070387 SE Seminar (2008W)

Je heller das Licht der Aufklärung die Gesellschaften des westlichen Kulturkreises seit dem 18. Jahrhundert erhellt umso dunkler scheinen die Schattenseiten des Irrationalen zu werden. Von der Belletristik bis zum Internet finden sich in jedem Massenmedium gegenläufige Deutungen des gesellschaftlichen Fortschritts und Rückgriffe auf vielfach vormoderne Praktiken der Rationalisierung, um die Widersprüche und Ungleichzeitigkeiten zwischen den sozialen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Modernisierungsprozessen ihrer Zeit zu verdeutlichen: Das ¿Böse¿ tritt in Form von Untoten auf, hinterlässt seine Spuren auf den Schlachtfeldern der Kriege, droht mit der Vernichtung ganzer Völker durch moderne Superwaffen oder stellt das Überleben der gesamten Menschheit im Kontext von Verschwörungstheorien in Frage. Vom Schauerroman, über die Kriegsphotographie, die Feindpropaganda, Horrorfilme oder die alltäglichen Nachrichten über Terror und die rücksichtslose Zerstörung der Lebensgrundlagen durch Raubbau an der Natur ¿ die Szenarien des Schreckens haben sich in spezifische Genres eingeschrieben und sind zu einem festen Bestandteil fiktionaler und dokumentarischer Medieninhalte geworden. Jede Generation von Menschen hat nicht nur favorisierte Leitmedien der Selbstbeobachtung, sondern scheinbar auch zeitgemäße Szenarien der Auslöschung individueller und kollektiver Existenz. Das Seminar soll die strukturellen Prinzipien der medialen Schreckensszenarien verdeutlichen und Studierenden die Möglichkeit zur Herausarbeitung von Kontinuitäten und medienspezifischen Bruchlinien im medialen Antimodernismus ermöglichen. Inhaltlich können hierbei verschiedene Aspekte der Konfliktdramaturgien, des Personals und erkennbarer Adressatenbezüge analysiert werden.