Universität Wien

100017 VO Lecture course: Modern German Literature (2025S)

Erzählen in der Literatur Überlegungen zu einem Grundmuster Ernst-Jandl-Dozentur für Poetik: Michael Köhlmeier

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 10 - Deutsche Philologie

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Details

Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

Termine:
MO, 3.3., 31.3., 7.4., 28.4., 12.5., 2.6., 16.6., 30.6. (Vorlesung Eder)
18.30-20.00

MO 23.6., 19.00-21.00
Michael Köhlmeier
Realität kraft innerer Zustimmung
1. Poetik-Vorlesung
Ort: Hörsaal 32, Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9

DI 24.6., 19.00-21.00
Michael Köhlmeier
Realität kraft innerer Zustimmung
2. Poetik-Vorlesung
Ort: Alte Schmiede, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien

Zusätzlich: DO, 26.6, 17.00-19.00 Uhr: Vorbereitung Konversatorium
Ort: Alte Schmiede, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien

Zusätzlich: DO, 26.6, 17.00-19.00 Uhr: Konversatorium zu den Vorlesungen
Ort: Alte Schmiede, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien

Zusätzlich: 6.-8.6. Obligatorische Teilnahme an der Exkursion zu der Verleihung des Ernst-Jandl-Preises für Lyrik nach Neuberg an der Mürz (Kosten für Fahrt und Übernachtungen werden vom BMKOES übernommen: Abfahrt Wien: 6.6., ca. 11.00, Rückfahrt 8.6., ca. 13.00) – bei Nichtteilnahme Kompensationsleistung (Essay)

Michael Köhlmeier zu seinen beiden Poetikvorlesungen mit dem Titel „Realität kraft innerer Zustimmung“

Ich möchte in meinen Vorlesungen so tun, als bestünde das Publikum aus lauter Dichterinnen und Dichtern, denen ich alter Sack von meinen Erfahrungen berichte.

Auf drei Zitate werde ich näher eingehen und sie umkreisen:

1. Hemingway, der zu Beginn von „Tod am Nachmittag" schreibt, eine der wichtigsten Fragen für einen Schriftsteller lautet: Was geschieht eigentlich bei einer Handlung?

2. Stendhal - aus dem Gedächtnis zitiert: Wenn du sagen willst, dass es regnet, sag: Es regnet.

3. Henri Michaux: „Niemals ist man der Realität gewisser, als wenn sie eine Illusion ist, denn dann ist sie Realität kraft innerer Zustimmung."

Um diese drei Sentenzen herum möchte ich aus meinen Erfahrungen mit dem Schreiben sprechen.

  • Monday 03.03. 18:30 - 20:00 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
  • Monday 31.03. 18:30 - 20:00 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
  • Monday 07.04. 18:30 - 20:00 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
  • Monday 12.05. 18:30 - 20:00 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
  • Monday 02.06. 18:30 - 20:00 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
  • Monday 16.06. 18:30 - 20:00 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
  • Monday 23.06. 18:30 - 21:30 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
  • Monday 30.06. 18:30 - 20:00 Hörsaal 32 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9

Information

Aims, contents and method of the course

In sehr vielen Disziplinen (Philosophie, Psychologie, Theologie, Anthropologie, Literaturwissenschaft etc.) besteht Übereinkunft, dass Erzählen eine anthropologische Konstante sei, Lebens-Narrationen seien der grundlegende Zusammenhalt menschlicher Interaktion, so wie der Jet-Stream das globale Wetter steuert. Gegen eine solche narrative Standard-Position gibt es jedoch auch Widerstand (Strawson 2004), die individualpsychologische Typdifferenzen ins Spiel bringt: Vertreter:innen dieses kritischen Ansatzes nehmen an, dass es tatsächlich eine große Anzahl von Personen gibt, die ihr Leben nach narrativen Prinzipien ausrichten, sie werden als Diachroniker:innen bezeichnet. Diachronische Selbsterfahrung beinhaltet, dass jemand sich als ein konsistentes Selbst versteht, das in der Vergangenheit da war und in der Zukunft da sein wird. Im Gegensatz dazu beinhaltet episodische Selbsterfahrung der so genannten Episodiker:innen, dass sich jemand nicht als ein konsistentes Selbst versteht, das in der Vergangenheit da war und in der Zukunft da sein wird. Diachroniker:innen tendieren dazu, ihr Leben als Erzählung zu sehen, Episodiker:innen nicht. Ausgehend von der Befassung mit dem Werk und der unterstellbaren Poetologie des Ernst-Jandl-Dozenten Michael Köhlmeier sollen in der Semestervorlesung von Thomas Eder zum einen ausgewählte narratologische Theorien dargestellt und diskutiert werden (Phelan/Rabinowitz 2005, Phelan 1996, Herman 2011, Herman et al. 2012, Hogan 2013, Koschorke 2012, Kindt/Müller 2003, Schmid 2005, Scholes et. al. 2006/1966), sie werden zum anderen im Licht der oben gestellten Leitfrage untersucht. Darüber hinaus sollen gängige narratologische Theorien aus dem Feld der so genannten „Kognitiven Poetik“ dargestellt und im Lichte von Michael Köhlmeiers Romanen diskutiert werden. Dabei wird die Frage nach der Plausibilität und theoretischen Validität zweier in diesem Forschungsfeld konkurrierender Theorien im Mittelpunkt stehen: zwischen den Ansätzen einer so genannten „Natural Narratology“, die im Gefolge der bahnbrechenden Studien von Monika Fludernik seit den späten 1990er Jahren vor allem das Konzept der „Experientiality“ (siehe auch Caracciolo 2014) für das rezeptionsästhetische Phänomen des Lesens von (literarischen) Narrationen verantwortlich macht. Von Fludernik’s ‚Natural‘ Narratology (Fludernik 1996) unterschieden und als Kritik daran haben in jüngerer Zeit einige Forschende die Forschungsrichtung der so genannten „Unnatural Narratology“ entwickelt. Diese Forschenden gehen davon aus, dass das Konzept des Mimetischen, das der „Natural Narratology“ zugrunde liegt, zu eng gedacht ist. Denn es gäbe eine ganze Menge literarischer Texte, die eben gerade nicht auf „Realismus“ und „Mimesis“ setzten, sondern sie seien Instanzen von “anti-mimetic texts that move beyond the conventions of natural narratives” (Alber/Heinze 2011, S. 3).
Ein wesentliches Merkmal der Arbeit von Michael Köhlmeier, vor allem seiner Nacherzählungen von Werken und Stoffen (Antike Mythen, Bibel, Märchen, Heldenerzählungen) ist der mündliche Erzählgestus und -duktus, mitunter wird diese Werkgruppe vordringlich als Audioaufzeichnung (CDs oder online) rezipiert. Deshalb sollen auch Fragen nach dem Oralen der Narration und zu Unterschieden zwischen auditiver und schriftlichen Präsentation und Rezeption von Narrationen eine Rolle spielen. (Ong 2002/1982)
Am Werk Michael Köhlmeiers sollen vor allem folgende Aspekte beleuchtet werden:
1) Erzählen als Grundmuster in "Abendland", "Die Abenteuer des Joel Spazierer" und "Matou"

2) Märchen und deren Theorie - vor allem „Von den Märchen. Eine lebenslange Liebe“

3) jüngere Romane - vor allem: "Das Philosophenschiff", "Die Verdorbenen"

Assessment and permitted materials

Mündliche Prüfungen. (1. Termin in der letzten Vorlesungseinheit, weitere Termine im gemäß der Satzung der Universität Wien vorgeschriebenen Zeitraum)

Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').

Minimum requirements and assessment criteria

In der mündlichen Prüfung soll das Verständnis der theoretischen Konzepte, die während der Vorlesungen besprochen wurden, ebenso nachgewiesen werden wie die Anwendung auf die besprochenen Textbeispiele aus dem Werk Michael Köhlmeiers und anderer Autor:innen

Examination topics

Lektüre der angegebenen Primärliteratur, Theoriedebatte ausgewählter Werke der Literaturliste, so weit sie in der Vorlesung besprochen wurden.
Michael Köhlmeier wird zwei Poetikvorlesungen halten (siehe Anmerkungen zum Termin).
Methoden: Vorstellen und kritische Diskussion der Theorie der Prosa sowie narratologischer Theorien im Rahmen der Semestervorlesung von Thomas Eder. Lektüren und Analyse ausgewählter Werke der „experimentellen Prosa“. Interaktiver Vorlesungsstil mit Rückfragen und Diskussion.
Prüfungsstoff: Gesamter Inhalt der Semestervorlesung Thomas Eders und die beiden Poetikvorlesungen Michael Köhlmeiers

Reading list

Wird zu Semesterbeginn bekanntgegeben und großteils auf Moodle zur Verfügung gestellt. Wird während des Semesters laufend ergänzt.

Werke von Michael Köhlmeier
Michael Köhlmeier: Abendland. Roman. dtv 2022 [Carl Hanser 2008]
Ders.: Die Abenteuer des Joel Spazierer. Roman. dtv 2023 [Carl Hanser 2013]
Ders.: Matou. Roman. dtv 2023 [Carl Hanser 2021]
Ders.: Das Philosophenschiff [Moodle]
Ders.: Die Verdorbenen [Moodle]
Ders.: Von den Märchen. Eine lebenslange Liebe. Haymon 2018

Franz Josef Czernin: Das andere Schloss / Der goldene Schlüssel und andere Verwandlungen [Auszüge, Moodle]

Ernest Hemingway: Tod am Nachmittag. Reinbek 1999 [1957]

Literaturliste zur Erzähltheorie:
Alber, Jan, and Rüdiger Heinze (eds.). Unnatural Narratives – Unnatural Narratology. Berlin, Boston: De Gruyter 2011.
Bernini, Marco. “Narrative and Cognitive Modelling: Insights from Beckett Exploring Mind’s Complexity” (Moodle)
Caracciolo, Marco. The Experientiality of Narrative. An Enactivist Approach. Berlin, Boston: De Gruyter 2014.
Cohn, Dorrit. “The Encirclement of Narrative.On Franz Stanzel’s Theorie des Erzählens”’ Poetics Today 2(2), (1981), 157–82.
Cohn, Dorrit. Transparent Minds. Narrative Modes for Presenting Consciousness in Fiction. Princeton: Princeton UP 1978.
Eder, Thomas. “Broken Narratology” [Moodle]
Fludernik, Monika. Towards a 'Natural' Narratology. London, New York: Routledge 1996.
Herman, David (ed.). The Emergence of Mind: Representations of Consciousness in Narrative Discourse in English. Lincoln/London: University of Nebraska Press, 2011.
Herman, David, James Phelan, Peter J. Rabinowitz, Brian Richardson and Robyn Warhol. Narrative Theory: Core Concepts and Critical Debates. Columbus: The Ohio State University Press, 2012.
Hogan, Patrick Colm. Narrative Discourse: Authors and Narrators in Literature, Film and Art. Columbus: The Ohio State University Press, 2013.
Kindt, Tom, and Hans-Harald Müller (eds.). What Is Narratology? Questions and Answers Regarding the Status of a Theory (Narratologia, Vol. 1). Berlin / New York: de Gruyter, 2003.
Ong, Walter J. Orality and Literacy. The Technologizing of the Word. New York: Routledge 2002/1982.
Phelan, James. Narrative as Rhetoric. Technique, Audiences, Ethics, Ideology. Columbus: Ohio State UP 1996.
Phelan, James, and Peter J. Rabinowitz (eds.). A Companion to Narrative Theory. Malden, Oxford: Blackwell 2005.
Powell, Joshua. Samuel Beckett and Experimental Psychology. Perception, Attention, Imagery (Moodle)
Reicher, Maria E.: Fiktion, Wahrheit, Wirklichkeit. Philosophische Grundlagen der Literaturtheorie. Paderborn: mentis 2007 [Auszüge, Moodle]
Reicher, Maria E. „Der Autor und seine Absichten“ [Moodle]
Schmid, Wolf. Elemente der Narratologie (Narratologia, Vol. 8). Berlin / New York: de Gruyter, 2005.
Schmid, Wolf: Narratology. An Introduction (de Gruyter Textbook). Trans. Alexander Starritt. Berlin / New York: de Gruyter, 2010.
Scholes, Robert, Phelan, James, and Kellog, Robert. The Nature of Narrative. Oxford: Oxford UP 2006.
Stanzel, Franz Karl. Theorie des Erzählens. UTB 51991.
Strawson, Galen. “Against Narrativity”. Ratio (new series) 17 (2004), 428-452.
Zunshine, Lisa. Why we read fiction (Auszüge, Moodle)

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Last modified: Su 02.03.2025 19:25