420007 SE Marx jenseits von Marx: Marxismus und Populärkultur heute (2023W)

Nach der Expansion der Sowjetunion in Europa wurde der Marxismus für viele zum Synonym für Autoritarismus und Unterdrückung. Für andere spielte er jedoch aufgrund seines kulturkritischen Potenzials im Gegensatz eine befreiende Rolle. Praktisch direkt nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Blocks, verkündeten Enthusiasten wie Francis Fukuyama den Tod der Ideologien. Diese ideologiefreie Welt kam jedoch nie zustande und die Ideen von Marx und Engels haben ihre Relevanz für Gesellschaftskritik und die Hinterfragung des ideologischen Fundaments des Spätkapitalismus nicht verloren.
Dass der Marxismus als soziales System gescheitert ist, steht außer Zweifel. Aber was geschieht mit ihm, wenn man ihn von einem politischen Programm loslöst und als Werkzeug für die Analyse der weltweiten populären Kulturen des Spätkapitalismus ansetzt? In diesem Seminar soll der Marxismus als heuristisches Instrument für eine kritische Auseinandersetzung mit den kulturellen Produkten einer neoliberalen bzw. kapitalistischen Weltordnung neugedacht werden. Im Fokus steht eine kursorische Lektüre von Texten peripherer Marxist:innen wie Antonio Gramsci, José Carlos Mariátegui, Franz Fanon, Mark Fisher, Silvia Federici, Nancy Fraser und Aníbal Quijano, sowie eine Analyse von Fallstudien über populäre Kulturen. Darauf aufbauend wollen wir erörtern bzw. diskutieren, wie der Marxismus mit grundlegenden Kategorien der heutigen Gesellschaftsanalyse wie Geschlecht und Rasse in Dialog treten kann und wie diese beiden mit der für die Untersuchung sozialer Unterschiede so oft vernachlässigten Kategorie der Klasse kombiniert werden können.