140466 RV Interdisciplinary Lectures: Religion and Development (2008S)

Birgt Religion ein spezifisches Potenzial auch für Entwicklungsprozesse in sich? Oder ist es so, dass Religion eine Widerstandskraft gegen Entwicklung entfaltet, etwa aus Tendenzen zum Konservatismus heraus? Auf diese Frage darf keine eindeutige Antwort erwartet werden, aber es lohnt, nach besonderen Bedingungen zu fragen, unter denen dies sehr wohl der Fall ist. Nur ein Beispiel: Die Annahme einer gottgewollten Gleichheit aller Menschen an Würde und Rechten motiviert viele religiöse Menschen unterschiedlichster Glaubensrichtungen zu Engagement für gesellschaftliche Gerechtigkeit. Max Weber formulierte für die europäische Neuzeit hingegen die These, dass die calvinistische Prädestinationslehre eine spezifische protestantische Ethik stimulierte und protestantische Länder daher einen höheren Grad an ökonomischer Entwicklung erreicht hätten als katholische. Derselbe Max Weber vermutete, dass der Konfuzianismus entwicklungshemmend wirke, während in den 1980er und 1990er Jahren diese Thesen durch ihr Gegenteil ersetzt wurde: Die konfuzianische Ethik lege Konformismus und Orientierung an den Zielen der Gemeinschaft nahe und sei daher entwicklungsförderlich.
Es scheint, dass diese Diskussion sich mehr an den jeweiligen Konjunkturen orientiert hat, als an festmachbaren religionsimmanenten Faktoren. Die Ringvorlesung versucht daher, in einem breiten Spektrum unterschiedliche Zugänge zu den oben genannten Fragestellungen zu bieten und die Facetten zu erörtern, die die Diskurse zu Religion und Entwicklung historisch wie gegenwärtig prägen.

Das Programm kann unter http://homepage.univie.ac.at/Gerald.Faschingeder/ eingesehen werden.