230253 SE Kontroversen u. Konsensbildung in d. Wissenschaft (2005W)

Wie kommt es dazu, dass bestimmte wissenschaftliche Erkenntnisse uneingeschränkt als "Fakten" anerkannt werden, während andere heftig umstritten bleiben und sich nie endgültig durchsetzen können? Wie entsteht Konsens über die Anwendung bestimmter Methoden und Herangehensweisen, um diese Erkenntnisse zu produzieren? Kurz: Was wird wann, von welcher wissenschaftlichen Gemeinschaft als wissenschaftliches Handeln und wissenschaftliches Wissen anerkannt? Diese Fragen stehen im Zentrum des Seminars.
Seit den 1970er-Jahren beschäftigt sich die Wissenschaftsforschung mit der Frage der Produktion von Wissen in den Laboratorien, also mit den alltäglichen Praktiken, aber auch mit den damit in Zusammenhang stehenden Aushandlungs- und Durchsetzungsmechanismen. Dabei ist es besonders interessant, sich wissenschaftliche Kontroversen, aber auch Phänomene wie wissenschaftlichen Betrug näher anzusehen. Denn in solchen Situationen werden für einen kurzen Augenblick die sonst eingeübten, unbewussten Mechanismen wissenschaftlichen Handelns deutlich sichtbar, Wissenskomplexe werden dekonstruiert und je nach existierenden Machtverhältnissen wieder zusammengefügt. Welche Netzwerke werden mobilisiert, um eine Person und ihre wissenschaftliche Position stützen? Wie funktioniert der Zugang zu Publikationsmöglichkeiten? Welche Rolle spielt soziales Kapital in der Durchsetzung von wissenschaftlichen Vorstellungen? Mit welchen Argumentationsstrategien wird versucht, Konsens innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft herzustellen?