010131 VO Dogmatics IV: Anthropology and Escatology (2009W)

Anthropologie: Die Frage "Was ist der Mensch?" ist so alt wie die religiöse Reflexion des Menschen auf sich selbst. Dagegen hat sich die Theologische Anthropologie als eigenständiger dogmatischer Traktat erst im Rahmen der "anthropologischen Wende" etabliert, die die katholische Theologie im 20. Jahrhundert vollzogen hat. - Theologische Anthropologie verbindet zwei Perspektiven: Auf der einen Seite bedenkt sie das Verhältnis des Menschen zu Gott. Hier geht es um das Verständnis des Menschen als "Ebenbild Gottes", um seine Sündhaftigkeit, seine Erlösungsbedürftigkeit und seine Vollendung. Auf der anderen Seite spricht die Theologische Anthropologie vom Menschen, wie er sich selbst erfährt, erkennt und versteht. Hier hat die Theologische Anthropologie den Diskurs mit den aktuellen Themen (philosophischer) Anthropologie aufzunehmen - den Diskussionen über die Freiheit und Identität des Menschen oder die Mind-Brain-Debatte. In beiden Perspektiven besitzt die Theologische Anthropologie eine Schlüsselrolle in der Vermittlung zwischen dogmatischer Tradition und zeitgenössischem Denken.

Eschatologie: Christliche Eschatologie denkt über die zentrale Botschaft Jesu von der nahe gekommenen Gottesherrschaft nach (vgl. Mk 1,14f). Sie spricht von der universal und individuell erlösenden und vollendenden Beziehung zwischen Gott, Welt und Mensch. Sie ist nicht nur die Lehre von den "letzten Dingen" wie Tod, Auferstehung, Gericht, Himmel und Hölle. Vielmehr geht es ihr um den Sinn des Lebens und der Welt im Ganzen. Deshalb hat Christliche Eschatologie die Fragen nach der persönlichen Zukunft und der kosmischen Zukunft mit jener Hoffnungsperspektive zu konfrontieren, die sich aus der Offenbarung Gottes innerhalb der Geschichte ergibt. Eschatologie reflektiert deshalb auf die Verfasstheit des Einzelnen sowohl in seiner Verhaftetheit in Sünde, Leid und Schuld als auch in seinem Verlangen nach Erlösung und Endgültigkeit. Sie bedenkt die geschichtliche Situation der Welt in ihrer Unerlöstheit und zugleich in ihrer Dynamik in Richtung auf ihre mögliche Vollendung in Gott.