010043 SE Zentrale Kategorien religionssoz. Theoriebildung (2006W)

Eines der Hauptthemen der Religionssoziologie in den letzten Jahrzehnten ist der Wandel religiöser Organisationsformen in modernen Gesellschaften. Nach der Zeit der sogenannten "klassischen Religionssoziologie" (Weber, Durkheim), dem Vorherrschen der strukturfunktionalistischen Herangehensweise im Ausgang von Talcott Parsons auf der einen und der Fokussierung auf "kirchliche" Organisationsformen auf der anderen Seite wurde unter dem Stichwort der "Säkularisierung" eine Diskussion um die Frage, ob "Religion" in den modernen Gesellschaften schwinde oder einem Gestaltwandel unterliege, geführt. In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit zunehmend auf alternative Formen des Religiösen gerichtet worden, und mehrere Modelle sind entwickelt worden, um neue Arten der Organisation von Religiosität zu beschreiben resp. "Religion" in anderen Segmenten von Gesellschaft und Kultur (Politik, Medien, Sport usw.) ausfindig zu machen. Damit hängt auch die intensiv geführte Diskussion zusammen, ob man einen "essentialistischen" oder einen "funktionalistischen" Religionsbegriff zugrunde legen soll, da sich Erfassungsbreite und Trennschärfe des Begriffes mit der Orientierung an einem dieser beiden Paradigmata signifikant ändern, was zu unterschiedlichen Zuschreibungen des "religiösen Charakters" zu verschiedenen Phänomenen führt.
Im Mittelpunkt des Seminars steht die Diskussion der deskriptiven und explikativen Funktionen folgender Kernbegriffe: Strukturfunktionalismus (Talcott Parsons), Zivilreligion (R. Bellah), Pluralisierung und Privatisierung (Peter L. Berger), Unsichtbare Religion (Th. Luckmann), Systemtheorie (N. Luhmann), Esoterik und New Age, die Paradigmen Kirche-Sekte und Denomination-Kult (R. Wallis), Kultisches Milieu (C. Campbell), Implizite Religion & die Medien (G. Thomas), Populäre Religion und Markt der Religionen (H. Knoblauch, H. Zinser).