Universität Wien

100242 PS Genderlinguistik (2021S)

Pejorisierungen, Meliorisierungen und andere gegenderte Kategorisierungen in der Lexik

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 10 - Deutsche Philologie
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Details

max. 35 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

  • Wednesday 10.03. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 17.03. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 24.03. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 14.04. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 21.04. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 28.04. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 05.05. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 12.05. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 19.05. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 26.05. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 02.06. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 09.06. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 16.06. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 23.06. 11:30 - 13:00 Digital
  • Wednesday 30.06. 11:30 - 13:00 Digital

Information

Aims, contents and method of the course

Lange war klar, wer das Sagen hat und wer sich danach zu richten hat. Bis Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts war der Ehemann unhinterfragtes Oberhaupt der Familie und damit auch seiner Ehefrau und Kinder. Diese Poleposition des Heteromannes im Privaten wie in der Öffentlichkeit war mit dem Ende der Hausfrauenehe nicht vorbei, sie besteht gesellschaftlich weiter, denn das Private und damit Kinder und Haushalt sind noch ganz real Frauensache sowie der Beruf eine Männerangelegenheit geblieben ist – mit Auswirkungen auf eine nach wie vor bestehende gender-segregierte Berufswelt, Teilzeitarbeit ist weiblich und Vollarbeitszeit ist männlich.
Soweit das gesellschaftspolitische und sozio-ökonomische Setting einer präfeministischen Wirklichkeit, die in der Versprachlichung „eine Rückversicherung“ aufweist, wenn Bezeichnungen, die in der Mehrheitsgesellschaft und damit auch in der Lexikalisierung angekommen sind, näher betrachtet werden. Es stellt sich die Frage, können wir auch tatsächlich alles sagen, wenn wir auf Mensch*innen in allen Sprachregistern und je nach Kontext referieren wollen? Ist das Sprachrepertoire so groß, dass wir informell und formell die dafür notwendigen sprachlichen Mittel zur Verfügung haben? Und werden auch nicht-heteromaskuline Mensch*innen in allen Registern differenziert benannt?
Im hetero-binären Wortschatz des Deutschen fallen die wertneutralen und meliorativen Referenzen für die Frau im privaten und öffentlichen Bereich eher bescheiden aus. So erfüllen nur „Frau“, „Typin“ und „Klassefrau“ dieses Kriterium. Alle anderen Meliorisierungen bilden sie als untergeordnete Heterofrau, Ehe- bzw. Hausfrau, und sexualisierte Asexuelle im Privaten ab, vom „Weibchen“ oder „Frauchen“ über die „Ehehälfte“ bis zur „heißen Braut“. Allgemein abwertenden wie „Tussi“ und „Zicke“ sowie den hypersexualisierten wie „Schlampe“, „Nutte“, „Hure“ oder „Flittchen“ fehlen ihre heteromännlichen Pendants ganz.
Alle anderen Geschlechter, Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen kommen in der Lexik registermäßig nur als „Fußnoten“ vor, die hetero-maskuline binäre Strukturierung als allgemeinmenschlich ist unangetastet geblieben. Wertneutrale Personenreferenzen wie Homo- , Bi-, Trans- und Intersexuelle haben neben meliorisierenden Eigenbezeichnungen wie „Lesbe“ und „Schwuler“ Eingang ins Wörterbuch gefunden, neben sehr vielen pejorativen Fremdbezeichnungen wie „Schwuchtel“, „Tucke“, „Transe“ und „Zwitter“, um nur einige zu nennen.
Für den Heteromann hingegen stehen im Vergleich mit allen Anderen ungleich mehr wertneutrale bis meliorative Personenreferenzen wie „Mann“, „Herr“, „Kerl“, „Typ“ und „Macher“ oder auch „Macker“ sowie „Klassemann“ zur Verfügung, um das Spektrum eines ganzen Männerlebens abzubilden. Pejorisierungen wie Macho fallen bei den vielen wertneutralen Referenzmöglichkeiten nicht wirklich ins Gewicht. Mit der #Metoo-Bewegung setzte sich die frauenzentrierte Pejorisierung für Täter sexualisierter Männergewalt mit „alter weißer Mann“ durch. Erstmalig wird hetero-männliche Potenz und Macht in Zusammenhang mit biologischem Mannesalter thematisiert und begrifflich etabliert. Denn bis heute altert ein Mann, so die androzentrische Metapher, nicht wirklich, er reift, nur die Frau altert, verwelkt ziemlich schnell, er ist der „ewige Junggeselle“ „im besten Mannesalter“ und sie die „alte Jungfer“.
Aus diesem Spannungsfeld aller Bewegungen gegen die heteromaskuline Vorherrschaft in der Sprache ergeben sich folgende Ziele dieses Proseminars: Die genderkritische Analyse und Dekonstruktion des heteromännlich Menschlichen innerhalb aller Geschlechter/Sexualitäten bzw. Geschlechtsidentitäten auf konzeptioneller Ebene (Katgeorien, Hierarchien inkl. heteromaskuliner Hegemonie wie belebt : unbelebt, menschlich : tierisch, männlich : weiblich) und ganz konkret die Analyse präfeministischer Personenreferenzen unter Einbezug von Bedeutungskategorien in der Wortmotiviation, sprachlichen Registern sowie des Plurizentrismus.

Assessment and permitted materials

- regelmäßige Anwesenheit (max. 3 Absenzen)
- Mitarbeit/aktive Beteiligung an den Diskussionen
- Referat (freier Vortrag, Power-Point-Präsentation und/oder Handout)
- Proseminar-Arbeit (Umfang: 15 Seiten Fließtext/Haupttext mit 1,5 Zeilenabstand)
- Abgabetermin: 31.08.2021

Minimum requirements and assessment criteria

Die PS-Note setzt sich aus regelmäßiger Anwesenheit sowie schriftlichen und mündlichen Teilleistungen zusammen, wobei ein Referat gehalten werden und die PS-Arbeit positiv sein muss.

Examination topics

- Feministische/Maskulinistische Theorie, Gendertheorie, Diversity und Queer Studies
- Feministische Linguistik und Genderlinguistik
- Lexikologie/-graphie, Semantik/Wortbildung
- Plurizentrismus
- linguistische Argumentation auf Basis oben genannter Theorien und Bewegungen

Reading list

Literatur wird noch bekanntgegeben!

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Last modified: Fr 12.05.2023 00:15