Geschlecht, Klasse oder Behinderung.
Doch Sichtbarkeit ist ambivalent. Nordwesteuropäische feministische und queere rassismuskritische Politiken und Aktivismen gehen oft davon aus, dass mehr Sichtbarkeit auch mehr politische Präsenz, mehr Partizipation und mehr Zugang zu Privilegien bedeutet. Solche Politiken übersehen die komplexen Prozesse, die im Feld der Sichtbarkeit ablaufen. Daher ist es wichtig, darüber nachzudenken, "wer zu sehen bekommt, in welchem Kontext - und vor allem: wie, das heißt, in welcher Form und Struktur." (Schaffer 2008: 12)
Außerdem sind Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit nicht notwendigerweise stabile binäre Gegensätze. Was passiert, wenn Bedeutung verborgen wird und eine neue Art von Sprache entsteht? Was passiert, wenn Nekropolitik im öffentlichen Raum thematisiert werden muss? Was geschieht, wenn anonyme Kunst im öffentlichen Raum erscheint?

Die Studierenden bekommen einen theoretischen Überblick über das Potential von Begriffen wie Opacität und Unsichtbarkeit, Sichtbarkeit und Transparenz usw., wie sie in den Gender-, Queer- und postkolonialen Theorien verwendet werden. Darüber hinaus werden eine Vielzahl von Möglichkeiten vorgestellt, wie Methoden der Un_Sichtbarkeit von Minderheiten, Künstlern und Theoretikern in der zeitgenössischen Kultur und Kunst verwendet werden.
Durch die künstlerisch-praktische Komponente (im Keramik-Atelier der Universität für angewandte Kunst Wien unter der Leitung von Sascha Zaitseva) erhalten die Studierenden die Möglichkeit, mit Ton und anderen Materialien zu experimentieren und sich umfassend den im theoretischen Teil des Seminars diskutierten Themen zu nähern.

Dieses interdisziplinäre Seminar ist ein Experiment für uns alle, um zu diskutieren, zu spielen, zusammenzuarbeiten und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Es ist nicht als ergebnisorientiertes oder Expertise zeigendes Format gedacht. Es ist den Lehrenden bewusst, dass Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlichem Erfahrungsgrad in Theorie und künstlerischer Praxis teilnehmen werden, und wir wollen Platz für alle schaffen.
Die Teilnehmer sind herzlich eingeladen, das Keramikstudio an anderen Tagen selbständig zu besuchen, um sich weiter mit den Materialien vertraut zu machen und zu experimentieren.

Wir laden die Teilnehmer*innen ein sich lustvoll mit uns auf das Gebiet der Theorie, verschränkt mit künstlerischer Praxis, einzulassen. Es handelt sich um ein Seminar, bei dem unerwartete Ergebnisse erwartet werden, und als solches ist es wichtig, offen für das Lernen und den Austausch zu sein.
Die Materialien für das Seminar werden zur Verfügung gestellt.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Methoden

Jede Seminarsitzung wird sich auf eine thematische Achse konzentrieren (z.B. was meinen wir, wenn wir von Unsichtbarkeit und Unsichtbarmachung sprechen, was ist Opazität und wie funktioniert sie in einem postkolonialen Kontext).
Das Seminar basiert auf kollaborative Lernformen und fördert den Austausch zwischen den Studierenden. Es werden verschiedene Formate eingesetzt: Kurzvorträge, Filmvorführungen, Diskussionen und künstlerische Praxis/Experimente mit Materialien.

Das Seminar besteht sowohl aus einem theoretischen Teil als auch einem “direkten Griff” in das Material Keramik. Die Möglichkeiten und die wichtigsten Techniken der Keramik werden im Seminar vorgestellt, so dass auch Studierende ohne Vorkenntnisse fähig sein werden, ihre im Seminar entstandenen Ideen umzusetzen. Außerdem besteht die Möglichkeit einer intensiveren Betreuung innerhalb der geplanten Fokus Week.
Es wird erwartet, dass neben der theoretischen Auseinandersetzung auch Ideenskizzen für das Seminar gesammelt und vorbereitet werden.

Ziele
Die Studierenden erforschen, wie Unsichtbarkeiten und Sichtbarkeiten die Handlungsfähigkeit und das Empowerment von minoritären Subjekten bestimmen und informieren und setzen sich mit einem umfangreichen Vokabular an theoretischen Begriffen aus den vier Hauptdisziplinen (Gender, Queer, Postcolonial und Cultural Studies) auseinander. Darüber hinaus werden die Studierenden die Möglichkeit haben, ihr Wissen aus einer Disziplin in eine andere zu übertragen (Kunst <-> Theorie).
Gemeinsam und auf der Grundlage wissenschaftlicher Literatur und Analysen werden wir diskutieren, was es bedeutet, Subjekte und Gruppen durch unsere eigene akademische Forschung, unseren Aktivismus und unsere künstlerische Praxis un_sichtbar zu machen. Im Zusammenhang mit dieser Selbstbefragung werden wir die komplizierten Beziehungen zwischen Macht, Handlungsfähigkeit, Anerkennung und Sichtbarkeit im Detail analysieren. Die Studierenden werden mit Werkzeugen ausgestattet, um kulturelle Texte (einschließlich Bilder, Filme und Kunstobjekte) zu analysieren und in der Lage sein, Theorie und Praxis zu synthetisieren, während sie sich auf Fragen der Un_Sichtbarkeit unter Berücksichtigung von Geschlecht, Sexualität, Klasse, race, Fähigkeiten und kulturellen Kontexten intersektionell konzentrieren. Vor allem aber werden sie Formen der Un_Sichtbarkeit und Opazität nicht nur als theoretisch potente Konzepte und Theorien, sondern auch als wissenschaftliche und künstlerische Formen der Wissensproduktion untersuchen.
Der Kurs führt die Studierenden in methodische Ansätze ein, die sie in ihrer eigenen Arbeit kritisch anwenden können (z.B. bei der Recherche und kleinere Analyseübungen).
Die Erfahrung einer direkten Visualisierung der eigenen Ideen durch das Material Keramik wird auf allen Ebenen ermöglicht und gefördert. Darüber hinaus wird ein Einblick in eine der ältesten Werkstätten der Universität für angewandte Kunst gewährt. Durch diese Kooperation wollen wir Missverständnisse, Berührungsängste, Trennlinien und Wertungen zwischen der geistigen Arbeit und der Arbeit der Hand auflösen oder zumindest lockern.

Sprachen
Das Seminar wird in deutscher und englischer Sprache abgehalten. Die Besprechung der theoretischen Texte erfolgt auf Englisch, der Unterricht in der Keramikwerkstatt auf Deutsch. Bitte beachten Sie, dass das Seminar in beiden Sprachen abgehalten wird und nicht von einer in die andere Sprache übersetzt wird. Die Teilnehmenden müssen sich in beiden Sprachen verständigen können.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Die Teilnahme an allen Seminarsitzungen ist, vorbehaltlich der geltenden COVID-Regeln, erforderlich. Um das Seminar zu bestehen, müssen die Studenten regelmäßig am Unterricht teilnehmen, alle Aufgaben einreichen und mindestens 60 Punkte erreichen.
100-90 Punkte 1
89-80 Punkte 2
79-70 Punkte 3
69-60 Punkte 4
59-0 Punkte 5

Als Seminararbeit/Abschlussarbeit müssen die Studierenden, in Gruppen von 4 Personen (2 Personen von der Universität für angewandte Kunst und 2 von der Universität Wien) einen Projektentwurf erstellen. Das vorgeschlagene Projekt (von dem wir nicht erwarten, dass es im Rahmen dieses Seminars fertiggestellt wird) sollte die Themen, Begriffe und Theorien reflektieren, die wir im Laufe des Semesters diskutieren werden, und mit einigen der Elemente der künstlerischen Praxis experimentieren, die wir gemeinsam betrachten (im Keramikatelier von Sascha Zaitseva oder bei anderen künstlerischen Projekten, die wir als Beispiele für Kunst sehen werden, die sich mit den Themen des Seminars befasst und die in verschiedenen Medien stattfinden).
Die Abschlussarbeit besteht aus Skizzen oder anderen Materialien (Fotografien, Keramik, Video- oder Audioaufnahmen usw.) und einen Text (bis zu 1.000 Wörter) enthalten, in dem erklärt wird, wie das Projekt mit den Themen des Seminars und den Interessen der Studenten zusammenhängt.
In der letzten Sitzung (16.6.23) hat jede Gruppe 15 Minuten Zeit, ihr Projekt vorzustellen, gefolgt von einer kurzen Diskussion/Q&A mit Kollegen und Lehrenden.

Prüfungsstoff

Diskussionbeiträge anhand der Kursliteratur, Gruppenarbeit, Skizzen, Keramikprojekt, Präsentation

Literatur

Glissant, É. and Wing, B. (1997a) ‘For Opacity’, in Poetics of relation. Ann Arbor: University of Michigan Press, pp. 189–194.
Glissant, É. and Wing, B. (1997b) ‘Transparency and Opacity’, in Poetics of relation. Ann Arbor: University of Michigan Press, pp. 111–120.

Milevska, S. (2014) ‘Veils/Folds/ Events: Production of Face in Space-Time’, in Lorenz, R. (ed.) Not now! Now! chronopolitics, art & research. Berlin: Sternberg Press (Publication series of the Academy of Fine Arts Vienna, 15), pp. 104–127.

Anzaldúa, G. (2012) ‘How to Tame a Wild Tongue’, in Borderlands: la frontera: the new Mestiza. 4th ed. San Francisco: Aunt Lute Books, pp. 53–64.
(linguistic terrorism, poetic voice, academia as monolingual, emotion, food, music)

Wiedlack, Katharina, Tatiana Zabolotnaya, Masha Godovannaya and Ruthia Jenrbekova (2023). ““THE MAGIC CLOSET AND THE DREAM MACHINE”: post-Soviet queer knowledge production in times of increased trans* and homophobia.” Transnational Cross-regional Global Connections: Journal for Historians and Area Specialists.

Elahe Haschemi Yekani, Magdalena Nowicka, with Tiara Roxanne: Revisualising Intersectionality. palgrave 2022. (https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-030-93209-1)

Göncü, Kaan (March 2022): Queer Crip Belonging. Crip Magazine #5, pp. 40-41. https://cripmagazine.evaegermann.com/

Maria Mayerchyk and Olga Plakhotnik (2021): Uneventful Feminist Protest in Post-Maidan Ukraine: Nation and Colonialism Revisited. in: R.Koobak, M.Tlostanova & S. Thapar-Björkert (Eds.), Postcolonial and Postsocialist Dialogues: Intersections, Opacities, Challenges in Feminist Theorizing and Practice (pp.121-137). New York and London: Routledge.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Di 14.03.2023 12:09