010109 PV Privatissimum I (für DiplomandInnen) (2006W)

Dieses Axiom des Anselm von Canterbury verpflichtet den Glauben auf einen "vernunftsuchenden Glauben". Doch ist die Vernunftsuche auch für den Glauben seit der europäischen Aufklärung mit dem Einbruch gesellschaftlicher und geschichtlicher Fragestellungen konfrontiert, die in der Vernunft auf einen "aufgeklärten Vernunftgebrauch" (I. Kant) drängen. Doch hat sich diese aufgeklärte Vernunft in Europa nicht isoliert vom Glauben jüdisch-christlicher Herkunft entwickelt, sondern in einem spannungsvollen Ineinander von Inspiration und Kritik. Nur meldet sich heute in einer von ihren Entgleisungen bedrohten Moderne (J. Habermas) dieser tiefengeschichtliche Zusammenhang erneut zurück. Die "fides quaerens intellectum" ist keine Einbahnstraße. Denn auch der Glaube wird seine Verantwortung für die Vernunft in ihrem bedrohten öffentlichen Vernunftgebrauch entdecken und reklamieren müssen. In diese Spannung ist eine verantwortliche Gottesrede heute getreten.