Universität Wien

230086 SE Organisation - Functional Analysis (2010S)

Das Schaufenster der Organisation. Darstellungen gegenüber Nichtmitgliedern

6.00 ECTS (3.00 SWS), SPL 23 - Soziologie
Continuous assessment of course work

MI 19.05.2010 und DO 20.05.2010, externer Termin und Arbeit in Kleingruppen

Registration/Deregistration

Note: The time of your registration within the registration period has no effect on the allocation of places (no first come, first served).

Details

max. 20 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

  • Monday 17.05. 10:00 - 18:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Tuesday 18.05. 10:00 - 16:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Friday 21.05. 10:00 - 18:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
  • Saturday 22.05. 10:00 - 18:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock

Information

Aims, contents and method of the course

Die ersten Beschreibungen, die man als Außenstehender von einem Unternehmen, einer Verwaltung, einer Universität oder eines Krankenhauses hört, wirken häufig seltsam geglättet. Bei einem Firmenbesuch werden häufig die Qualitäten des Unternehmens in höchsten Tönen beschrieben. Bei Bewerbermessen werden die Qualitäten der Verwaltung oder des Krankenhaus als Arbeitgeber gelobt. Hilfsorganisationen wie Unicef, Brot für die Welt oder Terre des Hommes stellen bei der Suche nach Spendern, die Effizienz ihrer Prozesse dar.

Was steckt hinter diesen geglätteten Beschreibungen von Organisationen? Wie präsentieren sich Organisationen gegenüber Nichtmitgliedern? Wie kann man sie analysieren?

In diesem Seminar werden die theoretischen Grundlagen der Darstellung gegenüber Nichtmitgliedern erarbeitet, von den Studierenden eine eigene kleine empirische Analyse durchgeführt und die Ergebnisse der Analyse am letzten Seminartag präsentiert.

Voraussichtlicher Ablauf des Seminars

1. Tag: Einführung in das Thema
Hinweis: Schreiben Sie während des ganzen Seminars Fragen mit, die sie ihren Gesprächspartnern stellen können
Schreibprodukt am Ende des Tages: Einleitung

2.Tag: Erarbeitung des theoretischen Fokus
Schreibprodukt am Ende des Tages: Theoretischer Fokus und Fragestellung

3. Tag: Durchführung der empirischen Studie
An diesem Tag gehen Sie ins Feld. Dafür ist es notwendig, sich das Feld selbst drei Wochen vor Beginn des Seminars zu erschließen und zwei, drei Gesprächstermine für den 19.5. verabreden (im Prinzip können Sie den ganzen Tag Interviews, Beobachtungen in der Organisation anstellen).
Zu Erschließung des Feldes nutzen Sie ihre Kontakte: z.B. über Jobs, die Sie gemacht haben, über ihre Eltern oder Verwandten, über ehrenamtliches Engagements in Sportvereinen, Parteien oder NGOs. Sie können gerne auch an Forschungen anschließen, die sie vorher schon in den Organisationen angestellt haben.
Der Organisation kann mitgeteilt werden, dass im Rahmen einer kleinen empirischen Studie untersucht werden soll, wie sich diese gegenüber ihrer Segmenten ihrer Umwelt - zum Beispiel Kunden, Zulieferer, Massenmedien, Nichtregierungsorganisationen, etc. - darstellen und wie die Impulse aus der Umwelt aufgegriffen werden können. Die empirische Untersuchung kann entweder mit Experteninterviews, Beobachtungen, Beobachtungsinterviews oder auch anderen Methoden durchgeführt werden (zur Methodik siehe unser neues Handbuch Kühl, Stefan; Petra Strodtholz; Andreas Taffertshofer (2009): Methoden der Organisationsforschung. Ein Handbuch. Wiesbaden: VS-Verlag).
Mögliche Fragestellungen könnten zum Beispiel sein:
- "Ihre Organisation hatte eine Legitimationskrise: Ich möchte untersuchen, wie mit dieser Krise in der Darstellung umgegangen wurde."
- "Ihr Personal (im Restaurant, am Info-Schalter, etc) ist in einer andauernden Face-to-Face-Interaktion mit Kunden/Klienten: Ich möchte untersuchen, wie diese Darstellung gegenüber Nichtmitgliedern organisiert ist."

Schreibprodukt am Ende des Tages: Darstellung der Empirie
Der Dozent steht an diesem Tag für Rückfragen zur Verfügung. Bitte nutzen Sie dieses Angebot.

4. und 5. Tag: Abfassen der Arbeit
(Für Nachfragen Freitag 21.5.2010 10.00 bis 18.00 Uhr Seminarraum 2)

Die beiden Tage stehen Ihnen zur Verfügung, um Ihre Studie zu schreiben. Achten Sie besonders darauf, eine These der Arbeit herauszukristallisieren.

Schreibprodukt am Ende der beiden Tage: Komplette Arbeit

Bitte senden Sie bis zum Freitag 21.5.2010. 17.00 Uhr die bis dahin festgestellte Fassung an stefan.kuehl@uni-bielefeld.de, damit ich mich schon einmal mit Ihrem Argumentationsgang vertraut machen kann. Die endgültige Fassung bringen sie am Samstag mit.

6. Tag: Durchsprache der Arbeiten
Bitte bringen Sie am Morgen insgesamt 5 ausgedruckte Exemplare Ihrer Arbeit mit und senden Sie diese vorher (sobald Sie fertig sind) auch an stefan.kuehl@uni-bielefeld.de.
Es werden alle Arbeiten durchgesprochen

Assessment and permitted materials

In diesem Seminar können die schriftlichen Leistungsnachweise im Rahmen des Seminars erbracht werden (durch Abgabe und Präsentation der schriftlichen Ausarbeitung in der Sitzung am Freitag). Aufgrund der bisherigen Erfahrungen empfehlen wir "Bachelor-Arbeiten" bei in Wien ansässigen Dozentinnen oder Dozenten zu schreiben. Im Rahmen dieses Seminars können nur Bachelor-Arbeiten akzeptiert werden, deren erster Entwurf zu Beginn des Seminars vorliegt und dessen Ausarbeitung im Rahmen des Seminars erfolgt. In diesem Fall bringen Sie eine erste Fassung (oder mindestens ein ausführliches Exposé) bitte zur ersten Sitzung mit.

Häufige "Wiener" Fehler beim Abfassen von Arbeiten und wie man es besser macht
(übergreifende Analyse der Arbeiten aus dem Jahr 2009)

Sehr unterschiedlich ist auch das Niveau beim Abfassen der Arbeit. Einige häufige Fehler sind gewesen:
- Die Einleitung fängt häufig mit einer Schilderung der Organisation an, die man untersucht hat (Einstiegssatz zum Beispiel: Das Krankenhaus St. Pölten wurde im Jahr 1743 gegründet). So geht es nicht. Sie müssen mit einem Absatz anfangen, der das Interesse des Lesers am soziologischen Problem weckt. Der konkret untersuchte Fall wird erst eingeführt, wenn das allgemeine Problem entwickelt wurde.
- In der Einleitung wird häufig der Zugang über "ich" oder "wir" gewählt. Das sollten Sie nur sehr sparsam machen. Eine gelegentliche Formulierung wie "Meine These ist" oder "Mein Fokus ist" ist in Ordnung, aber insgesamt sind Hausarbeiten keine "Besinnungsaufsätze", in denen die eigene Meinung in den Vordergrund geschoben wird.
- Der theoretische Fokus wird häufig dafür genutzt, um den eigenen Fall einzuführen. Das ist so nicht richtig. Der theoretische Fokus ist ein soziologisch etabliertes Argument (z.B. Rollenkonflikt, z.B. Latenz von ökonomischen Themen in Kundenbeziehungen von Unternehmen, etc), das genutzt wird, um die eigene Empirie zu erschließen. Im Rahmen der Ausarbeitung des theoretischen Fokus kann auch der Forschungsstand dargestellt werden. Wenn nicht bereits in der Einleitung geschehen, sollte spätestens hier die Forschungsfrage aufgeführt werden
- Die Darstellung des empirischen Materials gerät häufig zu allgemein. Wichtig: Es ist nicht notwendig das gesamte empirische Material zu präsentieren. Lediglich das Material, dass zur Beantwortung der Forschungsfrage relevant ist, sollte dargestellt werden.
- Das Fazit gerät manchmal zu schwaffelig. Im Fazit kann die Arbeit noch mal zusammengefasst werden. Interessant sind hier Begrenzungen der eigenen Argumentation (interessant sind nicht so sehr die Begrenzungen durch niedrige Fallzahlen, sondern eher die die Grenzen des eigenen Arguments) und mögliche neue Perspektiven (interessant sind auch hier wiederum nicht so sehr der Hinweis, dass die Ergebnisse mit anderen Organisationen verglichen werden sollen, sondern eher weiterführende soziologische Anschlussfragen).
- Im Abstrakt wird häufig Irrelevantes dargestellt. Auf alle Fälle sollte im Abstrakt die Forschungsfrage und die These der Arbeit vorkommen. Beides sollte möglichst präzise formuliert sein (einen guten Abstrakt schreibt man zehnmal). Man kann (muss aber nicht) im Abstrakt auch darstellen, welche Organisation man untersucht hat.

Beim Abfassen von Hausarbeiten können Sie sich am Modell wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel orientieren. Versuchen Sie Ihren Duktus und im Aufbau daran auszurichten. Nähere Infos zur Abfassung von Hausarbeiten finden Sie auf der Website von Veronika Tacke und Stefan Kühl an der Universität Bielefeld (über www.uni-bielefeld.de).

Minimum requirements and assessment criteria

Ziel ist es, dass Studierende die Diskrepanz zwischen der "Vorderbühne" von Organisationen und den auf der "Hinterbühne" stattfindenden Prozesse einschätzen zu kennen. Besonders sollen Studierende in die Lage versetzt werden, die Selbstbeschreibungen von Organisationen mit soziologischen Fremdbeschreibungen zu kontrastieren.

Examination topics

In diesem Seminar wird sowohl die Erarbeitung eines theoretischen Fokus, die Durchführung einer empirischen Untersuchung als auch die Abfassung der Arbeit in einer Woche stattfinden. Eine Rückmeldung zu den Leistungen erfolgt unmittelbar in Anschluss an das Seminar. Für Studierende hat dies den Vorteil, dass das Seminar in sieben Tagen abgeschlossen ist, es verlangt jedoch ein überdurchschnittliches Engagement während dieser Woche. Erfahrungsgemäß werden sowohl die Abende benötigt, um die Sitzungen vorzubereiten, die Empirie auszuwerten und die Arbeit abzufassen. Eine teilweise Abwesenheit am ersten und zweiten Tag ist nicht möglich, am dritten, vierten und fünften Tag gibt es jedoch die Möglichkeit, sich das Engagement entsprechend selbständig einzuteilen.

1. Teilnahmevoraussetzung: Es ist unbedingt notwendig, dass die Pflichttexte vor Beginn der Sitzung gelesen werden, weil diese in der ersten Sitzung durchgesprochen werden. Eine Teilnahme am Seminar ohne die Lektüre dieser Texte ist nicht möglich.
2. Teilnahmevoraussetzung: Wollen Sie einen Leistungsnachweis erbringen, sollten sie bereits im Vorfelde des Seminars zu einer Organisation beliebigen Typus Kontakt aufnehmen (staatliche Ämter, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Unternehmen, Universitäten, Verein, Schulen, Parteien, etc), in der sie während des Seminars eine kleine Fallstudie durchführen wolle
3. Teilnahmevoraussetzung: Wenn Sie eine eigene kleine Studie durchführen recherchieren Sie bitte im Vorfelde schon drei soziologische Artikel oder Bücher zu Ihrem Organisationstypus (z.B. Handbuchartikel zu dem Organisationstypus, Standardlehrbuch, Artikel aus Zeitschriften. Zum Beispiel wenn Sie über einen Sportclub arbeiten wollen, suchen Sie vor dem Seminar drei Artikel/Bücher über (Sport-)Vereine heraus und machen Sie oberflächlich mit dem Inhalt vertraut (Bei dem Thema (Sport-) Vereine würden Sie beispielsweise auf Müller Jentsch, Walther (2008): Der Verein Ein blinder Fleck der Organisationssoziologie. In: Berliner Journal für Soziologie, Jg. 18, S. 476 502; Horch, Heinz Dieter (1983): Strukturbesonderheiten freiwilliger Vereinigungen. Analyse und Untersuchung einer alternativen Form menschlichen Zusammenarbeitens. Frankfurt a.M.; New York: Campus und Chapin, F.S.; J.E. Tsouderos (1955): Formalization Observed in ten Voluntary Associations. In. Social Forces, Jg. 33 stoßen).

Hinweise:

Das Seminar ist - auch im Vergleich zu anderen Blockseminaren - sehr arbeitsintensiv, weil die schriftlichen Ausarbeitungen - wenn gewünscht - am Ende der Woche vorgelegt werden müssen. Das erfordert, dass Sie schon vor dem Seminar anfangen zu arbeiten und schon am ersten Tag mit Ihren schriftlichen Ausarbeitungen beginnen.

Wenn Sie Wertkonzepte wie Human Ressource Management, Umweltmanagement, Unternehmensethik, Kundenorientierung oder Corporate Social Responsibility als Soziologin oder Soziologe (und nicht als politisch denkender Mensch) "gut" finden und Sie wissen wollen, wie das am besten "wissenschaftlich" umzusetzen ist, ist das Seminar nicht für Sie geeignet (aber eigentlich auch nicht die Soziologie als Studienfach). In diesem Fall empfehle ich eher Seminare bei den Betriebswirten oder Kommunikationswissenschaftlern zu belegen.

Der Dozent ist davon überzeugt, dass "Gender Mainstreaming" - übrigens als Forschungsthema des Seminars unter dem Stichwort "Schauseite der Organisation" geeignet - nicht mehr primär durch Sprachpolitik erreicht wird (obwohl die "Töchter Egalias" von Gert Brantenberg nach wie vor Pflichtlektüre sein sollte). Er verzichtet deswegen in Seminaren auf das Sprechen des großen "I". Die SeminarteilnehmerInnen ( (-: ) müssen darauf eingestellt sein, dass Beispiele referiert werden, in dem von "dem Arzt" oder "der Ärztin" die Rede ist. Es wird von Ihnen erwartet, dass Sie aus dem Zusammenhang erschließen, ob es sich um ein generisches für beide Geschlechter geeignetes Beispiel handelt oder um eine Zurechnung auf ein bestimmtes Geschlecht.

Reading list

Pflichttexte (vor der ersten Einheit zu lesen - werden in der Lernplattform zur Verfügung gestellt )

Zum unterhaltsamen Einstieg

Weltz, Friedrich (1988): Die doppelte Wirklichkeit der Unternehmen und ihre Konsequenzen für die Industriesoziologie. In: Soziale Welt, Jg. 39, S. 97 103 (eher amüsanter, leicht zu lesender Einstieg in das Thema)

Kühl, Stefan (2007): Lob der Heuchelei. In: Die Zeit, 20.9.2007, S. 14.

Zum Thema Geschönte Darstellungen

Tacke, Veronika (2003b): Von der irrationalen Organisation zur Welt der Standards. Nils Brunsson als antizyklischer Theoriepolitiker. In: Organisationsentwicklung, H. 3/2003, S. 74 77. (Referierung der zentralen Gedanken Nils Brunsson, bei Bedarf greifen Sie auf die Originaltexte von Brunsson zurück)

Hasse, Raymund; Georg Krücken (1999): Neo-Institutionalismus. Bielefeld: transcript Verlag, S. 13-17 (von der Bedeutung gesellschaftlicher Mythen zu institutionellen Isomorphie). (Referierung der zentralen Gedanken von Meyer/Rowan 1977 und DiMaggio/Powell 1983; bei Bedarf greifen Sie auch auf die Originaltexte der Autoren zurück)

Zu geschönten Darstellungen in Interaktionen

Luhmann, Niklas (1964c): Funktionen und Folgen formaler Organisation. Berlin: Duncker & Humblot, S. 108-123 (über die Darstellung gegenüber Nichtmitgliedern, nicht ganz einfacher, aber gut empirisch zu operationalisierender Text)

(Ansonsten wird davon ausgegangen, dass Sie von Erving Goffman: Wir alle spielen Theater im Rahmen Ihres Studiums gelesen haben).

Zum Thema Grenzstellen

Luhmann, Niklas (1964c): Funktionen und Folgen formaler Organisation. Berlin: Duncker & Humblot, S. 220-239 (Grenzstellen)

Zur Unterscheidung von Person, Rolle, Programm und Wert

Schneider, Wolfgang Ludwig (2002b): Grundlagen der soziologischen Theorie. Band 2. Garfinkel RC Habermas Luhmann. Opladen: WDV, S. 263-273. (Person, Rolle, Programm, Wert) (nicht ganz einfacher Text, überlegen Sie wie diese verschiedenen Erwartungsformen in "Ihrer" Organisation wirken)

Hintergrundtexte - keine Pflichtlektüre, stehen aber auch im StudIP

Suchman, Mark C. 1995: Managing Legitimacy: Strategie and Institutional Approaches, in: Academy of Management Review 20; 571 610.

Kieserling, André (2004): Selbstbeschreibung von Organisationen: Zur Transformation ihrer Semantik. In: Kieserling, André (Hg.): Selbstbeschreibung und Fremdbeschreibung. Beiträge zur Soziologie soziologischen Wissens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 212 243 (oder alternativ: Kieserling, André (2005b): Selbstbeschreibung von Organisationen: Zur Transformation ihrer Semantik. In: Jäger, Wieland; Uwe Schimank (Hg.): Organisationsgesellschaft. Facetten und Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag, S. 51 88.)

Association in the course directory

in 613: Angewandte Sozialforschung, SE Funktionsbezogene Anwendungen, 3. Studienjahr

Last modified: Mo 07.09.2020 15:39