160199 PS Paul Nizon (2009W)
Continuous assessment of course work
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max. 25 participants
Language: German
Lecturers
Classes (iCal) - next class is marked with N
- Thursday 22.10. 16:00 - 19:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
- Friday 23.10. 10:00 - 13:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
- Thursday 19.11. 16:00 - 19:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
- Friday 20.11. 10:00 - 13:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
- Thursday 17.12. 16:00 - 19:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
- Friday 18.12. 10:00 - 13:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
- Thursday 28.01. 16:00 - 19:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
- Friday 29.01. 10:00 - 13:00 (Seminarraum B Berggasse 11 1.OG)
Information
Aims, contents and method of the course
Assessment and permitted materials
Minimum requirements and assessment criteria
Examination topics
Zugleich ähnelt der Walsersche Grundgedanke einer schöpferischen Sprache dem Verfahren der surrealistischen écriture automatique, das darauf gründet, dass sich der Text im Zuge der Sprachbewegung ohne die intentionale Steuerung durch den Autor quasi selbst generiert: "Statt Handlung, statt Fabel und Konstruktion - die Sprachreise ... auf dem Rücken einer musikalischen Sprachgebung."
Eine solche Orientierung an musikalischen Strukturen bestimmt auch Federico Fellinis formales Prinzip. Nizon bezeichnet den Filmemacher als direkten Zünder, wobei er insbesondere auf die episodische Struktur und auf das Prinzip der Szenenverknüpfung anspielt. Weder die detaillierte Beschreibung noch die Handlung stehen nunmehr im Vordergrund, sondern "die Umsetzung des Geschehenen in ein Spiel von Strich und Farbe, einen rhythmischen Diskurs." Der Blick des Rezipienten wird auf Stimmungen, Gerüche, Farben und Töne gelenkt, Fellinis Filme zeigen rein subjektive synästhetische Detail- und Momentaufnahmen des Geschehens. Diesen Gestus adaptiert Nizon für sein literarisches Schaffen: "Außenwelt und innerer Film, [...] Erinnerung und die zu erobernde Gegenwart werden gewissermaßen auf dem Schlachtfeld des Machens (oder künstlerischen Ringens) vorgeführt."
So erschließen sich über die intertextuelle Auseinandersetzung mit den Leitmotiven - künstlerisches Schaffen, Metropole, Frau, Unterwegssein - und über die konzeptuelle Integration formaler Verfahren Nizon selbst und in einem zweiten Schritt seinen Lesern neue Dimensionen des ästhetischen Erlebens.
Eine solche Orientierung an musikalischen Strukturen bestimmt auch Federico Fellinis formales Prinzip. Nizon bezeichnet den Filmemacher als direkten Zünder, wobei er insbesondere auf die episodische Struktur und auf das Prinzip der Szenenverknüpfung anspielt. Weder die detaillierte Beschreibung noch die Handlung stehen nunmehr im Vordergrund, sondern "die Umsetzung des Geschehenen in ein Spiel von Strich und Farbe, einen rhythmischen Diskurs." Der Blick des Rezipienten wird auf Stimmungen, Gerüche, Farben und Töne gelenkt, Fellinis Filme zeigen rein subjektive synästhetische Detail- und Momentaufnahmen des Geschehens. Diesen Gestus adaptiert Nizon für sein literarisches Schaffen: "Außenwelt und innerer Film, [...] Erinnerung und die zu erobernde Gegenwart werden gewissermaßen auf dem Schlachtfeld des Machens (oder künstlerischen Ringens) vorgeführt."
So erschließen sich über die intertextuelle Auseinandersetzung mit den Leitmotiven - künstlerisches Schaffen, Metropole, Frau, Unterwegssein - und über die konzeptuelle Integration formaler Verfahren Nizon selbst und in einem zweiten Schritt seinen Lesern neue Dimensionen des ästhetischen Erlebens.
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Diplomstudium VL 130, VL 131
BA M4
BA M4
Last modified: Mo 07.09.2020 15:36
Im produktiven Rekurs auf das Erbe der literarischen Moderne und der avantgardistischen Kunstpraxis, die sich über die "Emanzipation des Signifikanten" und der "Suspenison ... des Sinns" bestimmt, experimentieren Nizons Werke mit sprachschöpferisch-artifiziellen, nicht-mimetischen, a-logischen Ausdrucksformen. Nizons Texte treten dabei in Dialog mit sowohl fremden als auch eigenen ¿Texten', die zunehmend von Autozitaten durchsetzt werden. (Der Textbegriff soll hier im Anschluss an Kristeva, Barthes und Derrida für unterschiedliche Zeichen- und Regelkomplexe und Symbolstrukturen gelten, seien es Film, Photographie, Malerei etc.)
In dem Proseminar soll die Auseinandersetzung Nizons mit dreien seiner wichtigsten künstlerischen Leitbilder - Vincent Van Gogh, Robert Walser, Federico Fellini - anhand einzelner Werke nachvollzogen werden. Neben der Betrachtung lokaler intertextueller Referenzen sollen auch Tragweite und Funktion dieser Auseinandersetzung für Nizons eigene Fragestellungen, poetologische Grundannahmen und stilistische Verfahren skizziert werden.
Nizons Auseinandersetzung mit Robert Walser und Vincent van Gogh ist durchaus ambivalent: Einerseits betont Nizon die essentielle Bedeutung der Radikalität ihrer Kunstauffassung für das eigene Selbstverständnis, andererseits offenbaren sich ihm anhand ihres Scheiterns an der Wirklichkeit die lebensgefährlichen Dimension eines solchen Poeten- bzw. Künstlerlebens: "Es ist eine Erschütterung, die nicht zur Assimilation des Fremden führt, sondern zur Umsetzung in andere, uns gemäße Gestalt drängt."
Nizons Werke realisieren in radikaler Weise die hier beschworene Aufgabe, über intertextuelle Relationen " ... ein Reflexionsmedium zu setzen, in dem er sich als eine differenzierende Distanznahme zu einem oder mehreren Texten präsentiert und diese Distanznahme in die Konkretheit des Werks einschreibt."
Während Nizon bei Walser insbesondere den Eindruck der Erschaffung einer eigenständigen poetischen Welt "ohne Anliegen, Inhalte, ohne Botschaft ... mit nichts als Sprache" und das Lebensgefühl des Wanderburschen und Taugenichts hervorhebt, beeinflusst van Gogh ihn durch die ekstatische, rauschhafte, "lebenserweckende Kraft" des malerischen Schöpfungsaktes. Das Kunstschaffen Walsers und van Goghs gilt Nizon nicht als Resultat genialischer Begabung, sondern eines langen Kampfes "um die Ausbildung eines Sprachvermögens", der "mit dem eigenen Leben bezahlt wird . Dementsprechend der Werkbegriff: existentiell."