480102 KO Literatur- und Kulturwissenschaftliches Konversatorium (2023S)

Viele der besten und meistbeachteten jugoslawischen Filme waren von einer modernistischen Poetik geprägt. Die bekanntesten Beispiele sind wohl Dušan Vukotićs Animationsfilm "Ersatz/Surrogate" und Dušan Makavejevs "W. R. Mysteries of the Organism". Aber wie weit verbreitet und wie wichtig war der Modernismus im jugoslawischen Film? Dieser Kurs wird versuchen, darauf eine Antwort zu geben.
Die ersten Spuren des modernistischen Films treten schon viel früher auf als in den 1960er Jahren, nämlich im Kontext des jugoslawischen Königreichs in der Zwischenkriegszeit. Allerdings wurden verhältnismäßig wenige Filme gedreht und die meisten gingen verloren. Richtig zu blühen begann das modernistische Kino also erst in der Zeit des sozialistischen Jugoslawiens (1945-1990) – angefangen mit Amateurproduktionen und Spuren des Modernismus in den 1950er Jahren (Mihovil Pansini und dann Tomislav Gotovac), bis hin zur Zagreber Schule des Animationsfilms in den späten 1950er Jahren. Hier entwickelte sich die modernistische Poetik zu einem in Europa und darüber hinaus anerkannten Phänomen. Das am meisten beachtete Phänomen im Spielfilmbereich bleibt das Kino der Schwarzen Welle der 1960er Jahre. Dabei dienen die Meisterwerke von Dušan Makavejev, Živojin Pavlović und Aleksandar Petrović wohl am überzeugendsten als Lehrstücke für diese Bewegung. Aber auch jenseits dieses Rahmens war das modernistische Kino in verschiedenen Teilen Jugoslawiens lebendig, interessant und erfolgreich, etwa dank Puriša Đorđević oder dem slowenischen Regisseur Boštjan Hladnik (der stark vom französischen Film beeinflusst war). Und obwohl der historische Begriff "Neues jugoslawisches Kino" heute kaum noch verwendet wird ist einer seiner Hauptvertreter, Vatroslav Mimica, immer noch einer der anspruchsvollsten modernistischen Regisseure Jugoslawiens beziehungsweise der gesamten Region.
 Der Kurs wird einen Einblick in die jugoslawische modernistische Kultur im Kino sowie in die Filme selbst geben, wobei sowohl das alternative als auch das Mainstream-Kino erörtert werden. Im Fokus bleibt dabei die Komplexität der Prozesses eines Mediums, welches sowohl in der Produktion als auch der Ausführung komplizierter und teurer ist als die meisten (wenn nicht alle) der anderen Künste. Ebenfalls als Kontext für den Modernismus diskutiert werden die Rahmenbedingungen des Sozialismus sowie die Politik der Epoche.

Die Kurssprache ist Englisch.