Universität Wien

180368 UE Problems of sovereignty as legal form (2008W)

The statehood with Kelsen, Arendt, Foucault and Agamben

4.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie
Continuous assessment of course work

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Details

max. 45 participants
Language: German

Lecturers

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  • Friday 10.10. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 17.10. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 24.10. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 31.10. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 07.11. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 14.11. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 21.11. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 28.11. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 05.12. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 12.12. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 19.12. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 09.01. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 16.01. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 23.01. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock
  • Friday 30.01. 16:00 - 18:00 Hörsaal 3F NIG 3.Stock

Information

Aims, contents and method of the course

Ausgehend von Hans Kelsens Buch 'Das Problem der Souveränität und die Theorie des Völkerrechts' von 1920 möchte ich das Verhältnis von Staat und Rechtsordnung in seiner Theorie der Normen diskutieren. Schon hier verschwindet der Staat als eine verdoppelnde Fiktion hinter der Rechtsordnung, die allein Souveränität beanspruchen kann, allerdings nur in ihrer allgemeinsten Version, nämlich als Völkerrecht. Konsequenzen dieser Position sind eine Auflösung des Rechts des Nationalstaates in in einen Weltstaat, das Primat des Völkerrechts als das Recht einer 'civitas maxima'. Gegen diese Auflösung der eigenstaatlichen Rechtsordnung in einer Rechtseinheit der Menschheit protestieren Vertreter eines starken Staatsindividualismus, die die internationale Bühne nur als starker Nationalstaat betreten wollen. Zwei Schriften Kelsens zur Verteidigung seiner Positionen sollen hier herangezogen werden, 'Der Staat als Integration' von 1930 und 'Wer soll Hüter der Verfassung sein?'

Hatte Hans Kelsen im Völkerrecht noch eine wenigstens rechtslogische Möglichkeit gesehen, den expandierenden Einfluss einzelner Staaten über andere Territorien als die eigenen zu beschränken oder zumindest als rechtswidrig zu markieren, so sieht Arendt den Imperialismus als unbeschränkten Wettbewerb konkurrierender Nationalstaaten. Dazu bedurfte es zweier neuer Herrschafts- und Organisationsprinzipien der europäischen Staaten, die Einführung des Rassebegriffs und die Organisation der Ausbeutung durch eine organisierte Bürokratie vor Ort. Nach der 'Eroberung des Staates durch die Nation' werden die Staatenlosen zum Aufenthaltsproblem, das nur durch Internierungslager gelöst werden kann. Dort kommt es zur Entkleidung jeglichen rechtlichen Schutzes und somit zum Ende der Menschenrechte, die keine wirksame Durchsetzungsgewalt besitzen.

Michel Foucault entwickelt in seinen Vorlesungen Anfang 1976, erschienen unter dem Titel 'in Verteidigung der Gesellschaft' den Begriff der Biopolitik, den er noch eine Verstaatlichung des Biologischen nennt. Aber er sieht einen Wandel in der Theorie der Souveränität in Bezug auf das Recht über Leben und Tod. Dabei soll nicht die Souveränität als Quelle und Legitimation der Macht dargestellt werden, sondern die Herrschaftsbeziehungen sollen im 'Licht des Krieges' auf scheinen. In der Geschichte der Gouvernementalität von 1978/79 geht es um die verschiedenen Diskurse und Praktiken der Regierungskunst, die nicht mehr den Einzelnen sondern die Bevölkerung betrifft. Dabei ist die Staatstheorie selbst nur ein Einsatz in einem System mehrerer Gouvernementalitäten. Sowohl der neoliberale Wirtschaftsstaat wie auch der Wohlfahrtstaat sind keine Steigerung der staatlichen Wirkungsweisen, sondern ehe eine nicht-staatliche Regierungskunst. Foucault spricht von der 'Überbewertung des Staatsproblems' und hält sich mehr an die Entwicklung des ökonomischen Denkens, um die verschiedenen Formen des Regierens zu verstehen. Dieses Denken produziert die Bevölkerung als die Gesamtheit der Regierten, dementsprechend kennt Foucault auch keine Menschenrechte, sondern Rechte der 'Regierten'.

Bei Agamben ist das politische System des Nationalstaates so verfasst, dass es Rechtsformen und Lebensformen in einem bestimmten Raum ordnet, dazu aber Zonen der Ununterscheidbarkeit, des einschließenden Ausschlusses, bedarf. In den Lagern materialisiert sich der Ausnahmezustand und schafft ein Zusammenfallen von Rechtsformen und Lebensformen. Agamben leitet die reine Form des Gesetzes als 'Geltung ohne Bedeutung' von der 'bloßen Form des Gesetzes' in Kants Kritik der praktischen Vernunft her. So allen Inhalts entleert, nähert sich das Gesetz dem Leben, oder bleibt die leere Form des Gesetzes der Prüfstein nicht nur der Kantischen Ethik?

Assessment and permitted materials

Referate, schriftliche Arbeiten und Diskussion

Minimum requirements and assessment criteria

Lesen und Verstehen komplexer und zeitgenössischer Texte zur angewandten Ethik und politischer Philosophie

Examination topics

Texte lesen, bearbeiten und präsentieren durch Referate, schriftliche Arbeiten und Diskussion

Reading list

Hans Kelsen, Das Problem der Souveränität und die Theorie des Völkerrechts, Tübingen 1920
Hans Kelsen, Der Staat als Integration, Wien 1930
Hans Kelsen, Reine Rechtslehre. Leipzig / Wien 1934
Hans Kelsen, Unrecht und Unrechtsfolge im Völkerrecht, Wien / Berlin 1932
Hans Kelsen, Wer soll Hüter der Verfassung sein? Die Justiz, 6. Band, 1931, Seite 576-628
Carl Schmitt, Politische Theologie, Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität, (1922) Berlin 1934
Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, (1951) München 1986
Hannah Arendt, Die verborgene Tradition, darin: Über den Imperialismus, S. 13-35, Frankfurt 1976
Hannah Arendt, Vita Activa, darin: Der Raum des Öffentlichen, S. 27-76, (1958) München 1981
Michel Foucault, In Verteidigung der Gesellschaft, Frankfurt/Main 1999
Michel Foucault, Geschichte der Gouvernementalität I. Sicherheit, Territorium, Bevölkerung.
Michel Foucault, Geschichte der Gouvernementalität II. Die Geburt der Biopolitik, Frankfurt/Main 2004
Michel Foucault, Die Wahrheit und die juristischen Formen, (1994) Frankfurt/Main 2002
Michel Foucault, Überwachen und Strafen (1975) Frankfurt/Main 1976
Giorgio Agamben, Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt/Main 2002
Giorgio Agamben, Ausnahmezustand, Frankfurt/Main 2004
Giorgio Agamben, Was von Auschwitz bleibt. Das Archiv und der Zeuge, Frankfurt/Main 2003
Giorgio Agamben, Mittel ohne Zweck. Noten zur Politik. Berlin 2001

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§ 3.2.7, BA M12

Last modified: Mo 07.09.2020 15:36