Universität Wien

190286 PS Biography and Age (2011S)

Pedagogy and Memory in the third Generation

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 19 - Bildungswissenschaft
Continuous assessment of course work

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Details

max. 35 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

Saturday 02.04. 08:00 - 14:45 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG
Friday 08.04. 13:15 - 16:30 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
Friday 08.04. 18:30 - 21:45 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG
Friday 15.04. 11:30 - 20:00 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG
Saturday 16.04. 08:00 - 14:45 Seminarraum 4 Sensengasse 3a 1.OG

Information

Aims, contents and method of the course

Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, daß ich weder glaube sie begründen zu müssen noch zu sollen (Adorno 1971, 88).

Diesen Imperativ formulierte Th. W. Adorno im Rahmen seines Rundfunkvortrags Erziehung nach Auschwitz; im Frühjahr 1966. Das war das erste Mal, das ein scheinbar pädagogisches Programm; in Bezug auf die nationalsozialistische Vergangenheit öffentlich geäußert wurde. Die Disziplin wurde dabei vor eine große Herausforderung gestellt, denn Adorno stellte nun primär einen expliziten Zusammenhang zwischen der Erfahrung des Holocaust und der Aufgabe der Pädagogik her. Sie habe dafür Sorge zu tragen, dass sich kein zweites Auschwitz mehr ereigne, das nichts Ähnliches geschehe.

In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich innerhalb der erziehungswissenschaftlichen Diskussion eine regelrechte Hochkonjunktur, die sich auf Adornos Forderung berief. Vor allem das erzieherische Eintreten gegen das Vergessen und der pädagogische Anspruch eines Lernens aus der Geschichte, wurden dabei zu Hauptansatzpunkten einer; Pädagogisierung von Auschwitz; (Meseth 2000,19).
Dabei entstand eine Programmatik die hauptsächlich Angehörige einer zweiten Generation prägte und zu einem wichtigen Bestandteil ihrer Identitätsbildung wurde. Heute, drei bis vier Generationen danach, scheint dieses pädagogische Selbstverständnis ins Wanken zu geraten. So kommt es innerhalb der dritten Generation zunehmend zu einem Unmut gegenüber der erfahrenen Holocausterziehung (vgl. Messerschmidt 2003). Deutlich wird dies vor allem in einer Abwehr gegenüber moralischen etablierten Erinnerungsformen. Dies verbindet sich mit einer entscheidenden Wendung, denn für die dritte Generation ist die Erinnerung an den Holocaust erstmalig Teil der Geschichte und nicht mehr Bezugspunkt ihrer Biographie. Aus dieser Entfernung vom geschichtlichen Ereignis ergibt sich eine zunehmende Schwierigkeit im Prozess der Verortung und Entwicklung eines eigenen Zugangs zu erinnerter Geschichte.
Wie kann die dritte Generation einen eigenen Zugang zu erinnerte Geschichte finden, wenn sie sich von den scheinbar richtigen Formen der Erinnerung abwendet? Wie wird drei bis vier Generationen danach heute über den Holocaust gesprochen und welche Anforderungen ergeben sich daraus für eine bildungstheoretisch wie praktische Arbeit? Diese Fragen stehen im Fokus des Seminars. Gemeinsam möchten wir unter dem Aspekt kollektiver Geschichtsaneignungen ein bildungstheoretisches Verständnis von Erinnerung anregen, um Perspektiven für einen kritischen Umgang mit gegenwärtigen Erinnerungsformen zu eröffnen und eigene Zugänge sagbar zu machen.

Assessment and permitted materials

Minimum requirements and assessment criteria

Examination topics

Reading list

Literatur zum Einstieg:

Adorno, Th. W. (1971): Erziehung nach Auschwitz. In: ders.: Erziehung zur Mündigkeit. Vorträge und Gespräche mit Hellmut Becker 1959-1969, hg. Von Gert Kadelbach, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 88-104.

Benjamin, Walter (1980): Über den Begriff der Geschichte. In: Gesammelte Schriften. Abhandlungen. Erster Band. Zweiter Teil (Werksausgabe Band 2), Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 693-704.

Kühner, Bärbel (2007): Was bedeutet Ausarbeitung der Vergangenheit in der dritten Generation? Perspektiven einer bildungstheoretischen Kritik der Erinnerung. Onlinepublikation im Cuvillier Verlag, Darmstadt.

Messerschmidt, Astrid (2003): Bildung als Kritik der Erinnerung. Lernprozesse in Geschlechterdiskursen zum Holocaust-Gedächtnis. Brandes und Apsel Verlag, Frankfurt am Main.

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BM 20

Last modified: Mo 07.09.2020 15:37