Universität Wien

080072 SE B610 Society: (2023W)

Über Monster, Heterotopien, Abnormitäten- und Freakschauen

Continuous assessment of course work

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Details

max. 25 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

Tuesday 10.10. 14:30 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 17.10. 14:30 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 24.10. 14:30 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 21.11. 14:30 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 21.11. 16:15 - 17:45 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 28.11. 14:30 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 28.11. 16:15 - 17:45 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 05.12. 15:00 - 16:30 Elise Richter-Saal Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 1
Tuesday 05.12. 16:45 - 18:15 Elise Richter-Saal Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 1
Tuesday 16.01. 14:30 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 16.01. 16:15 - 17:45 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 23.01. 14:30 - 16:00 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse
Tuesday 23.01. 16:15 - 17:45 Seminarraum 2 (4.Stock) EE Hanuschgasse

Information

Aims, contents and method of the course

Ohne die 'Anderen' und die 'Fremden' wäre die Welt blasser. Es gäbe niemanden, auf den man Träume oder Ängste projezieren könnte, niemanden dem man bequem Schuld zuschreiben könnte. Niemand, der uns hilft, uns besser oder überlegen zu fühlen. Deshalb werden manchmal radikal Andere benötigt: 'Monster' oder 'Freaks'. Monster können viel sein.

Im Mittelalter galten sie als Wunderzeichen für die göttliche Kraft oder eine Prüfung. Nach Brittnacher (2009: 104f) sind sie die Abweichung 'von der Norm physischer Integrität'. Denn das Monster steht außerhalb von allen Normen und Moralvorstellungen. Deshalb eignet sich der weitgehend unbekannte 'Rand der Welt' besonders für das Monströse und das 'radikal Fremde' nach Toggweiler. Im Sinne Foucaults sind diese Peripherien sogenannte 'Heterotopien', Orte irgendwo angesiedelt zwischen Realität und Utopien. Diese Vorstellungen sagen jedoch oft mehr über uns als über die Anderen aus. Deshalb sind dort die Antipoden, 'Kopffüßler' und die lüsternen Nackten aus unserer Phantasie Zuhause.
Auch in der eigenen Kultur hatten 'Andere', Menschen, die nicht der Norm entsprachen, Handicaps hatten, wie die 'Eismenschen', 'Kolosossaldamen' oder 'Hungerkünstler' etc. oft nur einen Platz am 'Rand der Gesellschaft'. Sie wurden vorgeführt, gesammelt, ausgestellt und manchmal sogar, wie die 'Bartfrau' Julia Pastrana oder Angelo Solimon, der 'Mohr von Wien', ausgestopft. Die Prodigien- oder 'Abnormitäten'-Schauen lebten von ihnen und durch sie. 'Tätowierte Damen', Artisten und Abenteurer suchten auf den Jahrmärkten und Schaubuden eigene Verdienstmöglichkeiten. Es entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine regelrechte Industrie mit Impressarios, Großvermarkter (wie Ringlin Bros., Barnum und Bailey, Hagenbeck, Segnor Saltarino) und Schleppern.
Viele dieser 'Abnormitäten' (ob selbstgewählt oder nicht) wurden von den Nationalsozialisten als lebensunwert oder als 'Asoziale' sterilisiert, umgebracht oder vertrieben. Verschiedene Performer, wie John Kamikaze, Jim Rose oder die 'Jaguarfrau' Marie Jose Christerna treten nach wie vor auf und stellen sich aus.

Internet und TV spielen mittlerweile eine bedeutendere Rolle als virtuelle Heterotopie für die Veranderung von Menschen. Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung wird untersucht, wie 'Monster' oder 'Freaks' entstehen, warum sie benötigt werden und mit welchen Mechanismen sie funktionieren. Ausgehend von den verschiedenen (Körper-) Theorien wird die Konstruktion des Fremden und des 'Monsters' diskutiert und in der Praxis untersucht. Als Beispiele werden Völkerschauen, Freakschauen, pathologisch-anatomische Sammlungen und Körper-Diskurse im 3. Reich untersucht.
Bei Interesse werden Tattoo-Conventions, bis hin zu verschiedenen Scripted Reality-Formaten wie 'Schön normal', 'Frauentausch' und 'Schwer verliebt' ergänzend betrachtet. Die Arten der Schaustellung und des Sammelns von 'außergewöhnlichen Körpern'' wie auch die Arten und Modi der Inszenierung und der Werbung (Plakate, Werbetexte, Programmhefte, Postkarten, Aufführungen) die Rezeption (z. B. durch Staaten, WHO, Opferverbände, Museen oder in der Kunst) werden anhand ausgewählter Beispiele (Wiener Prater, Tätowierte Damen, 3. Reich, bekannte Schausteller, anatomische Sammlungen etc.) und anhand verschiedener Methoden (Bildquellenanalyse, Biographiewissenschaft, Ethnohistorie, qualitative Methoden) untersucht. Die jeweiligen vertiefenden Schwerpunkte werden den Interessen der TeilnehmerInnen angepasst.
Dieses Se ist praktisch angelegt. Es werden von Allen eigenständige Recherchen und kleine Forschungen erwartet.

Ziele:
Eingehende Beschäftigung mit zentralen theoretischen und grundlegenden, ethnographischen, biographiegschichtlichen und mikroanalytischen Texten zum Thema. Auseinandersetzung mit Interpretationen und Kontroversen zum Thema, unter Einbeziehung visueller Medien und anderer multimedialer Materialien.

Assessment and permitted materials

Prüfungsimmanente LV.
Aktive Teilnahme, Referate und schriftliche Arbeit auf der Basis eigener (kleinerer) Forschungen.

Minimum requirements and assessment criteria

Für den erfolgreichen Abschluss der LV sind mindestens 50 von 100 möglichen Punkten zu erreichen.

Notenskala:
>= 92 sehr gut (1)
>= 80 gut (2)
>= 65 befriedigend (3)
>= 50 genügend (4)
< 50 nicht genügend (5)

Bei Feststellung einer erschlichenen Leistung (z.B.: Abschreiben, Plagiieren, Ghostwriting etc.) wird die gesamte Lehrveranstaltung als geschummelt gewertet, als Prüfungsantritt gezählt und in u:Space mit „X“ = „nicht beurteilt“ eingetragen. Ihre Arbeit wird Mittels der Software Turnitin überprüft. Weitere Informationen dazu erhalten Sie in der ersten Lehrveranstaltungseinheit.

Examination topics

Reading list

Michel Foucault. 2003. Die Anormalen. Frankfurt: Suhrkamp.

Michel Foucault. 2013. Die Heterotopien. Der utopische Körper. Frankfurt: Suhrkamp.

Thomson, Rosemarie Garland (eds.). 1996. Freakery. Cultural Spectacles of the Extraordinary Body.

Peter, Birgit/Kaldy-Karo, Robert (Hg.). 2013. Artistenleben auf vergessenen Wegen. Eine Spurensuche in Wien. Lit: Wien.

Brittnacher, H. R. 2009. Monster im Packeis. In: Geisenhanslüke, A. und Mein, G. (Hg.) Monströse Ordnungen: Zur Typologie und Ästhetik des Anormalen. Bielefeld: Transcript Verlag: 103124.

Geisenhanslüke, A./Mein, G. (Hg.) Monströse Ordnungen: Zur Typologie und Ästhetik des Anormalen. Bielefeld: Transcript Verlag.

Zimmermann Jones, A. 2012. Of Direwolves and Gods. In: Lowder, J. (Hg.) Beyond the Wall. Exploring George R. R. Martin’s A Song of Ice and Fire. Dallas, Texas: BenBella Books: 107122.

Gottowik, Volker. 1997. Konstruktionen des Anderen. Clifford Geertz und die Krise der ethnographischen Repräsentation. Berlin: Reimer.

Kohl, Karl-Heinz. 1981. Entzauberter Blick. Das Bild vom Guten Wilden und die Erfahrung der Zivilisation. Berlin: Meduas 1981.
Baumann, Gerd/ Gingrich, Andre (Hg.): Grammars of Identity/Alterity. A Structural Approach. New York/Oxford 2004.

Stammberger, Birgit. 2011. Monster und Freaks. Eine Wissensgeschichte außergewöhnlicher Körper im 19. Jahrhundert. Bielefeld: Transcript.

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Last modified: Tu 10.10.2023 16:27