Universität Wien

180111 SE Body as a sign body as flesh. To Psychosomatics of sex (2014W)

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Continuous assessment of course work

Registration/Deregistration

Note: The time of your registration within the registration period has no effect on the allocation of places (no first come, first served).

Details

max. 45 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

Friday 10.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 17.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 24.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 31.10. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 07.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 14.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 21.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 28.11. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 05.12. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 12.12. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 09.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 16.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 23.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien
Friday 30.01. 11:30 - 13:00 Hörsaal 2G, NIG Universitätsstraße 7/Stg. II/2.Stock, 1010 Wien

Information

Aims, contents and method of the course

Thema der LV ist der menschliche Körper in seiner sprachlichen Verfasstheit, Verletzlichkeit und Widerständigkeit gegen Normierung. Judith Butler wurde vorgeworfen, sie würde den Körper in sprachliche Zeichen auflösen. Dem widerspricht die Bedeutung, die Butler gerade der Neufassung des Verhältnisses von Diskurs und Materialität gibt (Körper von Gewicht, Butler 1995) sowie ihre intensive Beschäftigung mit verletzbaren, Gewalt ausgesetzten Körpern (Butler 1998, 2003, 2005, 2009). Diskutiert werden Hassrede und Widerrede, die Strategien der Resignifizierung und Parodie, geschlechtsvereindeutigende Eingriffe, die Frage, um wen öffentlich getrauert werden darf und das Bewusstsein geteilter Verletzlichkeit als Basis einer neuen Ethik.
Die LV stellt sich der Herausforderung, Geschlecht in seiner Ambivalenz zwischen Zeichenhaftigkeit und leiblicher Existenzweise zu erfassen. Judith Butler zufolge wirkt die Anrufung Du bist ein Mädchen kurz nach der Geburt weniger als beschreibende Aussage, sondern vielmehr als Imperativ: Werde ein Mädchen! Verhalte dich wie ein Mädchen! Der Körper ist also ein von Anfang an vergesellschafteter, durch sprachliche Zeichen gedeuteter und zu deutender. Die Perspektive normativer Konstituiertheit von Weiblichkeit und Männlichkeit ermöglicht eine neue Herangehensweise an die Zusammenhänge von Psyche und Körper, Geschlecht und Gesellschaft. Kein Körper existiert außerhalb des Prozesses soziokultureller Bedeutungskonstruktion. Sprache und Körper, Diskurs und Materialität sind miteinander verflochten. Die Materialität dichotom bestimmter geschlechtlicher Körper kann mit Butler als Prozess der Materialisierung, als produktivste Wirkung von Macht neu gedacht werden. Theoretikerinnen des New Feminist Materialism und der Verschränkung von Diskurs und Materialität versuchen Körper und Materialität als aktiven, produktiven Faktor neu zu fassen (Barad). Dabei geht es um die kritische Reflexion philosophischer Praxis, der Kontingenz ihrer Grundlagen und der Infragestellung der Dualismen Diskurs und Materialität, Kultur und Natur (Feministische Gesellschaftskritik als onto-epistemo-logisches Projekt - Meißner 2013).
Das, was an der Sprache körperlich ist, widersetzt sich der vollständigen Normierung von Männlichkeit und Weiblichkeit. Für Shoshana Felman ist der sprechende Körper skandalös, weil sein Sprechen nicht vollständig intentional gelenkt ist. Am Beispiel psychosomatischer Krankheitsbilder wird der Chiasmus von Körper und Sprache deutlich. Mein Anspruch ist eine konsequente Theorie-Praxis-Vermittlung: Diskursen über den Körper werden konkrete Körperpraxen gegenübergestellt. Wie können philosophische Gender-Forschung und feministische Philosophie emanzipatorisch wirksam werden? Wie können wir neoliberale Selbstverhältnisse zwischen Selbstermächtigung und Selbstunterwerfung anhand Butlers Theorie von Norm und Transformation - Wiederholung, Aneignung und Resignifizierung von Geschlechternormen - neu denken?
Was können wir zur Sprache bringen an Wünschen, Bedürfnissen, Konflikten und Leidenszuständen und wie manifestiert sich Ungesagtes in psychosomatischer Symptomgestaltung? Anhand konkreter Beispiele aus der psychosozialen Beratungspraxis (psychogener Schmerz, Depression, Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten) werden psychosomatische Verschränkungen untersucht.
Wie gestalten wir hegemoniale und marginalisierte Männlichkeit und Weiblichkeit in der neuen Geschlechter(un)ordnung zwischen Retraditionalisierung und Transformation? Butlers Theorie der Annahme des Geschlechts durch Inkorporation und wiederholende Aneignung von Normen bildet die Grundlage für eine Politik des Performativen. Das Konzept der Performativität eröffnet neue Perspektiven auf menschliche Handlungsfähigkeit. Das Bewusstsein der Kontingenz dieser performativ hervorgebrachten dichotomen Geschlechterverkörperungen Männlichkeit und Weiblichkeit ermöglicht ihre Neugestaltung.

Assessment and permitted materials

Aktive Teilnahme, Impulsreferat und schriftliche Arbeit (10-15 Seiten) sowie schriftliche Kommentare zu ausgewählten Texten;
Kriterien für die schriftliche Arbeit:
- Klare Fragestellung
- Einbeziehen von nicht selbst referierten Texten aus dem Reader bzw. der angefuehrten Literatur sowie den Diskussionen in der LV
- persoenlicher Bezug oder / und gesellschaftliche Relevanz der behandelten Thesen und Argumente

Minimum requirements and assessment criteria

Verständnis der fundamentalen Sozialität und sprachlichen Verfasstheit von Körper und Geschlecht
Verständnis der Bedeutung der Kategorie Geschlecht für die philosophische Theorie und Praxis, Ambivalenz von Geschlecht als Analyse- und Ordnungskategorie
Fundierte Kenntnis von Konzepten der performativen, diskursiven und sozialen Konstituiertheit von Körper und Geschlecht (Butler, Foucault)
Einblick in die Zusammenhänge von Macht, Diskurs und Norm in den konstruktivistischen und poststrukturalistischen Subjekttheorien
Kenntnisse über psycho-somatische Verflechtungen sowie kulturelle und gesellschaftliche Dimensionen körperlicher Ausdrucksformen und Krankheiten
Stärkung der kritischen Reflexions-, Urteils- und Argumentationsfähigkeit anhand der Lektüre einflussreicher Texte aus dem Feld der feministischen Philosophie und Gender Studies
Reflexion der eigenen Positionalität anhand des Modells des situierten Wissens
Interdisziplinäre Praxisvermittlung und Anwendung philosophischer Theorien und Methoden auf Fragestellungen aus dem psychosozialen Feld mit dem Schwerpunkt Politik des Privaten in Beziehung, Trennung und Gewalt sowie psychosomatischen Verschränkungen

Examination topics

Vortrag, Lektuere, Impulsreferate, Kleingruppenarbeit, Analyse von Filmsequenzen
Reader mit Grundlagentexten wird im facultas-Shop (NIG) erhaeltlich sein
Interdisziplinäre Praxisvermittlung im psychosozialen Feld

Reading list

Alloa, Emmanuel / Fischer, Miriam (Hg.)(2013): Leib und Sprache. Zur Reflexivität verkörperter Ausdrucksformen. Weilerswist: Velbrück Verlag

Butler, Judith (2009): Die Macht der Geschlechternormen und die Grenzen des Menschlichen. Frankfurt/ M.: Suhrkamp
Butler, Judith (2005): Gefährdetes Leben. Politische Essays. Frankfurt/ M.: Suhrkamp
Butler, Judith (1998): Hass spricht. Zur Politik des Performativen. Frankfurt/ M.: Suhrkamp
Butler, Judith (1995): Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts. Berlin: Berlin-Verlag
Butler, Judith (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt/ M.: Suhrkamp

Govrin, Jule Jakob (2013): SlutWalk und Resignifizierung von Feminitäten und Feminismen. In: Gender. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft. Essen. 5. Jg., 1/2013, 88-103.

Hark, Sabine (2013): Feministische Theorie heute: Die Kunst, Nein zu sagen. In: feministische studien. „Was ist und wozu heute noch feministische Theorie? Stuttgart: Lucius. 31. Jg. Nr. 1 Mai 2013, 65-71.

Küchenhoff, Joachim (2013): Zwischenleiblichkeit und Körpersprache. Sinn und Nicht-Sinn körperbezogener psychischer Leiden. In: Alloa/ Fischer (Hg.): Leib und Sprache. Weilerswist: Velbrück, 45-55.

McRobbie, Angela (2010): Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften

Meißner, Hanna (2013): Feministische Gesellschaftskritik als onto-epistemo-logisches Projekt. In: Bath, Corinna/Meißner, Hanna, Trinkaus, Stephan/ Völker, Susanne (Hg.Innen): Geschlechter Interferenzen. Wissensformen, Subjektivierungsweisen, Materialisierungen. Münster: LIT-Verlag, 163-208.

Merleau-Ponty, Maurice (20043) Das Sichtbare und das Unsichtbare (orig.1964). München

Nagl-Docekal, Herta (2012): Feministische Philosophie im post-feministischen Kontext. In: Landweer, Hilge et al. (Hg.innen): Philosophie und die Potenziale der Gender Studies. Peripherie und Zentrum im Feld der Theorie. Bielefeld: transcript, 231-254.

Thürmer-Rohr, Christina (2012): Ende des Kassandra-Syndroms? Die Tragödie des Schweigens und die Rückeroberung der Sprache. In: Krondorfer, Birge / Grammel, Hilde (Hg.innen): Frauen-Fragen. 100 Jahre Bewegung, Reflexion, Vision. Wien: promedia, 97-114.
Thürmer-Rohr, Christina (2008): Die Wahrheit über eine zweigeschlechtliche Welt gibt es nicht. In: Buchmayr, Maria (Hg.in): Alles Gender? Feministische Standortbestimmungen. Innsbruck, 50-64

Zehetner, Bettina (2012): Krankheit und Geschlecht. Feministische Philosophie und psychosoziale Beratung. Wien/Berlin: Turia + Kant

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BA M 13; PP 57.3.7

Last modified: Mo 07.09.2020 15:36