Universität Wien

420013 SE Culture and History: Language, Thought, and Reality (2020W)

Continuous assessment of course work

Registration/Deregistration

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Details

max. 15 participants
Language: German

Lecturers

Classes

Mittwoch, 13-15 Uhr, ab 14.10.2020 - 20.01.2021, Institut für Afrikawissenschaften, SR 2

Aktualisierung vom 2.10.2020:
Das Seminar kann, so scheint es, wie vorgesehen im physischen Präsenzmodus stattfinden.

Falls Präsenztreffen nicht möglich sein sollten, werden wir uns virtuell austauschen (via Bigbluebutton/collaborate...) über Moodle.


Information

Aims, contents and method of the course

Dieses Doktorandenseminar soll eine Plattform bieten, um implizite Eurozentrismen in der kultur- und sozialwissenschaftlichen Wissenschaftsproduktion explizit aufzuzeigen und daraus folgende Bias kenntlich zu machen. Als Ausgangspunkt dient die doppelte Tatsache, dass jede Weltauffassung nur symbolisch vermittelt auftreten kann und Menschen immer in kulturspezifischen Sozialzusammenhängen leben. In der amerikanischen Kulturanthropologie ist dies in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf den Begriff cultural relativism gebracht worden. SPRACHE, DENKEN, WIRKLICHKEIT, der Titel der posthum erschienenen Aufsatzsammlung des Linguisten Benjamin Lee Whorf (1956), enthält in aller Kürze wesentliche Teilelemente in der Erarbeitung einer für trans- und interkulturelle Forschung notwendigen kultur-relativen Perspektive. Doch um nicht in die Irre zu führen und aus ihnen irrige deterministische Schlüsse auf unflexibel gegebene, unüberbrückbare kulturelle Differenzen zu schließen (wie bei Whorf geschehen), braucht es die gekoppelte Aufmerksamkeit für soziale Zusammenhänge und ihren Wandel, also Achtsamkeit darauf, was kurz und bündig KULTUR und GESCHICHTE genannt werden kann. Dies sind die zwei anderen notwendigen Teilelemente, um zu einer kultur-relativen Perspektive zu gelangen.
Edward Sapir, der von Gegnern des sogenannten Kulturrelativismus (dem sie unterstellen, moralischer Relativismus zu sein, obwohl es hier um einen epistemischen Relativismus geht) häufig mit Whorf in eins gesetzt wird (die sogenannte „Sapir-Whorf-Hypothese“), Melville Herskovits, Clifford Geertz, Marshall Sahlins oder David Graeber betonen den kultur-relativen Zusammenhang – eingedenk der Tatsache, dass Sprache und Denken von Kultur zu Kultur verschiedene, unterschiedliche Wirklichkeitsauffassungen generieren und kommunizieren, und dass diese über die Generationen hinweg durch die Zeit tradiert – und tradierend verändert – werden. Eine derart verstandene kultur-relative Perspektivierung ist nicht nur für verschiedene Philologien grundlegend, die sich anderskulturellen Sprachen und Texten (Sprechern, Sprecherinnen und Schreibenden) widmen und sie erschließen wollen, sondern auch für kultur- und sozialwissenschaftliche Disziplinen insgesamt, wenn sie Kulturen im Plural denken und Wirklichkeiten im Wandel zu untersuchen gedenken. Gleichwohl wird das Feld der Sozial- wie der Kulturwissenschaften in der tatsächlichen Wissenschaftspraxis auch heute noch von zahllosen eurozentrischen Bias-Auffassungen durchsetzt. Sich solcher kultur-relativen Perspektive anzunähern, indem klassische Arbeiten rund um den Kulturrelativismus gelesen und gemeinsam diskutiert werden, und dadurch die kritische Aufmerksamkeit für die Wirkmacht von Eurozentrismen auch im eigenen wissenschaftlichen Forschen zu schärfen, bildet den Rahmen dieses fakultätsübergreifenden Doktorandenseminars.

Assessment and permitted materials

- Anwesenheit und Mitarbeit
- Gemeinsame Lektüre und Diskussion ausgewählter Texte
- Präsentation des eigenen Dissertationsprojekts (inklusive Handout):
Konzept (Anliegen, Vorgehen: Ansatz & Anlage), Arbeitsplan, Zeitplan
- Stellungnahme/n zu den anderen vorgestellten Dissertationsprojekten

Minimum requirements and assessment criteria

Erfüllung der definierten Teilleistungen

Examination topics

Engagierte Auseinandersetzung mit den Themenstoffen

Reading list

Geertz, Clifford (1973): The Interpretation of Cultures: Selected Essays. New York: Basic Books.
Geertz, Clifford (1983): Local Knowledge: Further Essays in Interpretive Anthropology. New York: Basic Books.
Geertz, Clifford (2000): Available Light: Anthropological Reflections on Philosophical Topics. Princeton: Princeton University Press.
Graeber, David (2004): Fragments of an Anarchist Anthropology. Chicago: Prickly Paradigm Press.
Graeber, David (2011): Debt: the First 5000 Years. Brooklyn, N.Y.: Melville House.
Hauck, Gerhard (2003): Die Gesellschaftstheorie und ihr Anderes: Wider den Eurozentrismus der Sozialwissenschaften. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Hauck, Gerhard (2006): Kultur: Zur Geschichte eines sozialwissenschaftlichen Begriffs. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Herskovits, Melville J. (1964): Cultural Dynamics. New York: Alfred A. Knopf.
Mandelbaum, David (1963): Selected Writings of Edward Sapir in Language, Culture and Personality. Berkeley and Los Angeles: University of California Press.
Sahlins, Marshall (1985): Islands of History. Chicago: University of Chicago Press.
Sahlins, Marshall (2000): Culture in Practice: Selected Essays. New York: Zone Books.
Sahlins, Marshall (2008): The Western Illusion of Human Nature. Chicago: Prickly Paradigm Press.
Sahlins, Marshall (2012): What Kinship Is–and Is Not. Chicago: University of Chicago Press.
Sapir, Edward (1999): The Collected Works of Edward Sapir, Volume III, Culture. Edited by Regna Darnell, Judith T. Irvine and Richard Handler. Berlin, New York: De Gruyter Mouton.
Whorf, Benjamin Lee (1956): Language, Thought, and Reality: Selected Writings. Edited by John D. Carroll. New York, London: The Technology Press of Massachusetts Institute of Technology & John Wiley & Sons Inc.
Wolf, Eric (1997 [1982]): Europe and the People Without History. Berkeley, Los Angeles, London: University of California Press.

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Last modified: We 07.10.2020 07:50