180132 VO-L The Modernity of Marx's analysis of capital (2014W)

Diese Lehrveranstaltung knüpft an meine gleichnamige LV im Wintersemester 2013/14 an, setzt jedoch andere Akzente. Im kommenden Wintersemester soll es vor allem um das eigentliche Anliegen von Marx gehen, welches sich durch folgendes Zitat erhellen lässt: "Andererseits, wenn wir nicht in der Gesellschaft, wie sie ist, die materiellen Produktionsbedingungen und ihnen entsprechende Verkehrsverhältnisse für eine klassenlose Gesellschaft verhüllt vorfänden, wären alle Sprengversuche Donquichoterie"; (Marx, MEW 42) Es soll der Frage nachgegangen werden, wo und warum Marx solche verhüllten und zugleich die kapitalistische Produktionsweise sprengenden Momente zu erkennen meint. Ausgangspunkt dafür ist sein empathischer Arbeitsbegriff, der sich von den Pariser Manuskripten; über die so genannten Grundrisse; bis zum Kapital nachverfolgen lässt. Es ist insbesondere der Begriff der Produktivkraft der Arbeit und die dafür relevanten Faktoren, die sowohl die gesellschaftlichen Beziehungen als auch Naturverhältnisse umgreifen, an denen die Frage der transzendierenden, emanzipatorischen Momente diskutiert werden kann. Anhand dieses Themas soll auch die umstrittene These, bei Marx gäbe es so etwas wie einen Geschichtsdeterminismus, behandelt werden. Es soll gezeigt werden, dass die diesbezüglichen Passagen bei Marx sich nicht zwingen aus seinem Ansatz ergeben. Allerdings, und das ist das wahre Korn der Determinationsthese, knüpft Marx die Möglichkeit von sozialen und gesellschaftlichen Umwälzungen an objektive, geschichtlich entstandene Faktoren. Insofern kann seine Philosophie klar von anarchistischen Konzepten abgegrenzt werden.

Der erste Abschnitt der LV ist also den Themenkreisen Arbeitsbegriff, Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit gewidmet. Ebenso sollen jene Verhältnisse zur Sprache kommen die diese emanzipatorischen Potentiale hemmen; Entfremdung und Fetischisierung wird ebenso thematisiert werden müssen.

Im zweiten Abschnitt der LV soll der zweite, politische Aspekt des von Marx erhofftem Befreiungsprozess gewidmet sein. Diesen grenzt Marx u.a. in folgender Passage von der Transformation der ökonomischen Formen der Produktion ab: "Jede Revolution löst die alte Gesellschaft auf; insofern ist sie sozial. Jede Revolution stürzt die alte Gewalt; insofern ist sie politisch" (MEW 1; 409) Die Dimension der politischen Umwälzung, verbunden mit der Kritik an der Ausbildung des modernen Staates, soll anhand der Schrift Zur Judenfrage aber auch anhand der so genannten Frankreich Schriften, insbesondere des 18. Brumaire, untersucht werden. Obwohl verknüpft, ist doch zwischen der sozialen und der politischen Dimension zu unterscheiden. Diese, nicht unbedingt im Mainstream des gegenwärtigen Marxismus populäre Marxinterpretation, lässt es zu, den Begriff der staatlichen Gewalt von der sozialen Herrschaft abzugrenzen. Anders gesagt, es soll anhand der Maxschen Texte gezeigt werden, dass die von Lenin popularisierte Formel des Staates als Werkzeug der Bourgeoisie mit den Maxschen Analysen keineswegs kompatibel ist. Von Zur Judenfrage bis zu den Frankreich Schriften verweist Marx auf Nichtidentität von politischer Macht und sozialer Herrschaft. Es soll insbesondere der Begriff des Bonapartismus erläutert werden, der einen wesentlichen Schlüssel für das Verständnis der staatlichen Macht darstellt.