Universität Wien

110125 SE Pulchritudo (2004S)

Pulchritudo. Vom Erkennen Gottes bei Augustinus

0.00 ECTS (2.00 SWS), UG99 Dogmatik
Continuous assessment of course work

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Language: German

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Currently no class schedule is known.

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Aims, contents and method of the course

Augustinus entwickelt in den Büchern IX, X und XI der Confessiones ein Denkmotiv, bei dem die Erkenntnis der Schönheit im Grunde Gotteserkenntnis ist. Für Augustinus ist das reine Schöne zwar ausschließlich bei Gott, andererseits gibt es aber auch kein einziges Ding in der Schöpfung, das nicht Spuren dieser Schönheit tragen würde. Dies gilt selbst für die hässlichen Dinge. Daher ist auch die ästhetische Erfahrung in ihrem Grunde bereits Gotteserfahrung, von einer kaum vernehmbaren Spur bis hin zur Kontemplation des perfektesten Meisterwerks gibt die ästhetische Erfahrung den Archetyp der visio beatifica ab. In der Spannung zwischen Immanenz und Transzendenz reflektiert Augustinus innerhalb seiner Ästhetik den Augenblick der Ewigkeit als schöpferischen Ursprung der Zeit. Die Frage nach dem, was die Zeit ist, führt zu den Augenblicken der Ewigkeit als Erinnerung des Gegenwärtigen. Mit der Frage nach der Erinnerung schließlich verbindet sich das Problemfeld der Bedingungen von Erkenntnis, letztlich der Möglichkeit der Erkenntnis Gottes. In einer Parallelstellung von Liebe und pulchritudo, die Augustinus aus seiner Analyse der Erinnerung schöpft, und der Liebe zu Gott entwickelt Augustinus in der pulchritudo eine natürliche Gotteslehre. Es geht um die Erinnerung der pulchritudo als Erkennen Gottes.
Diese Rede von der pulchritudo als Gotteserkenntnis diente nicht nur dem Mittelalter als Quelle, um eine Lehre des Schönen zu entwickeln, die Auseinandersetzung mit den Überlegungen von Augustinus zum Zeitbegriff oder zum Verhältnis von Sprache und Schweigen hat ihre Spuren bis in die jüngste Vergangenheit der Philosophiegeschichte hinterlassen.

Assessment and permitted materials

Minimum requirements and assessment criteria

Neben einer prinzipiellen Einordnung der Confessiones und seiner Paralleltexte möchte das Seminar einen wichtigen Aspekt im Denken von Augustinus nachvollziehen. Dabei geht es nicht darum, diesen Aspekt als das Zentrum im augustinischen Oeuvre zu etablieren und auch nicht darum irgendeine Synthese zu erarbeiten, was bei der breitgestreuten Themenlage und so mancher Widersprüchlichkeit im System von Augustinus ohnedies unmöglich ist - zumal im Rahmen eines einsemestrigen Seminars. Die Tragfähigkeit der augustinischen Anknüpfung am Begriff der pulchritudo für unsere Erkenntnis, sei diese nun auf die Dinge der Welt bezogen oder auf Gott, lohnt es, sich dieser Gedankengänge von Augustinus durch eine Auswahllektüre zu vergewissern. Um die Aktualität von Augustinus auch für heute zu unterstreichen und um gleichzeitig einige aktuelle Positionen zu seinen Fragestellungen kennen zu lernen, werden wir einige kürzere Texte aus dem 20. Jahrhundert dazulesen. Zu einer weiteren Überprüfung in praktischer Hinsicht werden wir die ausgewählten Texte mit konkreten Kunstwerken konfrontieren.

Examination topics

intra- und intertextuelle Lektüre ausgewählter Abschnitte, philosophiegeschichtliche Parallel- und Kontrastlektüre, Bildanalyse, intermediäre Vergleichsdiskussion

Reading list

Th. W. Adorno, Ästhetische Theorie. Frankfurt/Main 1973, 179-205.
Augustinus, Bekenntnisse. Lateinisch und Deutsch, Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Joseph Bernhart, Mit einem Vorwort von E. L. Grasmück, Frankfurt/Main 1987.
A. Badiou, Kleines Handbuch der In-Ästhetik. Wien 2001, 7-25.
Ders., Gott ist tot. Kurze Abhandlung über eine Ontologie des Übergangs. Wien 2002, 179-200.
H. Blumenberg, Arbeit am Mythos. Frankfurt/Main 1996, 165-191.
G. Deleuze, Differenz und Wiederholung. München 1997, 99-154.
B. Groys, Über das Neue. Versuch einer Kulturökonomie, Frankfurt/Main 1999, 123-126.
M. Heidegger, Sein und Zeit. Tübingen 1993, 404-437.
M. Henry, Die Barberei. Eine phänomenologische Kulturkritik, Freiburg/München 1994, 93-115.
J. Kreuzer, Pulchritudo. Vom Erkennen Gottes bei Augustin. Bemerkungen zu den Büchern IX, X und XI der Confessiones, München 1995.
G. Pochat, Bild-Zeit. Zeitgestalt und Erzählstruktur in der bildenden Kunst von den Anfängen bis zur frühen Neuzeit, Wien 1996.
E. Przywara, Augustinisch. Ur-Haltung des Geistes, Einsiedeln 1970, 71-98.
D. L. Schachter, Wir sind Erinnerung. Gedächtnis und Persönlichkeit, Reinbek 1999, 37-70.

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Last modified: Fr 31.08.2018 08:50