Universität Wien

170233 UE Exercise Course "Staged Spaces" (2021W)

Places of Protest in France 1968

Continuous assessment of course work
ON-SITE

Registration/Deregistration

Note: The time of your registration within the registration period has no effect on the allocation of places (no first come, first served).

Details

max. 35 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

Aufgrund des mit 22.11.2021 in Kraft getretenen Lockdowns ist die LV vorübergehend ONLINE. Den Zoom-Link finden Sie auf Moodle. Sobald möglich wechseln wir wieder in den Hörsaal.

Tuesday 05.10. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 12.10. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 09.11. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 16.11. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 23.11. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 30.11. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 07.12. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 14.12. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 11.01. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 18.01. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde
Tuesday 25.01. 08:00 - 09:30 Hörsaal 2H510 UZA II Rotunde

Information

Aims, contents and method of the course

# Inhalt

Am 15. Mai 1968 stürmten 3000 "enragés" das Pariser Théâtre Odéon und erklärten den prunkvollen Aufführungssaal zum freien Forum für politische Debatten. Jede*r war eingeladen, die eigene Meinung kundzutun, ganz gleich ob von der Bühne, dem Parkett oder den Logenplätzen. Nicht nur verlagerten sich die Straßenproteste in ein Theaterhaus, die Demonstrierenden machten sich auch die Infrastruktur zunutze und bekleideten sich mit den dort aufzufindenden Kostümen. In der Revolution sowie im Karneval erzeugt die Durchbrechung des Status Quo einen temporären Möglichkeitsraum, um "betwixt and between" akzeptierter Normen soziale Rollen neu erfinden und erproben zu können. (Vgl. Turner, Schechner)

Zwei Monate später verlagerte sich die Pariser Mai-Revolution, die Jean-Jacques Lebel als "gigantic fiesta, a revelatory and sensuous explosion outside the 'normal' pattern of politics" (Lebel, S. 180) beschrieb, in die Provinzstadt Avignon. Inmitten des jährlichen Theaterfestivals wurde nun nicht ausschließlich der Papstpalast bespielt, sondern auch die öffentlichen Straßen und Plätze der Stadt. Sobald durch Protestaktionen Partizipation am Politischen gefordert wird, trifft die normierende und disziplinierende Wirkung öffentlicher Räume auf Widerstand. Straßen, in ihrer Funktion Bewegungskanäle und Orte ohne Aufenthaltsqualität, werden zu Arenen für Protest. (Vgl. Scharloth, S. 343)

Während der zentrale Place de l’Horloge in Avignon Studierenden als Bühne für gesellschaftliche Aushandlungsprozesse diente, forderten Akteur*innen des Living Theatre in ihrer Performance Paradise Now "with its reliance upon spontaneous improvisation, Artaudian physicality, and anarchist principles" (Pellerin, E-1) das vor verschlossenen Türen stehende Publikum zur wortwörtlichen Befreiung des Theaters auf, was in einer gemeinsamen Eroberung des öffentlichen Raumes gipfelte. Judith Malina, Mitgründerin des Living Theatre neben Julian Beck, begrüßt die Verfügbarkeit der Straße als offene Bühne für Performances: "The street is a great mystical venue. It belongs to everybody, it belongs to nobody." (zit. in Rosenthal, S. 150)

Wie werden Protesträume konstruiert, adaptiert und bespielt? Welche Protestpraktiken und Interaktionsrituale sind auffallend? Wer erhebt Anspruch auf die Nutzung öffentlicher Räume? Wie wird der symbolische Kampf um diese Räume inszeniert? Diesen und ähnlichen Fragen widmet sich die Lehrveranstaltung im Hinblick auf den Pariser Mai 1968 und das darauffolgende Festival d’Avignon im Juli.

# Ziele

In schriftlichen Textaufgaben und mündlichen Panel-Diskussionen erlernen Studierende das Formulieren und Argumentieren eigener Standpunkte.

# Methoden

Auf Basis der gemeinsam diskutierten Lektüretexte werden Studierende angeleitet, eine eigene Diskussionsthese aufzustellen, eine methodische Herangehensweise auszuwählen, zielführende Argumente zu erarbeiten und letztlich die gewonnenen Erkenntnisse in mündlicher und schriftlicher Form zu darzulegen.

Assessment and permitted materials

Die Leistungsüberprüfung setzt sich aus insgesamt vier Teilleistungen zusammen: Studierende werden gebeten, im Rahmen eines schriftlichen Forschungskonzepts eine Diskussionsthese auf Basis der zuvor gelesenen Pflichtlektüre aufzustellen und eine methodische Herangehensweise zu definieren. Für die zweite Teilleistung sind Expert*innen-Panels angedacht: Studierende bereiten sich in Kleingruppen mithilfe ausgewählter Texte vor und schlüpfen in die Rolle von Expert*innen, wobei sie ihre zuvor aufgestellte These in einer Panel-Diskussion formulieren und mittels zielführender Argumente untermauern. Drittens soll ein Kurzessay verfasst werden, der eine schriftliche Ausarbeitung der selbst gewählten Diskussionsthese darstellt. Viertens wird auf persönliches Engagement in Gruppenarbeiten und Plenumsdiskussionen sowie die Bearbeitung der wöchentlichen Worksheets großen Wert gelegt. Die Gewichtung der Teilleistungen gestaltet sich wie folgt:

20% : Forschungskonzept
20% : Expert*innen Panel
40% : Kurzessay
20% : aktive Beteiligung an der LV
-) mündlich in den Diskussionen
-) schriftlich auf Moodle (u.a. PDF Annotations, Etherpad)
-) Bearbeitung der wöchentlichen Worksheets (Fragen zur Lektüre)

Minimum requirements and assessment criteria

Für das positive Abschließen der Lehrveranstaltung ist eine regelmäßige Teilnahme (max. 2 x entschuldigte Abwesenheit), die Lektüre und Diskussion der ausgewählten Texte sowie das termingerechte Erbringen der schriftlichen und mündlichen Leistungen Voraussetzung. Ausreichende Englischkenntnisse (mind. B2) sind notwendig, da die Pflichtlektüre vor allem englische Texte umfasst.
Die Anwesenheit in der ersten Sitzung UNBEDINGT erforderlich, um die LV-Anmeldung zu bestätigen. Abwesende werden in der ersten Sitzung durch Studierende auf der Warteliste ersetzt.

Examination topics

Alle Seminarinhalte sind prüfungsrelevant. Die Lehrveranstaltung umfasst die folgenden Themenblöcke:

- Revolutionäre Performativität in der Öffentlichkeit. "The first stage of any revolution is always theatrical" (Jean-Jacques Lebel)
- Die Besetzung des Théâtre Odéon. Mai 1968 in Paris
- Die Straße als kultureller Aktionsraum. "The street is a great mystical venue. It belongs to everybody, it belongs to nobody." (Judith Malina)
- Politische Proteste erreichen das Festival d’Avignon im Juli 1968
- "Paradise Now." Das Living Theatre am Festival d’Avignon
- Gérard Gelas und Le Chêne Noir. Proteste gegen staatliche Zensur
- Performancekunst und Protestaktionen als virales Modell für Gesellschaftsveränderung
- Jean-Louis Barrault (Théâtre Odéon) und Jean Vilar (Festival d’Avignon)
- Die Entstehung des Fringe Festivals OFF d’Avignon
Die letzten zwei Schwerpunkte verknüpfen die Thematik aus 1968 mit aktuelleren Ereignissen:
- Streik der "intermittents du spectacle" im Sommer 2003
- Die Besetzung des Théâtre Odéon 2021

Reading list

Die Literatur wird laufend ergänzt und auf Moodle zur Verfügung gestellt. (Französischkenntnisse sind keine Voraussetzung; bei Interesse kann ich jedoch für die individuellen Arbeiten eine Lektüreliste mit französischsprachigen Quellen weitergeben.)

Bredeson, K. (2006). "In the Jungle of Cities: May '68 Arrives in Avignon". Theatre Symposium, 14, S. 77-89.

Bredeson, K. (2008). "‘Toute ressemblance est voulue’: Theatre and Performance of May '68". Modern & Contemporary France, 16(2), S. 161-179.

Bredeson, K. (2018). Occupying the stage: The theater of May '68. Northwestern University Press.

Feenberg, A., & Freedman, J. (2001). When Poetry Ruled the Streets: The French May Events of 1968. State University of New York Press.

Jackson, J., Milne, A.-L., & Williams, J. S. (Hg.). (2011). May 68: Rethinking France's last revolution. Palgrave Macmillan.

Jouve, E. (2018). "The Living Theatre and the French 1968 Revolution: Of Political and Theatrical Crises". E-REA, 15.

Jurt, J. (2009). "Pariser Mai 68: Symbolisches Handeln gegen eine durch und durch verwaltete Welt". In F. Kreuder & M. Bachmann (Hg.), Theater: Vol. 14. Politik mit dem Körper: Performative Praktiken in Theater, Medien und Alltagskultur seit 1968 (S. 61-76). transcript Verlag.

Lebel, J.-J. (1998). "Notes on Political Street Theatre: Paris 1968, 1969". In J. Cohen-Cruz (Hg.), Radical Street Performance: An International Anthology (S. 179-184). Routledge.

Pellerin, P.-A. (2018). "Theatre and Protest in 1968: An Interview with Judith Malina, Co-founder of the Living Theatre". Theatre Topics, 28(2), E1-E6.

Rosenthal, C. (1998). "Living on the Street: Conversations with Judith Malina and Hanon Reznikov, co-directors of the Living Theatre". In J. Cohen-Cruz (Hg.), Radical Street Performance: An International Anthology (S. 150-159). Routledge.

Scharloth, J. (2019). "Stadt als Protestraum". Zeitschrift Für Germanistische Linguistik, 47(2), S. 337-354.

Wehle, P. (2003). "Avignon, Everybody's Dream". Contemporary Theatre Review, 13(4), S. 27-41.

Wehrle, A. (2011). Die Orte des Festival d'Avignon: Die theatrale Eroberung einer Stadt. Kleine Mainzer Schriften zur Theaterwissenschaft - Band 22. Tectum Verlag.

Zenck, M. (2009). "Das Théâtre de l'Odéon wird besetzt - die Kaufhäuser brennen! Diskurse der Macht und des Körpers in den Medien und Künsten vor und nach 68 in Frankreich". In F. Kreuder & M. Bachmann (Hg.), Theater: Vol. 14. Politik mit dem Körper: Performative Praktiken in Theater, Medien und Alltagskultur seit 1968 (S. 43-59). transcript Verlag.

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Last modified: Fr 01.04.2022 09:08