110097 PS Extension module media studies introductory seminar - Spanish (2023S)

‚Jugend‘ als eine bestimmte, zeitlich eingrenzbare Phase des Mensch-Seins anzusehen, ist eine moderne Ansicht. Zahlreiche Stereotype und Klischees haften dem Begriff seit seinem Aufkommen an. Manche, wie die Assoziation mit ‚Kraft‘, ‚Dynamik‘ und ‚Schönheit‘ sind historisch fest verankert und wurden schon vor der ‚Erfindung der Jugend‘ mit jungen Menschen in Verbindung gebracht. Andere, wie das Denken von Jugend als rebellische Gruppe, die Grenzen austestet und im Extremfall versucht, diese zu verschieben, sind spezifischen historischen Umständen geschuldet. Was dem Begriff ‚Jugend‘ inhärent scheint, ist ihn als eine Art ‚Zwischenphase‘ (weder Kind noch Erwachsen oder in Worten Britney Spears‘ „not a girl, not yet a woman“) zu interpretieren, in der Autonomität und die Suche nach dem wahren Selbst zentral sind. Da Identitätsfindung auch ein wiederkehrendes Thema in Spielfilmen ist, scheint es daher wenig überraschend, dass ‚Coming of Age‘-Produktionen, nicht nur bei Jugendlichen selbst beliebt sind, wie sich etwa durch hohe Verkaufszahlen sowie Prämierungen dieser Filme zeigt.

Ein Problem, das die Jugendforschung selbst – insbesondere in der Vergangenheit – und die Darstellung von Jugend im Film gleichermaßen vorantreiben, ist die Fokussierung auf spezifische Jugenderfahrungen, ohne aber deren Spezifizität offenzulegen. Was übrig bleibt, ist eine Vorstellung von Jugend als homogene Gruppe, die global dominiert ist durch das Bild junger Menschen der Mittelschicht mit hohem kulturellem und sozialem Kapital. Gerade in der lateinamerikanischen Forschung wird in diesem Zusammenhang deshalb dazu angehalten, davon abzusehen unkommentiert von einer Jugend im Singular zu sprechen und stattdessen von ‚juventudes‘ zu sprechen.

Wir widmen uns in diesem Seminar vier Spielfilmen aus dem 21. Jahrhundert, die ‚jung sein‘ auf unterschiedliche Weise inszenieren und als spezifische an Ort und Zeit sowie Lebensumstände gebundene Erfahrung ausverhandeln. Gemeinsam wollen wir reflektieren, welche Charakteristika der Jugend(en) in den unterschiedlichen Produktionen hervorgehoben werden und inwiefern diese kinematografisch umgesetzt werden.