Universität Wien

080072 SE B610 Society: Doing Law. Doing Kinship! (2022W)

Rationalization, emotional practices and moral values in (post)familial everyday law practice

Continuous assessment of course work

Registration/Deregistration

Note: The time of your registration within the registration period has no effect on the allocation of places (no first come, first served).

Details

max. 25 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

Bitte halten Sie sich den Freitag, 09.12.2022, sowie Samstag, 10.12.2022, frei.

  • Tuesday 04.10. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 11.10. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 18.10. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 25.10. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 08.11. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 15.11. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 22.11. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 29.11. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 06.12. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 13.12. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 10.01. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 17.01. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 24.01. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
  • Tuesday 31.01. 12:45 - 14:15 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse

Information

Aims, contents and method of the course

Das festgeschriebene Gesetz, so bereits ein früher Begründer der Rechtssoziologie, sei eine „Form der Herrschaft des Toten über den Lebenden“ (Ehrlich 1913: 323).

Was im ersten Moment die definitive Deckungsungleichheit von abstraktem und daher totem Recht und eigentlichen Rechtsbedürfnissen der Lebenden behauptet, zielt im Kern auf eine zentrale ethnographische Perspektive ab: Es geht um das Bewusstsein dafür, dass rechtlich normierte Handlungsideale und die tatsächlich gelebte Alltagspraxis im Umgang mit dem Recht nicht unbedingt reibungslos miteinander vereinbar sind (Bourdieu 1987).

Sichtbar werden solche Deckungsungleichheiten im „überaus doppelbödige[n] Instrument der Interessensdurchsetzung“ (Binder 2018: 58) beispielsweise in konflikthaften Momenten, in denen um die Deutungshoheit über rechtliche Ansprüche gerungen wird. Im Unterhaltsstreit gegen ihre Eltern etwa versuchen junge Volljährige, ihren subjektiv wahrgenommenen Rechtsanspruch unter Rückgriff auf Regelbrüche und Emotionspraktiken (Scheer 2016) durchzusetzen, um die Verweigerungshaltung zu überwinden. Dezidiert vaterstaatliche, geschlechterhierarchische und klassistische Aktivierungslogiken der gesetzlichen Regelungen strukturieren, öffnen und schließen Handlungsräume (Gaillinger 2022).

Zunehmend entstehen an der Schnittstelle von family- / kinship studies und Rechtsanthropologie Forschungen, die zeigen, wie sich familiäre und verwandtschaftliche Verhältnisse entlang des Rechts konstituieren.

Um beim Sprechen von Familie und Verwandtschaft einen „Begriffsschematismus, der die Sicht auf Feinstrukturen behindert“ (Hartmann 1988: 103), zu vermeiden, wurden Appelle an eine stärker praxeologische Ausrichtung mittels der Konzepte doing family und doing kinship laut (vgl. Knecht 2009; vgl. Jurczyk 2018). Neben einer Synopse von historischen und gegenwartsbezogenen ethnologischen Zugängen schlägt Elisabeth Timm (2011) vor, sich auf Arten und Weisen der Verbundenheit und der Lebensform in den Familien zu fokussieren. Diese Arten und Weisen werden auch vor dem Hintergrund von und im Umgang mit rechtlichen Regelungen greifbar.

Erben und Erbstreit, 24 Stunden-Pflege, Scheidung, Ehevertragsaushandlungen, Unterhalt, Taschengeld, Adoption, Pensionsfragen oder auch Migration durch Heirat und Ehegatt*innennachzug - dies sind nur einige und gewiss unvollständig benannte Felder, denen sich die Teilnehmer*innen dieses Seminars in ihren ethnographischen Forschungen widmen können. Rationalisierungsstrategien, Emotionspraktiken und Moralvorstellungen sind drei Zugänge, mit denen sie die vielfältigen Facetten dieser komplexen Felder greifen werden.

Assessment and permitted materials

Prüfungsimmanente LV - maximal 2 Fehleinheiten erlaubt!
Die Punkte werden wie folgt vergeben:

1. Regelmäßige Anwesenheit und Mitarbeit im Seminar, Vor- und Nachbereitung der Sitzungen: 10 Punkte

2. Semesterbegleitende Übungen: 25 Punkte

3. Sprechstundenbesuch zur Besprechung des Forschungsvorhabens: 10 Punkte

4. Teilnahme an den beiden Keynotes und mindestens einem Panel der digitalen Tagung "Doing Kinship by Doing Law? Zur Alltagsbedeutung von Recht in verwandtschaftlichen Kontexten" am 09./10. Dezember 2022: 5 Punkte

5. Abschließende Seminararbeit: 50 Punkte

Minimum requirements and assessment criteria

Für den erfolgreichen Abschluss der LV sind mindestens 50 von 100 möglichen Punkten zu erreichen.

Notenskala:
>= 87,5 sehr gut (1)
>= 75 gut (2)
>= 62,5 befriedigend (3)
>= 50 genügend (4)
< 50 nicht genügend (5)

Bei Feststellung einer erschlichenen Leistung (z.B.: Abschreiben, Plagiieren, Ghostwriting etc.) wird die gesamte Lehrveranstaltung als geschummelt gewertet, als Prüfungsantritt gezählt und in u:Space mit „X“ = „nicht beurteilt“ eingetragen. Ihre Arbeit wird Mittels der Software Turnitin überprüft. Weitere Informationen dazu erhalten Sie in der ersten Lehrveranstaltungseinheit.

Examination topics

Reading list

Binder, Beate (2021): Law in Action aus einer Geschlechterperspektive. Felder und Diskussionen der feministischen empirischen Rechtsforschung, in: Feministische Studien 39/2, 202-224.

Bröckling, Ulrich (2019): Vertragswelten (= Kapitel 3.3). In: ders.: Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt am Main, S. 127-151.

Burkart, Günter (2018): Liebe unter Rationalisierungsdruck (= Kapitel 13). In: ders.: Soziologie der Paarbeziehung. Wiesbaden, S. 299-318.

Comas-d’Aremir, Dolors; Soronellas, Montserrat (2019): Men as Carers in Long-Term Caring. Doing Gender and Doing Kinship. In: Journal of Family Issues 40, S. 315-339.

Flower, Lisa (2018): Doing Loyalty. Defense Lawyers’ Subtile Dramas in the Courtroom. In: Journal of Contemporary Ethnography 47, S. 226-254.

Gaillinger, Felix (2022): Um den Unterhalt kämpfen! Junge Volljährige im Rechtsstreit gegen ihre Väter. München.

Gathings, M. J., Parrotta, Kylie (2013): The Use of Gendered Narratives in the Courtroom. Constructing an Identity Worthy of Leniency. In: Journal of Contemporary Ethnography 42, S. 668-689.

Götz, Irene (2013): Encountering Arlie Hochschild's Concept of 'Emotional Labor' in Gendered Work Cultures. Ethnographic Approaches in the Sociolo-gy of Emotions in European Ethnology. In: Koch, Gertraud (Hg.): Pathways to empathy. New studies on commodification, emotional labor, and time binds. Frankfurt am Main; New York, S. 183-200.

Gutekunst, Miriam (2018): Die Heiratsurkunde (= Kapitel 3). In: dies.: Grenz-überschreitungen – Migration, Heirat und staatliche Regulierung im europäi-schen Grenzregime. Bielefeld, S. 81-127.

Hartmann, Andreas (1988): Anmerkungen zur volkskundlichen Familienforschung. In: Zeitschrift für Volkskunde 84, S. 100–104.

Hochschild, Arlie Russel (2006): Das gekaufte Herz. Die Kommerzialisierung der Gefühle. Frankfurt am Main, S. 27-131.

Jurczyk, Karin (2014): Doing Family. Der Practical Turn der Familienwissenschaften. In: Steinbach, Anja; Hennig, Marina; Becker, Oliver Arránz (Hg.): Familie im Fokus der Wissenschaft. Wiesbaden, S. 117-138.

Kocher, Eva (2017): Rechtssoziologie. Das Recht der Gesellschaft und die Gesellschaft des Rechts. In: RW 2017/2, S. 153-180.

Olson, Greta; Schillings, Sonja (2017): On Un-Doing Law. In: On_Culture: The Open Journal for the Study of Culture 3/2017, S. 1-11.

Reckwitz, Andreas (2003): Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. Eine sozialtheoretische Perspektive. In: Zeitschrift für Soziologie 32, S. 282-301.

Scheer, Monique (2012): Are Emotions a Kind of Practice (and is that what makes them have a history)? A Bourdieuian Approach to Understanding Emotion. In: History and Theory 51, S. 193-220.

Scheer, Monique (2016): Emotionspraktiken. Wie man über das Tun an die Gefühle herankommt. In: Beitl, Matthias; Schneider, Ingo (Hg.): Emotional Turn?! Europäisch ethnologische Zugänge zu Gefühlen und Gefühlswelten. Wien, S. 15-36.

Schrader, Heiko (2017): „Und es stinkt doch!“. Eine verstehende Analyse von Geld in der Alltagsökonomie. In: Peters, Susanne (Hg.): Geld. Interdisziplinäre Sichtweisen. Wiesbaden, S. 49-73.

Walenta, Jayme (2020): Courtroom Ethnography. Researching the Intersection of Law, Space, and Everyday Practices. In: The Professional Geographer 72, S. 131-138.

Wimbauer, Christine (2021): Liebe und Elternschaft in der modernen Kleinfamilie – und deren Wandel (= Kapitel 3). In: dies.: Co-Parenting und die Zukunft der Liebe. Über postromantische Elternschaft. Bielefeld, S. 59-85.

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Last modified: Th 28.07.2022 12:27